Wie der Earl das Sandwich entdeckte (German Edition)
bis italienische Historiker den Gegenbeweis antraten …
Zurück nach Italien, wo es um 1300 in Genua und in Florenz schon lasagnari gab, kleine Familienbetriebe, die frische Pasta herstellten. Nicht nur die breiten Teigplatten, die wir als Lasagne kennen, sondern vor allem flache Bandnudeln, die heute zum Beispiel Tagliatelle oder Fettuccine heißen. Aus dem Wort allein lässt sich nicht schließen, wie die Pasta zubereitet wurde. Ein genuesisch-italienisches Wörterbuch beschreibt Lasagne 1837 als »pezzi quadrangolari di sottile foglia di farina … gli usi particulari del paesi, che si cuociono per minestra«, also als viereckige Stücke aus feinen Teigblättern, die vor allem auf dem Land als Suppeneinlage gegessen werden. Zu dieser Zeit servierte man an Heiligabend in Venedig eine torta di lasagne aus Pasta, Öl, Zwiebeln, Petersilie, Pinienkernen, Rosinen, Johannisbeeren und Orangeat, die ein englischer Gast mit Plumpudding verglich, woraus sich schließen lässt, dass das Ganze gekocht und nicht gebacken wurde. Wie eine zuppa mit Lasagne im 19. Jahrhundert zubereitet wurde, verrät Richard Dolby in The cook’s dictionary, wobei auch er einleitend erklärt, dass Lasagne eine Art flache Makkaroni sind: »Wasche und koche sie in Brühe wie Reis, mit etwas Salz, lass sie in einem Sieb abtropfen; leg einige lazagne mit etwas Butter darauf auf den Boden der Suppenschüssel und streue geriebenen Parmesan oder Gruyère darüber; darauf kommt wieder eine Lage lazagne und so fort, abwechselnd, bis die Schüssel voll ist, wobei die letzte Schicht Käse sein muss. Bräune es mit einem Salamander, gieße gute Brühe darüber und trage es auf.« Ein Salamander war damals ein flaches Eisen, das in offenem Feuer zum Glühen gebracht wurde.
Überbackene Lasagne, wie wir sie heute kennen, gab es nicht vor dem 18. Jahrhundert, als ein ähnliches Gericht zum Beispiel am Hof von Neapel serviert wurde. Aber im Jahrhundertwerk der italienischen Küche, dem Kochbuch La scienza in cucina e l’arte di mangiar bene von Pellegrino Artusi (1820–1911), das zum ersten Mal 1891 erschien und alle bekannten Gerichte Nord-und Mittelitaliens enthielt, kommt Lasagne noch nicht vor. Folglich spielte das Gericht in der bürgerliche Küche noch keine Rolle. Es waren erst die Restaurants, die es im 20. Jahrhundert zu einem Aushängeschild Bolognas machten. Aber es musste keineswegs unbedingt Lasagne mit Ragù und Bechamel sein. 1934 schrieb der italienische Gourmetjournalist Paolo Monelli voller Begeisterung über die Lasagne der Osterien Bolognas – gefüllt mit Käse, Trüffel und Hühnerleber … Und die Römerin Ada Boni erklärte den Lesern ihres Kochbuchs Il Talismano in den 1930er Jahren, Lasagne seien breite Makkaronistreifen, die abwechselnd geschichtet würden mit einer Mischung aus Ricotta, Mozzarella, Hackfleisch oder kleinen Fleischklößchen mit Sauce, ehe sie gebacken werden. Das klingt erstaunlich, aber sie wusste sicher, wovon sie spricht. Sie gibt auch fünf verschiedene Rezepte für Lasagne aus fünf Regionen an, und wenn wir heute glauben, Lasagne alla Bolognese sei das Maß aller Dinge, dann spricht das vor allem für die professionelle PR-Arbeit der Restaurants in Bologna, die ihre Lasagne eben so zubereiten. Also seit ein paar Jahrzehnten.
Nizzaer Salat
(Salade niçoise)
Wer jemals in Nizza war, hat dort wahrscheinlich auch Salat gegessen. Nicht irgendeinen, sondern den berühmten natürlich, Salade niçoise. Wobei die gehobene Gastronomie der Côte d’Azur ihn mittlerweile meistens gar nicht mehr auf der Karte hat, weil er zum Allerweltsgericht der Touristenlokale geworden ist, die daraus einen beliebigen gemischten Salat mit Thunfisch aus der Dose gemacht haben. Und was das richtige Rezept angeht, also das echte und unverfälschte, dazu hat jeder Einwohner Nizzas eine Meinung. Einig sind sich fast alle aber in einem Punkt: Gekochtes Gemüse gehört nicht in den Salat, weder Kartoffeln noch Bohnen. Aber gekochte Eier, die gehören rein – offenbar sind die ganz typisch für die Côte d’Azur …
Die Entstehung des Rezepts liegt jedoch völlig im Dunkeln, ein Erfinder kann beim besten Willen nicht ausfindig gemacht werden. Der Nizzaer Salat dürfte aber kaum vor dem Ende des 19. Jahrhunderts entstanden sein, und zwar in Restaurants; es handelt sich also nicht um ein »Hausfrauenrezept«. Es ist nicht mal sicher, ob der Salat zuerst in Nizza gegessen wurde. A la niçoise wurde damals in der feinen Küche so einiges
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