Wie ausgewechselt
Trainerjob, zum zweiten Mal beim FC Schalke, er kann es einfach nicht lassen.
Bei Sundermanns Debüt verlieren die Schalker 1 : 3 gegen Stuttgart. Die Saison hat den Teufel gesehen. Wenigstens der DFB-Pokal ist nach Jahren der Tristesse und oftmals frühem Ausscheiden ein Lichtblick und spült etwas Geld in die leeren Kassen. Über die Stationen Hessen Kassel, FSV Mainz und Arminia Bielefeld kämpft sich die Mannschaft bis ins Viertelfinale gegen den 1. FC Köln vor. Umso bitterer, dass es ausgerechnet Schalkes Idol Klaus Fischer ist, der seinen Exklub dann beim 0 : 5 im Müngersdorferstadion mit drei Treffern demütigt.
Im Frühjahr 1983 kommen immer weniger Fans ins Parkstadion, das Vertrauen in die Schalker ist erkaltet. Erst das sensationelle 1 : 0 beim FC Bayern durch Manfred Drexler am 33. Spieltag lässt die Hoffnungen auf einen Verbleib in der Bundesliga durch das Erreichen der Relegationsspiele aufkeimen. Am 4. Juni gibt es eine große Feier im Parkstadion – es ist der Hamburger SV, der seine Meisterschaft bejubelt. Auf Schalke rüstet man sich dagegen als Tabellensechzehnter für die Relegation gegen den Dritten der Zweiten Liga, gegen Bayer Uerdingen.
»Durch den Sieg bei den Bayern war unser Selbstvertrauen wieder riesengroß. Dennoch spürte ich Unbehagen. Natürlich waren wir als Bundesligist der Favorit. Damals warnte ich die Spieler ganz gezielt auch über die Medien, weil unser Trainer Jürgen Sundermann davon sprach, dass man Uerdingen schon packen werde. Ein gesundes Selbstbewusstsein – ja, schön und gut. Doch Sundermann verkündete, die Chancen stünden 80 : 20. Der hatte leicht reden mit seinem Damenstrohhut samt der breiten Krempe. Das war sein Markenzeichen – nicht zu vergessen noch das Seidentuch. Damit kam der feine Herr jeden Tag an, ob auf die Geschäftsstelle oder in die Kabine. Unter dem Arm immer die Bild -Zeitung und ein Pornoheft. Ich musste also wieder den Warnenden spielen. Ich sagte, dass erst zum Schluss abgerechnet werde. Eine Plattitüde, klar. Aber ich hatte Angst. Ich wollte nicht zum dritten Mal absteigen in meiner Managerlaufbahn.«
Das Hinspiel am 15. Juni 1983 in der Krefelder Grotenburg verlieren die Königsblauen sensationell deutlich mit 1 : 3. Zur Halbzeit stand es sogar 0 : 3, die überheblich agierenden Schalker waren erst nach 30 Minuten überhaupt zu einer Torchance gekommen. Somit ergibt sich folgende Ausgangslage für das Rückspiel im Parkstadion vier Tage später: Nur bei einem Sieg mit drei Toren Unterschied würde Schalke den Klassenerhalt direkt schaffen, bei einem Erfolg mit zwei Toren Vorsprung gäbe es eine dritte Partie, ein Entscheidungsspiel. Libero Bernard Dietz wendet sich flehentlich an die Fans: »Pfeift uns nicht aus, schreit uns zum Sieg! Wir wollen die Wiedergutmachung.«
»Ich war mir sicher, dass wir mit unseren Fans im Rücken kein drittes Spiel brauchen würden. Doch den ersten Rückschlag gab es schon in den Tagen vor dem Rückspiel. Mit dem DFB zofften wir uns um die Anstoßzeit. Diese war auf 15 Uhr festgesetzt worden. Ich hatte keine Ahnung, warum. Für den Tag des Rückspiels war brütende Hitze von den Meteorologen vorhergesagt. Ich forderte den DFB auf, das Spiel in die Abendstunden zu verlegen. Das war ein klarer Verstoß gegen die sportliche Fairness. Die Uerdinger dürfen ihr Heimspiel abends austragen, wir müssen nachmittags bei diesen extrem hohen Temperaturen ran. Das hat unsere Aufholjagd nicht einfacher gemacht. Wir waren ja diejenigen, die angreifen mussten, die laufen mussten. Uerdingen konnte abwarten und verteidigen. Und so ist es auch gekommen.«
60 000 Zuschauer unterstützen Schalke, glauben an die Wiedergutmachung. Doch Schalke tut sich schwer gegen das Bayer-Bollwerk, geht erst nach 63 Minuten durch Manfred Drexler in Führung. Doch der Uerdinger Ausgleich 20 Minuten später durch den eingewechselten Michael Schuhmacher versetzt ganz Schalke in Schockstarre. 1 : 1. Nichts geht mehr, der Abstieg ist perfekt. Unter Tränen sagt Vereinslegende Ernst Kuzorra: »Warum muss ich das noch erleben?« Vor der Schalker Geschäftsstelle versammeln sich Stunden später zahlreiche Fans und pfeifen den Mann aus, den sie für den Hauptschuldigen am zweiten Abstieg halten: Rudi Assauer.
Nur fünf Spieler besitzen Verträge für die Zweite Liga, so wenig hatte man sich mit dem Unvorstellbaren beschäftigt. Der zweite Abstieg ist ein Schock – und für den Manager heißt das erneut: kein Urlaub im Sommer, kaum Zeit für
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