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Wie Blueten Am Fluss

Wie Blueten Am Fluss

Titel: Wie Blueten Am Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
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der
    Schicklichkeit Genüge zu tun. Der Junge war entzückt und begierig, alles zu lernen, was sie ihm
    beibringen konnte. Er erwies sich als aufmerksamer Schüler, und schon bald drehte er allein seine
    Runden auf dem Hof, wenn auch unter ihrer sorgfältigen Überwachung.
    Was Gage betraf, so verweigerten ihm die sägespäneverklebten Fenster der Werkstatt einen klaren
    Blick auf das Geschehen, und die Idee, die Scheiben mit einem feuchten Tuch abzuwischen, war
    ebenfalls nicht besonders klug gewesen. Statt der Sägespäne hatte er jetzt einen dichten, schleimigen
    Film auf den Fenstern. Nachdem er die beiden draußen entdeckt hatte, ließ sein gewohnter Arbeitseifer
    abrupt nach. Tatsächlich schien es ihm nicht einmal aufzufallen, daß seine Lehrlinge ihn mehrmals
    etwas fragten. Gage hatte in der Hütte sehr wohl gemerkt, daß Shemaine ihn während der Reitstunden
    auf gar keinen Fall in der Nähe haben wollte. Obwohl er versuchte, sich zu bezähmen, fachte ihr
    Anblick, wie sie da in aufrechter Haltung hinter seinem Sohn auf dem Pferd saß, sein Interesse
    unwiderruflich an. Er verspürte den wachsenden Drang, sie aus geringerer Entfernung beobachten zu
    können. Schließlich gab er den inneren Kampf auf und verließ mit einer gemurmelten Entschuldigung
    die Werkstatt. Daß Sly und die anderen einander in die Rippen stießen und grinsend vielsagende
    Blicke tauschten, bemerkte er nicht einmal.
    Gage sah sofort, mit welcher Begeisterung Andrew die Stute über den Hof ritt, und auch die
    Reitkünste seiner Dienstmagd entgingen ihm nicht. Tatsächlich saß sie auf dem Pferd, als ob sie
    niemals etwas anderes täte.
    »Komm, Papa, reite mit uns«, drängte ihn der Kleine aufgeregt. Dann bedeutete er seinem Vater,
    hinter Shemaine aufzusitzen. »Bring uns zur Straße. Bitte, Papa!«
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    Gage quittierte den bezaubernden Befehl mit einem leisen Lachen und trat näher.
    Bei dem Gedanken, zwischen dem Mann und dem Jungen gefangen zu sein, geriet Shemaine beinahe
    in Panik. »Ich steige ab und überlasse Andrew Ihnen.«
    »Nicht nötig«, beteuerte Gage. Dann stand er auch schon neben ihr. »Die Stute ist durchaus in der
    Lage, unser aller Gewicht für einen kurzen Ritt zu tragen.«
    »Oh, aber ich habe noch zu tun«, wandte Shemaine ein. Sie hatte nicht die Absicht, sich auf eine
    weitere sinnverwirrende Begegnung einzulassen, die ihre Gefühle auf eine ähnliche Weise aufwühlen
    würde wie ihre Schießübungen.
    Gage sah sie neugierig an. »Aber ich dachte, du wolltest deine Arbeit erledigen, bevor du mit dem
    Reiten anfängst.«
    Kleine, weiße Zähne nagten nervös an einer Unterlippe, während Shemaine seinem durchdringenden
    Blick standhielt. Sie wollte nicht, daß er dachte, sie hätte gelogen, andererseits fiel ihr keine andere plausible Ausrede ein. Ihr Zögern jedoch besiegelte die Angelegenheit für Gage, und mit einer einzigen schnellen Bewegung schwang er sich hinter ihr aufs Pferd. Gegen ihren steifen Rücken
    gelehnt, griff er um sie und den Jungen herum und nahm Andrew die Zügel aus der Hand.
    »Halte du den Jungen fest«, wies er sie an und verbiß sich das Lachen, denn die Anspannung seiner
    Dienerin war ihm keineswegs entgangen. »Und versuch dich zu entspannen, Shemaine. Du bist ja so
    steif wie ein Zypressenbrett.«
    Sie hörte das Lachen in seiner Stimme und wollte hitzig erklären, daß sie sich außerstande sehe,
    diesem Befehl nachzukommen. Es wäre wohl jeder Frau unmöglich gewesen, die kräftigen Schenkel,
    die ihr Hinterteil umspannten, einfach zu ignorieren. Tatsächlich war der Druck seines von Arbeit
    gestählten Körpers an ihrem Rücken beinahe mehr, als sie ertragen konnte. Andererseits hätten all die
    Beteuerungen, die durch ihre verzweifelten Gedanken jagten, nur allzu deutlich enthüllt, wovor sie
    sich in Wirklichkeit fürchtete.
    Gage wendete die Stute und berührte sie mit dem Absatz leicht
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    an der Flanke, woraufhin das Tier in einem gemächlichen Galopp auf die Straße zuhielt. Er ritt ohne
    jede Mühe und, wie Shemaine dachte, gut genug, um in der Gesellschaft der Reitersleute, mit denen
    sie bekannt oder verwandt war, ohne weiteres mithalten zu können. Allerdings hätte sie seine
    Reitkünste wohl besser beurteilen können, wenn sie ihm nicht buchstäblich auf dem Schoß gesessen
    hätte.
    Der Weg schlängelte sich gemächlich durch die Bäume und wandte sich unter dem hohen Baldachin
    überhängender Zweige bald in diese, bald in jene Richtung. Eine Hirschkuh sprang

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