Wie ausgewechselt
mit 3 : 2. Das hat mich so fasziniert, und mir war auf einmal klar, dass ich nur noch eines wollte: Fußballer werden, Profi werden. Geld verdienen. Große Spiele spielen in den großen Stadien. Vielleicht sogar selbst im Fernsehen zu sehen sein. Am nächsten Tag fragte ich meinen Pauker nach der Quote in der Abendschule. Von 40 Jungs kämen drei durch, antwortete er mir. Und da sollte ich dabei sein? Im Leben nicht – ohne mich! Also schmiss ich die ganze Chose. Der Lehrer meinte, ich würde es schaffen, denn meine Noten seien gut. Und das, obwohl ich ihn mal nass gespritzt habe.«
Sein Gesellenstück ist eine Bremse für eine Lore, einen Transportwagen, doch seine Welt ist eigentlich eine ganz andere.
»Alfredo Di Stéfano von Real Madrid, das war der absolute Superheld für mich, der perfekte Spieler. Der hat vorne gespielt und Tore gemacht, im Mittelfeld gespielt, in der Abwehr gespielt, der konnte alles. Er war der Größte. Auch der Stan, der Stan Libuda, war einer meiner Helden.«
Dabei ist Reinhard »Stan« Libuda, der begnadete Rechtsaußen, nur ein Jahr älter als Assauer, hatte aber schon den Sprung zum FC Schalke geschafft. Mit neun Jahren war Libuda bereits zu den Königsblauen gekommen, und mit 18 kickte er in der ersten Mannschaft. Nur vier Jahre später sollte Assauer mit seinem Idol Libuda gemeinsam bei Borussia Dortmund spielen. Zunächst aber muss das Talent auf die Zeche Ewald, das Steinkohlebergwerk in Herten – wie beinahe alle jungen Männer in seinem Alter. Ein hartes halbes Jahr lang heißt es richtig malochen, zum Teil auch unter Tage. Außerhalb der Zeche ist das Glück ein ständiger Wegbegleiter in seiner Jugend – auch wenn er es manchmal fast ein wenig zu sehr herausfordert.
»Einmal bin ich als Kind beim Pöhlen unter einen Lastwagen gekommen. Ich wollte nur den Ball holen, wir spielten auf der Straße Fußball. Als der Laster auf mich zukam, bin ich gestolpert, sodass ich genau zwischen den Rädern lag, als er über mich hinwegrollte. Mir ist nichts passiert.«
Und auch als er seinen Führerschein machen will, hat Assauer richtig Glück. Ein Zufall – und vor allem seine Zwillingsschwester Karin – rettet ihn.
»Meinen Lappen hätte ich beinahe nicht machen dürfen, das war ’ne ganz knappe Kiste. Wir hatten inzwischen einen alten gebrauchten VW-Käfer, so ein Möppelchen. Mit 17 ging ich schon zur Fahrschule. Ich stand kurz vor der Prüfung. Und dann hat es mich gejuckt. Es war an einem Sonntag, die Sonne schien, das weiß ich noch. Unser Vater machte ein Mittagsschläfchen. Ich nahm heimlich die Autoschlüssel aus seiner Jackentasche und zuckelte los. Als dann später plötzlich die Polizei bei uns vor der Tür stand, war die Aufregung groß. Ich sollte an der Kranzplatte in Herten-Mitte einen Unfall verursacht haben. Ein Motorradfahrer war in das Schaufenster eines Hutgeschäftes gerast, weil ich ihm die Vorfahrt genommen hatte. Ich hatte mich natürlich schnell verdrückt. Ihm ist – Gott sei Dank – nichts Schlimmes passiert. Später habe ich immer erzählt: Er ist ohne Hut rein und mit Zylinder auf dem Kopp wieder raus. Es wurde eine Anzeige gemacht. Das Straßenverkehrsamt in Recklinghausen bekam eine Mitteilung, weil ich ohne Führerschein gefahren war.
Zum Glück arbeitete mein Schwesterchen damals bei der Führerscheinstelle. Ihr Chef zeigte ihr die Mitteilung der Polizei und sagte, sie solle den Wisch im Stapel ganz nach unten legen, damit etwas Zeit vergeht. So konnte ich wenigstens schon mal meine Prüfung machen. Erst danach wurde der Fall behandelt, es gab eine Strafe und einen kurzfristigen Führerscheinentzug. Doch ohne die kleine Verzögerung wäre ich erst gar nicht zur Prüfung zugelassen worden. Ich habe sie dann einwandfrei bestanden.«
Mit 18 Jahren hat Assauer dann sein erstes Etappenziel erreicht: einen Vertrag bei der Spielvereinigung Herten, damals Zweite Liga West. Vater Franz muss das Schriftstück ebenfalls unterzeichnen, denn volljährig ist man 1962 erst mit 21 Jahren. Bei den Katzenbusch-Kickern bekommt er anfangs 50 Mark Monatsgehalt und zusätzlich für jedes Spiel in der ersten Mannschaft als Antrittsprämie einen weiteren Zehner. Die Fußballschuhe müssen sich die Jungs aber selbst kaufen – wie gut, dass Rudi auch mal welche geschenkt bekommt, eine Art Sponsoring des Sportgeschäfts Weber.
»Ich habe bei der Spielvereinigung alle Jugendmannschaften durchlaufen. Die 50 Mark im Monat als Vertragsspieler musste ich natürlich zu
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