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Wie ausgewechselt

Wie ausgewechselt

Titel: Wie ausgewechselt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudi Assauer , Patrick Strasser
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akribisch wie die auf ein Spiel. Huub ist ein Mensch, den der Ehrgeiz fast zerfrisst. Er kann es nicht ertragen zu verlieren. Außerdem wollte er immer alles ausdiskutieren bis zum bitteren Ende – das hat mich oft wahnsinnig gemacht. Aber Huub ist ein ganz ehrlicher Kerl mit viel, viel Verstand in der Birne.«
    Von morgens bis abends gibt es für das Gespann Assauer/Stevens nur Schalke. Der Niederländer lässt einen typischen Tag Revue passieren: »Wir waren ja beide keine Langschläfer, haben uns meist schon ab 7.15 Uhr auf der Geschäftsstelle in seinem Büro bei Kaffee besprochen. Um neun Uhr sind wir rüber in die Kabine zum Trainerstab und zur Mannschaft. Es folgten Training und Termine, jeder ist seinen Weg gegangen. Wenn kein Spiel oder eine Spielerbeobachtung anstanden, hockten wir oft noch bis abends im Büro und diskutierten.«
    Stevens gibt den Arbeiter, und Assauer ist das Gesicht des Vereins, ab 2000 assistiert von Exprofi Andreas Müller, der beim Manager in die Lehre geht. Er arbeitet zunächst ohne Vertrag, ein Handschlag reicht. Man kann sich aufeinander verlassen. Auch wenn das Zusammensein manchmal fast schon wehtut. »Immer wenn ich in sein Büro gekommen bin, musste ich den Rauch seiner Zigarren zur Seite wedeln, um etwas zu sehen«, erinnert sich Müller und lacht. »Ich selbst habe nie geraucht, höchstens mal im Karneval. Außerdem habe ich dank Rudi genügend geraucht in meinem Leben, wenn auch nur passiv.« Damit ist er in guter Gesellschaft. Siehe Stevens.
    »Unser Exbundeskanzler Gerhard Schröder war auch Zigarrenliebhaber. Als er noch in Amt und Würden war, hatte ich einen unvergesslichen Abend mit ihm bei einer Veranstaltung in Berlin, zu der ich eingeladen war. Irgendwann im Laufe des Abends waren nur noch Schröder und ich da. Wir saßen bei ihm am Kamin, pafften vor uns hin und tranken Weißwein und Grappa. Er hat mir sogar das Du angeboten. ›Donnerwetter, Herr Bundeskanzler‹, hab ich geantwortet – und natürlich angenommen. Es ist richtig spät geworden in jener Nacht. Irgendwann kam dann einer von Schröders Mitarbeitern herein und sagte: ›Herr Bundeskanzler, Sie müssen doch morgen früh arbeiten, Sie haben einen wichtigen Termin im Kabinett.‹ Er antwortete ganz cool: ›Ja, ja, das kriegen wir schon hin.‹ Schröder hat die hellen, leichten Sorten Tabak aus der Dominikanischen Republik geliebt – ich auch. Die dunklen Sorten aus Kuba wie die Cohiba haben wir beide nicht gerne gemocht, die brannten so auf der Zunge.«
    Stevens erarbeitet sich mit der Zeit den Ruf des Schleifers. Er sagt: »Maloche ist auch eine bestimmte Qualität. Fußball ohne Arbeit funktioniert nicht.« Torhüter Jens Lehmann meint heute im Rückblick über die harte Trainingsarbeit: »Ich stand bei Huub Stevens immer stramm. Ich hatte immer Schiss, wenn ich nicht gut genug war, dass er mich aussortieren würde.«
    In der Bundesliga ist Schalke am Ende der Saison 1996/97 Zwölfter, graues Mittelmaß. Eine durchwachsene Saison endet damit tabellenmäßig in gewohnten Gefilden. Aber wenigstens sahen die Schalker dabei gut aus, denn das Erscheinungsbild wurde dank Stevens vereinheitlicht.
    »Es war Huub, der bei uns die einheitliche Kleiderordnung eingeführt hat. Alle sollten entweder mit demselben Trainingsanzug oder im selben Klubanzug herumlaufen – das war Pflicht. Er kannte das aus Holland, dort ist das selbstverständlich. Da setzen sich selbst die verletzten Spieler bei Heimspielen im Klubanzug auf die Tribüne. Ich habe immer Anzug getragen – und bei internationalen Spielen die Krawatte rausgeholt. Wenigstens musste ich da nicht lange überlegen. Es gab ja pro Saison nur eine vom Ausstatter. Er selbst liebte und liebt den Trainingsanzug, sagt stets, das sei der ideale Anzug für den Profi. Wenn wir mit dem Bus gefahren sind, saß ich immer ganz vorne, hinter dem Fahrer Friedhelm Dzeyk. Auf der Beifahrerseite ganz vorne war Huub, er wollte immer freie Sicht haben, seine Assistenten saßen dahinter. Auf längeren Fahrten haben wir dann die Karten rausgeholt.«
    Der Schalke-Bus tourt in jener Saison 1996/97 quer durch Europa, bis zur Endstation Mailand. Die Mannschaft ist untergebracht im Hotel Castello di Casiglio in Erba, das an ein Schloss erinnert mit dem typisch italienischen Schnickschnack. Das Frühstücksbüfett dort ist reichhaltig, es gibt alles, was das Herz begehrt. Doch Rudi Assauer hat keinen großen Hunger, das Essen ist ein reiner Zeitvertreib an diesem Mittwochmorgen.

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