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Wie ausgewechselt

Wie ausgewechselt

Titel: Wie ausgewechselt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudi Assauer , Patrick Strasser
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erhält. Doch Berger entpuppt sich als Glücksgriff, obwohl sein Debüt mit 1 : 5 bei Bayer Leverkusen kräftig danebengeht.
    »Der Einstand von Jörg stand wirklich unter keinem guten Stern. Wir mussten nach Leverkusen. Da machte es patsch, patsch, patsch. Kirsten, Sergio, wieder Kirsten – nach einer halben Stunde stand es 3 : 0 für die Gastgeber. Für die Schalker Fans war unser Torhüter Jens Lehmann der Buhmann. Sie skandierten: ›Lehmann raus‹ und ›Gehrke rein‹. Trainer Berger ließ Lehmann zur Pause in der Kabine, er wollte ihn schützen, brachte Ersatztorwart Holger Gehrke. Der gute Jens war fix und alle, ist noch vor dem Abpfiff mit der S-Bahn nach Hause gefahren. Wir verloren 1 : 5, ein Desaster. Das ging wirklich gut los für Jörg. Mann, Mann, Mann.«
    Noch dicker kommt es für Schalke einen Tag danach. An jenem Sonntag tritt Präsident Eichberg aus privaten Gründen von seinem Amt zurück. Der Klinikbetreiber will seine geschäftlichen Aktivitäten künftig ins Ausland verlagern und fliegt noch am selben Tag nach Palm Beach, Florida. Er weiß, warum. Eine Woche später deckt Der Spiegel Eichbergs Vermächtnis auf: einen riesigen Schuldenberg und dazu Steuerbetrug, Finanztricks, Pfändungen, ungedeckte Bürgschaften, Lizenzerschleichung und Schiedsrichterbestechung – so lauten die Vorwürfe. Der Sonnenkönig soll Verbindlichkeiten in Höhe von 100 Millionen DM zwischen dem Verein, der inzwischen aufgelösten Marketing-GmbH und seinen Kliniken hin- und hergeschoben haben. Schalke ist damit dem Ruin nahe. Die Vereinsbücher sind in dieser Zeit geführt worden »wie bei einem Taubenzüchterverein«, so ein Verwaltungsratsmitglied gegenüber dem Spiegel . Es droht der Lizenzentzug durch den DFB. Der FC Schalke ist damals, wirtschaftlich gesehen, klinisch tot. Doch nun schlägt sich das Glück auf Assauers Seite. Und Egidius Braun, der damalige DFB-Präsident.
    »Hinter vorgehaltener Hand war Braun ein Schalke-Fan. Bei einer Sitzungspause sind alle Verhandlungsteilnehmer zum Pinkeln gegangen. Plötzlich tauchte Braun auf der Toilette neben mir auf und sagte: ›Assi, pass auf. Du machst das jetzt so, so und so. Dann klappt das Ding. Keine Sorge.‹ Er ging wieder raus aus der Herrentoilette und ich kurz darauf wieder zurück in den Sitzungssaal. Dort hielt ich einen kleinen Vortrag, erzählte den Leuten: Also wir machen das jetzt so, so und so. Die Teilnehmer nickten, sagten: Ja, so ist es okay. Guter Plan. Ich dachte mir: Leck mich in de Täsch! Das geht ja auf. So habe ich die Lizenz für die darauffolgende Saison gerettet. Das war ’ne Nummer!«
    Die Schalker kommen mit einer Geldstrafe von 300 000 DM davon, eines der größten Verdienste Assauers. Sportlich berappelt sich die Mannschaft langsam, feiert am 15. Spieltag mit einem 3 : 1 gegen Leipzig den ersten Sieg unter Neutrainer Berger. Den letzten Tabellenplatz sind sie nach dem 18. Spieltag los. »Defensive Ordnung ist die Basis des fußballerischen Handwerks. Wenn man da unten drinsteckt, muss man die Ärmel hochkrempeln«, fordert Berger. Nach nur neun Punkten in der Hinrunde startet das Team eine beeindruckende Aufholjagd und erzielt bei den ersten zwölf Spielen der Rückrunde acht Siege, verliert nur einmal. Der Klassenerhalt wird am 32. Spieltag gesichert, und am Ende landet die Mannschaft auf Platz 14. Ein vierter Abstieg aus dem Oberhaus bleibt den Knappen damit erspart. Für Assauer ein Meilenstein: Er half bei der Sanierung, rettete die Lizenz und stellte den Trainer ein, der den Klassenerhalt sicherte.
    Danach beginnt der Manager, den Kader kräftig auszumisten. Spieler wie Radmilo Mihajlovic, Bent Christensen und Aleksandr Borodyuk, die unter Eichberg irrwitzig hoch dotierte Verträge erhalten hatten, müssen bereits im Sommer 1993 gehen. Verpflichtet werden unter anderem Jiri Nemec und Youri Mulder, ein Jahr später Radoslav Latal und Rückkehrer Olaf Thon vom FC Bayern. Assauer beweist ein goldenes Händchen.
    Die beiden darauffolgenden Spielzeiten verlaufen für Schalker Verhältnisse, rein sportlich gesehen, relativ ruhig und entspannt. Berger, der schon den 1. FC Köln und Eintracht Frankfurt aus dem Keller in den Europapokal geführt hat, wiederholt dieses Kunststück in Gelsenkirchen. Nach Rang 14 in der Spielzeit 1994/95 schraubt er die Ziele weiter hoch. Vor der Rückrunde der Saison 1995/96 auf Rang acht, legen die Schalker eine fulminante zweite Saisonhälfte mit einer Serie von zehn ungeschlagenen Spielen hin. Als

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