Wie ausgewechselt
zumindest in der Vereinsführung und im Management hat eine neue Sachlichkeit gegenüber der Gefühlsduselei der vergangenen Jahre die Oberhand gewonnen. Auch im Umgang mit Spielern, selbst mit von den Fans in den Legendenstand erhobenen Spielern, zeigt sich Assauer knallhart. Sparkurs und wirtschaftliche Konsolidierung gehen vor Dankbarkeit und Großzügigkeit. Das muss Norbert Nigbur am eigenen Leib erfahren. Von 1966 bis 1976 war er Schalkes Nummer eins im Tor. Nach einem dreijährigen Intermezzo bei Hertha BSC Berlin kehrt er 1979 zurück, macht den Abstieg und die sofortige Wiederkehr ins Oberhaus – inklusive aller 38 Zweitligapartien – mit. Weil Nigbur, ein gebürtiger Gelsenkirchener, mit damals 34 Jahren einer der Ältesten und Erfahrensten im Kader ist, holt sich Assauer 1982 Rat bei ihm, was Neuverpflichtungen betrifft. Nigbur empfiehlt Rudi Völler, den jungen, talentierten Stürmer des TSV 1860 München. Doch mangels Finanzkraft entscheidet sich der Manager für günstigere Alternativen, holt unter anderem Hans-Joachim Abel vom VfL Bochum und Hubert Clute-Simon von Alemannia Aachen. Nach wenigen Spielen in der neuen Saison findet sich Schalke wieder im Tabellenkeller der Bundesliga wieder, in den ersten elf Partien mit Nigbur gelingt nur ein Sieg. Doch Nigbur, dessen schwache Leistungen nicht nur durch sein kaputtes Knie zu erklären sind, mault gegen die Einkaufspolitik Assauers. Von seinen Wutausbrüchen ist fast täglich in den Boulevardmedien zu lesen. Nach dem 2 : 2 in Karlsruhe zitiert Assauer ihn daher in sein Büro in der Geschäftsstelle und macht ihm klar, dass er seine Sachen packen könne und auch nicht mehr zum Training kommen müsse, Stadionverbot erhielt er obendrauf. Es folgt eine Schlammschlacht. Per einstweiliger Verfügung erzwingt Nigbur die weitere Teilnahme am Mannschaftstraining. Dennoch ist es das Ende einer Karriere. Ein Blitztransfer von Assauers altem Kumpel Dieter Burdenski, damals schon 36, scheitert. Der Bremer lehnt ab, das Risiko sei ihm im hohen Alter zu groß. Ab der nächsten Partie steht dann der vom FC Bayern gekaufte und bei den Fans sehr umstrittene Walter Junghans, 24 Jahre jung, im Tor.
»Wenn man in so einer Position ist, muss man Entscheidungen treffen – ob die nun populär sind oder nicht. Man kann sich auch nicht zu lange von einem Spieler auf der Nase herumtanzen lassen, das färbt auf die Mannschaft ab. Die Kollegen denken sich: Oh, mit dem Assauer kannste ja alles machen. Wenn wir keinen sportlichen Erfolg hatten, fielen mir das Arbeiten und Entscheidungentreffen immer sehr schwer. Man macht und tut, überlegt, redet und redet – und dann nippeln die Jungs in den Spielen oft einfach so ab. Das ist immer ein Schlag ins Gesicht. Ich bin ja auf die Herren auf dem Platz angewiesen. Wie der Trainer auch. Du fühlst dich in solchen Momenten, vor allem während der Partien da unten auf der Bank, unglaublich ohnmächtig. Es ist die Schattenseite dieses schönen Jobs. Was man dagegen tun kann? Mit den Jungs reden, sie fragen, warum sie so nervös sind. Ihnen sagen, dass sie nicht wie ein Hühnerhaufen agieren sollen. Bei einigen zart besaiteten Männeken machst du das am besten nicht, die klappen dir sonst emotional zusammen. Auch wenn du dir oft denkst, oh Gott, oh Gott, musst du sie starkreden, ihnen Mut zu sprechen. Du brauchst die Jungs ja.«
Schalke pendelt im weiteren Verlauf der Saison ab dem 15. Spieltag nur noch zwischen Rang 16 und 18 und trudelt damit auf direktem Wege zurück in die Zweite Liga. Da hilft auch eine für Assauer typische Rückholaktion nicht. Wolfram Wuttke kommt von Borussia Mönchengladbach und macht sieben Tore. Zur Winterpause steht die Mannschaft erneut auf einem Abstiegsplatz, das Verhältnis zwischen Spielern und Trainer stimmt nicht mehr. Obwohl Held es zunächst als alter Weggefährte von Assauer recht leicht hatte, gelingt es ihm nicht, aus der Ansammlung von ausgeprägten Charakteren eine Mannschaft zu formen. Seine Unsicherheit, seine zurückhaltende Art und unterkühlt wirkende Ausstrahlung werden ihm zum Verhängnis.
Doch erst kurz vor Beginn der Rückrunde im Januar 1983 wird Sigi Held dann entlassen und durch Jürgen Sundermann, Spitzname »Wundermann«, ersetzt, den Assauer direkt von den Stuttgarter Kickers aus der Zweiten Liga verpflichtet. Für ein Spiel setzt sich Manager Assauer noch auf die Trainerbank und holt beim 0 : 0 bei Borussia Mönchengladbach immerhin einen Punkt. Sein fünfter Ausflug in den
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