Wie ausgewechselt
Hintergrund.«
Im dritten Jahr der Zusammenarbeit kommt es zu ersten Meinungsverschiedenheiten zwischen Assauer und Sidka. Sie wachsen sich zu Animositäten aus, wie in einer kriselnden Beziehung lebt man sich nach und nach auseinander. Das zuvor hervorragend funktionierende Duo ist sich bei Einschätzungen von Spielern und Transfers plötzlich nicht mehr einig, außerdem befürchtet Sidka stets, Assauer würde am liebsten selbst den Trainerjob ausüben. Trotz der Einkäufe des Routiniers Jonny Otten von Werder Bremen und des jungen Arie van Lent geht es in der aufgestockten Zweiten Liga mit 24 Mannschaften für die Oldenburger peu à peu nach unten. Sieben Teams müssen am Ende der Saison 1992/93 absteigen, als Drittletzten erwischt es auch den VfB. Was Sidka jedoch nicht mehr im Amt erlebt. »Schon nach dem ersten Spieltag, einem 2 : 2 gegen Freiburg, hatte ich so ein komisches Gefühl, ein Gespür, dass das mit den beiden nicht mehr gut geht«, erinnert sich Expräsident Berster, der über eine Entlassung Sidkas nachdenkt. »Aber damals hatte ich keine Traute, keinen rechten Mut und hätte auch keine Mehrheit im Verein gefunden für solch eine für die Fans unverständliche und unpopuläre Entscheidung.«
Der VfB wurstelt sich durch die Saison. Nach vier Auswärtspleiten hintereinander und einem 2 : 6 in Jena wird Sidka schließlich am 21. Februar 1993 entlassen. Rudi Assauer hat diesen Entschluss mitgetragen, das Aussprechen der Kündigung aber dem Präsidium überlassen – da hält er sich lieber vornehm zurück. Das Miteinander des einstigen Erfolgsduos ist längst Vergangenheit. »Sie konnten einfach nicht mehr miteinander «, stellt Baumgart damals fest. Sidka, einst Vater des Aufstiegs, lasse sich nicht mehr helfen, sei nicht mehr offen gegenüber Neuverpflichtungen, so lauten Anfang 1993 die Vorwürfe.
Der Trainer ist verbittert, denn die Entlassung trifft ihn tief ins Mark. Auch deshalb, weil er die Entscheidung des Präsidiums durch seine Frau erfahren muss, die die Nachricht im Videotext liest. »Das hatte ich nicht verdient«, beklagt sich Sidka. Die Verantwortlichen samt Manager Assauer rechtfertigen diesen Affront damit, dass sie nach ihrer Sitzung von zig Reportern belagert worden waren und vergeblich versucht hatten, den Trainer telefonisch zu erreichen.
» Den Abstieg haben wir auch mit Trainer Werner Fuchs nicht verhindern können. Ich hatte ihn als Sidkas Nachfolger verpflichtet. Ich habe alles versucht. Und das Beste, womit man Fußballer überall auf der Welt motivieren kann, ist Geld. 400 000 DM hatte ich der Mannschaft als Prämie für den Klassenerhalt versprochen. Auszahlen musste der Vereine die Summe nicht, immerhin etwas. Beim internen Abschiedsessen in einem Oldenburger Restaurant mit dem gesamten Team sangen die Spieler: ›Nie wieder VfB!‹ Bis auf den Torwart haben alle den Absteiger verlassen. Eine Mannschaft hat sich komplett aufgelöst – meine war es nicht mehr. Ich hatte in der Zwischenzeit ein anderes, lukrativeres Angebot bekommen – nicht irgendeines.«
Mitten in den Abstiegskampf des Frühjahres 1993 platzt die Nachricht, dass der FC Schalke 04 Rudi Assauer zu einer Rückkehr überreden möchte. Im März kontaktiert Schalke-Präsident Günter Eichberg den VfB-Manager. »Das hat mich fast vom Hocker gehauen«, erinnert sich Berster, »wir alle haben nichts geahnt.« Die Oldenburger Verantwortlichen wehren sich gegen den Abschied ihres prominenten Managers, wissen aber, dass sie angesichts der Herausforderung und Verlockung keine Chance haben. Assauers Handschlagvertrag mit dem VfB-Präsidium gilt zwar bis Saisonende 1994, doch der Manager lässt sich rasch davon entbinden – mit dem Versprechen, zumindest bis Saisonende 1993 weiter für Oldenburg zu arbeiten. Kurzfristig fungiert Assauer daher als Doppelmanager, eine halbe Woche Oldenburg, eine halbe Woche Schalke.
In Gelsenkirchen drängt man den verlorenen Sohn zu einer schnellen Entscheidung, weil man von einem Stellenangebot des Deutschen Fußball Bundes (DFB) Wind bekommt. Der Verband will mit Assauer an der Spitze ein Büro namens »Aufbau Ost« gründen. Doch der Umworbene entscheidet sich für das neuerliche Engagement bei Schalke, kümmert sich ab dem 1. April erneut um die königsblaue Transferpolitik und wickelt nebenher die Saison der Oldenburger ab, allerdings mit reduzierter Arbeitskraft. Sein Vertrag wird dann Ende Mai zum 30. Juni endgültig aufgelöst. Von nun an ist Schalke wieder seine neue, alte
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