Wie angelt man sich einen Earl
Purzelbaum schlug.
Sie fühlte sich wie eine moderne Scheherezade, die Märchen um Märchen erfand, nur um am Leben zu bleiben. Wobei Angel nicht einmal hätte sagen können, wovor sie sich in Rafes Gegenwart fürchtete.
Irgendwann war auch der letzte Gang abgeräumt, und nichts stand mehr zwischen ihnen auf dem Tisch als die schweren Silberleuchter mit den heruntergebrannten Kerzen, deren warmer Schein dem dunklen Raum eine heimelige Atmosphäre verlieh.
„Na, sind dir die Geschichten ausgegangen?“ Lässig in seinem Stuhl zurückgelehnt, beobachtete Rafe seine Frau unter halb geschlossenen Lidern hervor. Angel sah das herausfordernde Glitzern in den rauchgrauen Augen, aber nicht seine Narben. Vor Überraschung stockte ihr der Atem. Im Halbdunkel, außerhalb des Kerzenscheins, waren sie nicht zu erkennen. Was sie sah, war ein maskulines Antlitz von einer klassischen Schönheit, wie man sie sonst nur bei antiken Statuen fand.
Sie war verloren!
„Natürlich nicht!“, behauptete sie mit einer Stimme, die in ihren eigenen Ohren viel zu weich und animiert klang. So, als wollte sie Rafe zwischen den Zeilen Dinge mitteilen, die er auf keinen Fall erfahren durfte! „Tausendundeine Nacht könnte ich dich mit Leichtigkeit unterhalten“, prahlte sie. „Mindestens! Betrachte es einfach als verspätetes Hochzeitsgeschenk.“
Rafe ließ sie nicht aus den Augen, und Angel war überzeugt, dass er sich der gefährlichen Stimmung im Raum und zwischen ihnen genauso bewusst war wie sie. Warum sich noch länger etwas vormachen? Sie wollte ihn, verzehrte sich nach seinen Berührungen und mehr, auch wenn es einem emotionalen Selbstmord gleichkam. Besonders seine dunkle Seite faszinierte sie. Sie wollte sich im Sturm der Gefühle verlieren, die er in ihr entfachte, egal, was danach kam …
Wie die Mutter, so die Tochter! wisperte die perfide kleine Stimme in ihrem Hinterkopf. Angel unterdrückte einen kalten Schauer und stand abrupt auf.
„Ich glaube, für mich ist es an der Zeit, ins Bett zu gehen“, verkündete sie rau. „Ich habe morgen einen anstrengenden Tag ohne Plan vor mir und muss meine Kräfte schonen.“ Allein der gewohnte Sarkasmus schützte sie davor, sich wie ein verliebter Teenager an Rafes breite Brust zu werfen und ihn anzuflehen, sie endlich zu küssen.
„Angel …“
Sie hatte sich schon abgewandt, hielt aber inne und presste instinktiv eine Hand auf ihr wild hämmerndes Herz. Rafe hatte sich offenbar ebenfalls erhoben und kam um den Tisch herum. Als sie seinen warmen Atem auf ihrem Nacken spürte, schloss sie gepeinigt die Augen.
„Rafe, ich …“
„Nicht reden.“ Es war ein Befehl, obwohl er es sehr leise sagte. Wie selbstverständlich legte er von hinten die Arme um ihre Schultern und zog seine Frau sanft, aber bestimmt an sich. Bedächtig senkte er den Kopf und küsste sie auf die kleine Mulde hinterm Ohr.
Angel stand in Flammen.
7. KAPITEL
Es war wie ein elektrischer Schlag. Heiß und schwer rann ihr Blut durch die Adern, während Rafe leichte Küsse auf ihrem Hals verteilte. Angel schloss die Augen und wandte instinktiv den Kopf zur Seite. Sofort dehnte Rafe seine bedachten Liebkosungen auf ihre Wange und die zarte Kinnlinie aus, bis er endlich ihre bebenden Lippen unter seinen spürte und hungrig eroberte. Es war ein wilder, ungezügelter Kuss, dem sie unmöglich widerstehen konnte.
Und Angel versuchte es auch gar nicht.
Dieser Kuss war nicht zu vergleichen mit dem brüsken Statement, mit dem er sie auf dem Standesamt als seine Ehefrau willkommen geheißen hatte oder dem ersten, aufregenden Intermezzo auf der Tanzfläche im Palast von Santina.
Ein einziger Gedanke beherrschte ihr Fühlen und Denken: Jetzt gehöre ich ihm .
Immer wieder trafen sich ihre Lippen im heißen Feuer der Leidenschaft, doch Angel war es nicht genug. Sie wollte mehr und drängte sich Rafes suchenden Händen entgegen, als er sie in ihren weiten Ausschnitt schob. Sehr schnell fand er den Weg zu ihren Brüsten und erkundete mit selbstbewusstem Griff Form und Fülle. Mit den Daumen liebkoste er die aufgerichteten Spitzen und lachte leise, als Angel ein kleiner Aufschrei entschlüpfte. Instinktiv presste sie sich noch fester an ihn und spürte die drängende Härte und Hitze seiner Erregung.
„Rafe, ich …“ Mehr brachte sie nicht heraus, weil er aufs Neue ihre Lippen eroberte. Dabei ließ er seine Hände an ihrem bebenden Körper heruntergleiten und raffte den Rock ihres langen Kleids, bis er die seidige
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