Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)
Hoffnungsschimmer, den sie jahrelang nicht gesehen hatte. Die Hoffnung war ein helles Licht in der Schwärze ihrer Schuld.
Sie konnte Grace aufziehen. Sie konnte die Mutter sein, die sie sich immer für sich selbst gewünscht hatte. Zwar würden sie nicht viel Geld, kein großes Haus und keinen neuen Wagen haben, aber Lexi wusste besser als die meisten, dass nur die Liebe zählte. Eva hatte das bewiesen. Ihr widerstrebte es zutiefst, den Farradays – und Zach – noch einmal weh zu tun, aber sie hatte genug für ihren Fehler gebüßt.
Die Entscheidung gab ihr Kraft. Sie rieb sich die Augen, sah sich um und merkte überrascht, wie weit sie gegangen war. Der öffentliche Strand hinter ihr war nur noch ein graues Komma, das sich an einen dunklen Wald schmiegte. Sie konnte nicht mal erkennen, ob da noch Menschen waren oder nicht.
Sie wollte gerade umkehren, als ihr etwas Pinkfarbenes ins Auge fiel. Sie hielt inne und sah den Strand hinauf.
Es war das Spielhaus mit dem Türmchen und der flatternden rosafarbenen Fahne.
Eigentlich traf sie nicht die Entscheidung, dorthin zu gehen. Vielmehr ertappte sie sich dabei, dass ihre Schritte sie dorthin führten, immer weiter, bis sie plötzlich unter einem riesigen Baum am Strand stand und das Spielhaus des kleinen Mädchens betrachtete.
Im Geiste allerdings war sie an einem ganz anderen Strand, in einer anderen Zeit, unter einem anderen Baum, im gedämpften Licht entfernt stehender Häuser, zusammen mit ihrer besten Freundin und dem Jungen, den sie für immer zu lieben glaubte.
Wir vergraben es.
Ein Pakt.
Wir werden uns nie trennen.
Wie naiv sie damals gewesen waren. In jenem Moment hatte sie an sie drei geglaubt, wie noch nie zuvor und nie wieder danach.
Sie bückte sich und spähte durch die kleinen Plastikfenster ins Schloss. Mehrere Barbies lagen in ihren Betten, ihre Kleider waren überall verstreut. Neben einem leeren Trinkpäckchen sah sie ein aufgeschlagenes Kinderbuch.
Hier spielte Grace allein.
Lexi fuhr mit den Fingern über das künstliche Schindeldach des Spielhauses und ging in den Garten. Dort war das Gras saftig grün – der Sommer hatte es noch nicht verdorren lassen. Hinter der Hütte ragte eine alte Holzterrasse in den Garten, die eindeutig nachträglich angebaut worden war. In einer Ecke stand ein alter Picknicktisch mit zwei Bänken, daneben ein abgedeckter Grill. Am splittrigen Holzzaun wuchsen Rosen, deren dünne Ranken wild übereinanderkletterten wie eifrige Jungen, die einem Mädchen leuchtend rosafarbene Blumen darbringen wollen.
Das Haus – Zachs Haus – war eine rustikale Holzhütte, deren Dach bereits Moos angesetzt hatte. Sie besaß zwei Kamine, an jedem Ende einen, so als hielten sie es zusammen. Lexi erinnerte sich wieder an die Party, die sie hier während der Highschool-Zeit besucht hatten. Das war, noch bevor in ihrer Klasse Alkohol ein Thema geworden war. Damals hatten nur wenige von ihnen etwas getrunken. Mia und Lexi hatten die meiste Zeit ganz allein am Strand verbracht und auf die Musik gelauscht. Zach war damals mit Emily Adamson zusammen gewesen, und Lexi erinnerte sich noch, wie schmerzhaft sie sich nach ihm gesehnt hatte.
Plötzlich ging die Schiebetür auf, und da war er.
»Lexi.«
Wie oft hatte sie davon geträumt, ihn wiederzusehen, ihren Namen wieder aus seinem Mund zu hören?
Er trat aus der Hütte und kam auf sie zu. Sie hatte so oft an ihn gedacht und sich sein Jahrbuchfoto so sehr eingeprägt, dass ihr sofort auffiel, wie sehr er sich verändert hatte. Er war größer, und seine Schultern waren breiter, obwohl er an Gewicht verloren hatte. Er trug ein graues Ripp-Shirt mit einem USC -Aufdruck und Khakishorts, die ihm auf den schmalen Hüften hingen. Sein Gesicht war schmal und wirkte wie gemeißelt. Er war nicht mehr der hübsche Herzensbrecher von einst, sondern wirkte hart und müde, und seine Augen waren traurig.
»Willst du nicht was sagen?«, fragte er.
»Ich wusste nicht, dass du hier bist.«
»Ich wusste nicht, dass du hier bist.«
Lag etwas Anklagendes in seiner Stimme? Sie erinnerte sich daran, dass er sie im Stich gelassen hatte, dass ihre Tochter unglücklich bei ihm war, doch irgendwie verflog das wieder. Ein Teil von ihr schmolz dahin, wie immer, wenn sie ihn sah. Das war ihre große Schwäche – er war ihre große Schwäche, und zwar vom ersten Moment an, da sie ihn gesehen hatte. Aber jetzt wusste sie es besser. Er hatte zugelassen, dass sie ins Gefängnis ging und das Sorgerecht für
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