Wie der Earl das Sandwich entdeckte (German Edition)
bezeichnet habe. Diese Darstellung geht vor allem auf Marie Louise Ritz selbst zurück, die in der Biografie über ihren Mann schreibt, Escoffier habe den Toast im Jahr 1897 zunächst für sie erfunden und »Toast Marie« genannt; das wäre noch im Hotel Savoy in London gewesen. Die Opernsängerin sei damals schwer erkrankt, weshalb das dünne Brot Bestandteil ihrer Diät wurde. Madame Ritz selbst habe dann den neuen Namen vorgeschlagen.
Ob Nellie Melba in jenem Jahr wirklich krank war, lässt sich nicht mehr feststellen. Fakt ist dagegen, dass César Ritz und Escoffier im Frühjahr 1898 von der Hoteldirektion des Savoy gefeuert wurden, weil beide in großem Stil in die eigene Tasche gewirtschaftet hatten. Ritz wurde außerdem vorgeworfen, den größten Teil seiner Zeit eigenen Projekten zu widmen und kaum im Hotel präsent zu sein. Es ist daher extrem unwahrscheinlich, dass der ehrgeizige Manager Muße gehabt hätte, in der Küche mit gerösteten Brotscheiben zu experimentieren, egal für wen. Außerdem ist der Pfirsich für Nellie Melba ganz sicher älter als der Toast, der vor 1912 nirgends erwähnt wird. Falls er auf Escoffier zurückgeht, dann müsste er im Carlton in London oder im Ritz in Paris entstanden sein – während die Melba weiter im Savoy logierte.
Nelly Melba (um 1900)
Auguste Escoffier (vor 1900)
Rezept Pfirsich Melba
Es ist interessant zu wissen, dass Escoffier das Rezept für Pfirsich Melba im Laufe der Jahre mehrfach leicht geändert hat und bei jeder Veröffentlichung darauf bestand, dieses Rezept sei das Original.
»Pfirsiche in Vanillesirup pochieren, auf einer Schicht Vanilleeis anrichten und mit Himbeerpüree nappieren.«
Auguste Escoffier, Guide culinaire , Paris 1903
»Nimm sechs reife Pfirsiche …, tauche sie einige Sekunden in kochendes Wasser und lege sie dann mit Hilfe einer Siebkelle sofort in Eiswasser. Häute sie, lege sie auf einen Teller, streue etwas Zucker darüber und stelle sie kalt. Bereite sehr cremiges Vanilleeis zu. Passiere 250 Gramm frische Himbeeren durch ein feines Sieb, gib 150 g feinen Zucker zu dem Püree und stelle es kalt. Gib das Vanilleeis in eine silberne Schale, arrangiere die Pfirsiche auf dem Eis und bedecke sie mit dem Himbeerpüree. Als Variante können gehackte frische Mandeln darüber gestreut werden … Stelle die Schüssel vor dem Servieren auf Eis und bedecke die Pfirsiche mit einem leichten Schleier aus gesponnenem Zucker.«
Rezept von Auguste Escoffier, veröffentlicht in seinen Memoiren: Souvenirs inedits – 75 ans au service de l’art culinaire , Paris 1985
»Reife weiche Pfirsiche mit weißem Fleisch einige Sekunden in kochendes Wasser legen; danach sofort in Eiswasser legen und schälen. Die Pfirsiche auf eine mit Zucker bestäubte Platte setzen und kühl halten. Sollten die Pfirsiche noch nicht reif genug sein, so gebe man sie in eine flache Kasserolle oder eine Kupferpfanne, bedecke sie mit einem leichten Sirup, pochiere sie einige Minuten und lasse sie im Sirup erkalten. Die Pfirsiche auf einer Schicht Vanilleeis anrichten und mit einem gezuckerten Himbeerpüree überziehen. Nach Belieben einige frische gehackte Mandeln beigeben, jedoch niemals getrocknete. Pfirsich Melba weist keinerlei Dekoration auf, vor allem keine Schlagsahne.«
Handschriftliches Rezept von Auguste Escoffier, veröffentlicht in Ernst Pauli, Lehrbuch der Küche , Luzern 1930
Prinzregententorte
Die vielschichtige Prinzregententorte ist für München das, was die Sachertorte für Wien ist – ein süßes Aushängeschild. Gewidmet wurde sie ohne jeden Zweifel Prinz Luitpold von Bayern (1821–1912), der nach dem rätselhaften Tod seines Neffen Ludwig II. im Starnberger See im Jahr 1886 die Regentschaft übernahm; den Königstitel führte sein Bruder Otto, der wegen schwerer psychischer Störungen aber regierungsunfähig war. Der bei der Bevölkerung sehr beliebte volkstümliche Prinz soll »seine« Torte sehr gerne gegessen haben. Aber wer hat sie kreiert und zu welchem Anlass? Angeblich stehen die acht Biskuitschichten ja für die ehemals acht Regierungsbezirke Bayerns; soviel Patriotismus traut man einem bayerischen Konditor allemal zu. Passend wäre es sicher gewesen, das süße Werk zu einem der runden Geburtstage des Prinzregenten zu präsentieren, also 1881, 1901 oder schließlich 1911, als er 90 Jahre alt wurde. Dieses Datum wird auch in der Literatur favorisiert, ist aber mit Sicherheit falsch, weil schon vor 1900 die ersten Rezepte für die Torte
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