Wie ausgewechselt
man aber nie unter die ersten fünf gekommen, den Europapokal sah man nur im Fernsehen.«
Assauer dämpft ganz bewusst die Erwartungen. Ein bis zwei Jahre würde die Übergangszeit sicher dauern, bis die Mannschaft an die oberen Plätze in der Liga hinschmecken könne, so seine Aussage 1976.
»In der neuen Rolle als Manager wurde mir noch akuter bewusst, dass die Bedeutung des Fußballs in Bremen eine ganz andere war als im Ruhrpott. Dort, in meiner Heimat, saßen die Kinder im Stadion auf den Schultern der Väter. Das haste in Bremen kaum gesehen. Da sind die Frauen samstags mit den Kindern zur Nordsee gefahren. Also mussten wir das Interesse der Leute für Werder wecken. Wichtiger als Modenschauen oder andere Veranstaltungen mit den Spielern waren gute Fußballspiele. Das A und O bilden immer gute Leistungen der Mannschaft – nur so kann man Werbung machen, kann Firmen an den Verein binden.«
Die Imagekampagne beginnt mit einem DFB-Pokal-Spiel. Am 6. August 1976 sitzt Assauer erstmals im Anzug auf der Bank neben Trainer Tilkowski, den Ersatzspielern, dem Arzt, dem Masseur und den Betreuern. Gegen den SV Südwest Ludwigshafen kommen immerhin 11 000 Zuschauer ins Weserstadion, das für knapp 40 000 Fans Platz bietet. Bremen gewinnt 4 : 0, ein reiner Pflichtsieg. Aber ein erster Schritt. Eine Woche später führt Assauer seine erste Reise als Werder-Manager ausgerechnet in den Ruhrpott zum Ligaauswärtsspiel beim FC Schalke. Bremen wehrt sich tapfer, verliert dennoch mit 2 : 3.
Im DFB-Pokal erreicht Werder das Achtelfinale und scheidet bei Bayer Uerdingen aus. Doch wenigstens hatte es zuvor drei Heimspiele gegeben. Für den Jungmanager plötzlich ein wichtiger Einnahmefaktor, als Spieler hatte er sich solche Gedanken nicht machen müssen. Jetzt addiert er mit dem Taschenrechner Zuschauerzahlen. 23 500 Fans kommen zu den drei Pokalpartien, daraus resultieren die einzigen Zusatzeinnahmen neben der Bundesliga. Doch im Winter verlieren sich oft nur ein paar Tausend Leute im eiskalten, zugigen Weserstadion.
»Um die Finanzen anzukurbeln, führte ich Werbemaßnahmen ein, die es bis dato noch nicht gab. In der Pause eines Spiels habe ich zum Beispiel die Tore genutzt und an die Latte Jalousien mit Werbung drangehängt. Beim Brüsseler Klub RSC Anderlecht fiel mir auf, dass dort die Tribünenblöcke eigene Namen hatten, sie waren gesponsert. Das habe ich mir abgeschaut. Für die Koordinierung unserer Werbemaßnahmen, quasi als Finanzmanager, stellte ich im Sommer 1976 Klaus Matischak ein, der mit Werder als Mittelstürmer 1965 Deutscher Meister geworden war. Mein Credo lautete: Die Vereine brauchen an der Spitze Leute, die was vom Fußball verstehen, möglichst sogar selbst in der Bundesliga gespielt haben. Skeptisch war ich bei älteren Herren, die nur schlaues Zeug erzählten, aber den Stallgeruch nicht kannten. Daher sagte ich mir: Trau keinem über 50.«
Für seine ersten Transfers ist kaum Geld vorhanden. Einen der Spieler, den er im Spätsommer 1976 an die Weser lockt, entdeckt er ganz in der Nähe seiner Heimat im Ruhrpott. Von Herten, der Stadt, in der er aufgewachsen ist, sind es nach Herne nur 14 Kilometer, eine knappe Viertelstunde Fahrt. Dort, bei Westfalia Herne, spielt der Jugoslawe Miodrag Petrović, 29 Jahre alt. Assauer holt ihn aus der Zweiten Bundesliga Nord nach oben, der Mittelfeldspieler bestreitet immerhin 26 Ligaspiele. Assauers prominentester und wertvollster Einkauf: Abwehrspieler Norbert Siegmann von TeBe Berlin. Er bleibt neun Jahre – und damit letztendlich länger als Assauer – in Bremen und erlebt alle Höhen und Tiefen des SV Werder mit. Stürmer Hartmut Konschal, gekommen von Eintracht Braunschweig, ist sechs Jahre relativ erfolgreich. Karlheinz Meiniger, Mittelfeld, geholt vom 1. FC Nürnberg aus der Zweiten Liga Süd, bleibt zwei Jahre. Keine berauschende, aber eine ordentliche Transferbilanz für einen Neueinsteiger.
Von seinen ehemaligen Kollegen verabschiedet er den Schweden Sanny Aslund zu AIK Stockholm. Peter Dietrich geht zur SG Westend Frankfurt, Wolfgang Schlief zu Eintracht Trier – sie waren eher Ergänzungsspieler. Klaus Rütten muss er sagen, dass die Bundesliga eine Nummer zu groß für ihn ist, er wechselt in der Folge eine Etage tiefer zur Spielvereinigung Fürth. Und Georg Müllner erkennt nach zwei Spieltagen der laufenden Saison, dass er chancenlos ist, und wechselt noch im August zu Eintracht Trier, ebenfalls Zweite Liga Süd. Dies sind die ersten
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