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Wie angelt man sich einen Daemon

Titel: Wie angelt man sich einen Daemon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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natürlich keine Ahnung, was ich so alles konnte. Er kannte nur die Frau, die ihm beim ersten Rendezvous immer wieder auf die Füße getreten war. Bei unserer Hochzeit hatte ich mich dann allerdings kurzfristig in eine wahre Tanzgöttin verwandelt (zumindest für meine Verhältnisse), was allein Stuarts Verdienst gewesen war. Ich konnte mir zwar nicht vorstellen, wie er sich in einem Faustkampf schlagen würde, aber auf dem Tanzparkett war er ein Meister. Er gehörte zu jenen Männern, die in der Lage sind, selbst eine völlig unbegabte Frau aussehen zu lassen wie Ginger Rogers.
    Zum Glück war dieser Mann meiner.
    Stuart bemerkte, dass ich die Paare auf dem Parkett beobachtete, und stand auf. »Darf ich bitten?«
    »Du willst doch morgen deine Kandidatur verkünden«, erinnerte ich ihn. »Möchtest du wirklich in den Lokalnachrichten lesen müssen, wie schlecht deine Frau tanzt?«
    »Solche Nachrichten bringen mir vielleicht noch ein paar Mitleidsstimmen ein«, erwiderte er gelassen und streckte mir die Hand entgegen.
    Ich nahm sie und ließ mich von ihm auf die Füße ziehen. »Also gut«, meinte ich. »Aber nur eine Runde.«
    Natürlich wurden daraus zwei und dann drei Tänze. Ich wollte ihn gerade bitten, nun doch wieder an unseren Tisch zurückzukehren, als ein rüstiger älterer Herr in einem elegant geschnittenen Anzug zu uns trat.
    »Darf ich wohl?«
    Ich erstarrte. Dieses Gesicht war mir bekannt – einschließlich des hässlichen Schnitts unter dem Auge. Dieses Gesicht hatte ich erst am Abend zuvor gesehen, als der Dämon meine Tochter angegriffen hatte.
    Stuart, der wusste, dass ich mit niemandem außer ihm tanzen wollte, schüttelte bedauernd den Kopf. »Tut mir leid. Wir feiern…«
    »Gern«, unterbrach ich ihn und trat zu dem Dämon. »Ich tanze gern mit Ihnen. Ein Tanz mit dem Gentleman wird mich nicht umbringen.«
    Es bedeutete zwar ein gewisses Risiko, mich mit dem Dämon auf die Tanzfläche zu wagen, aber kein allzu großes. Ich war mir ziemlich sicher, dass er nicht hierhergekommen war, um mich umzubringen. Das würde viel zu viel Aufmerksamkeit erregen. Er war gekommen, um mir eine Nachricht zu übermitteln. Oder eine Warnung. Ich wollte wissen, was diese Kreatur zu sagen hatte.
    Und wenn ich doch falsch lag? Nun, mein Perlenhandtäschchen hing über meiner Schulter. Messer und Weihwasser waren also in Reichweite.
    Nachdem Stuart seinen Rückzug angetreten und sich mit ziemlich verwirrter Miene an unseren Tisch gesetzt hatte, sah ich das Monster an. »Wie geht es dem Auge?«, fragte ich mit süßlicher Stimme.
    »Halte dich ja nicht für clever, Jägerin. Diesen Kampf wirst du nicht gewinnen.« Grinsend entblößte er seine braunen Zähne, die seit Wochen nicht mehr geputzt worden waren. Offenbar war er kein neuer Dämon, sondern hatte schon eine ganze Weile unter den Menschen gelebt. Wenn man seinen eleganten Anzug und den Geruch des Mundwassers bedachte, das seinen schlechten Atem verbarg, hatte er das zudem mit ziemlich großem Erfolg getan.
    Doch irgendetwas war so wichtig, dass er sich aus seinem Versteck herausgewagt hatte. Ich wollte den Grund dafür erfahren.
    »Andramelech hat dich geschickt«, sagte ich, während mich der Dämon mit perfektem Taktgefühl über das Tanzparkett führte. Auch wenn ich wusste, dass meine Begabung nicht im Tanz lag, ärgerte ich mich doch, dass mich dieser Höllensohn so demonstrativ vorführte.
    »Närrin«, erwiderte er. »Andramelech spricht mit niemandem. Seine Gefolgsleute sprechen für ihn.«
    »Dann sprich«, entgegnete ich und gratulierte mir innerlich zu meinem geschickten Schachzug. Der Dämon hatte mir gerade bestätigt, dass Andramelech – wo auch immer er gefangen gehalten wurde – zu einer direkten Kommunikation nicht in der Lage war. Seine Anhänger handelten also selbstständig. Was sie jedoch taten und was sie suchten, blieb weiterhin ein Geheimnis.
    »Was willst du?«, fragte ich, da ich keine Lust hatte, lange um den heißen Brei herumzureden. »Und hör mit deinen Rätseln auf.«
    »Es gibt keine Rätsel«, entgegnete er scharf. »Es gibt nur unsere Forderung.«
    »Ihr wollt den Stein«, sagte ich. »Gut, das habe ich verstanden. Warum sagst du mir nicht, um welchen Stein es sich handelt?«
    »Hör mit deinen Spielchen auf, Jägerin. Glaubst du, ich bin erst seit gestern auf der Welt? Befreie Andramelech aus dem Stein, der ihn gefangen hält. Wenn du das nicht tust, wirst du seinen Zorn auf dich ziehen. Befreie ihn und befreie den

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