Wie der Earl das Sandwich entdeckte (German Edition)
mit Parmesan und Safran gewürzte Wurst) hinzu, und die Brühe wurde mit Safran gefärbt. Fast fünfzig Jahre später war daraus in Il nuovo cuoco milanese der »Riso giallo alla milanese« mit Butter, Safran und geriebenem Käse geworden. Der Weißwein, der heute in vielen Rezepten vorkommt, hat vor allem den Zweck, mit seiner Säure das Fett des Rindermarks zu lösen und bekömmlicher zu machen; früher kam er aber nur selten in den Rezepten vor. Erst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden genaue Vorschriften, wie »echter Risotto« zu kochen ist, angefangen von der richtigen Reissorte über das allmähliche Zugeben der Flüssigkeit bis zur korrekten Rührtechnik. Nach den alten Rezepten zu urteilen, haben Generationen von Köchen da einiges falsch gemacht … Vor gut hundert Jahren wäre niemand auf die Idee gekommen, Risotto stundenlang breiig zu rühren – für solche Sperenzchen hatten die meisten Hausfrauen überhaupt keine Zeit. Der folgende Bericht, der 1845 in der Zeitschrift Das Ausland erschien, klingt aus heutiger Sicht jedenfalls einigermaßen erstaunlich: »Der Reis ist in der Lombardei Grundlage der Nahrung für alle Classen … man ißt alle Tage Reis, und der Risotto ist immer die erste Speise. Die Italiener essen den Reis (nur) halb gekocht, so daß er noch ganz seine Form hat … In der Lombardei setzt man den Reis erst übers Feuer, wenn alles beisammen ist, denn die Zeit bis man Platz nimmt, reicht hin, um ihn zu kochen.«
Rezept Risotto milanese
Zutaten: 500 g Reis, 80 g Butter, 40 g Rindermark, eine halbe Zwiebel, guter Weißwein (zwei Drittel eines Glases), Safran nach Bedarf (um den Reis gelb zu färben), Parmesan, Brühe. Zubereitung: Die Zwiebel hacken und mit dem Mark und der Hälfte der Butter aufs Feuer stellen. Wenn sie gut gebräunt ist, den Reis zugeben, nach einigen Minuten mit dem Wein ablöschen und ihn in Brühe kochen lassen. Bevor er vom Feuer genommen wird, den Reis mit der anderen Hälfte der Butter und Parmesan vermischen und mit zusätzlichem Parmesan zu Tisch geben.
Quelle: Pellegrino Artusi, La scienza in cucina e l’arte di mangiar bene , Selbstverlag 1891
Riz Casimir
Bei uns ist Riz Casimir kaum bekannt: geschnetzeltes Kalbfleisch in Currysauce mit exotischen Früchten und Reis. In Indien kennt man dieses Gericht allerdings auch nicht – es ist ein Klassiker der Schweizer Küche! Als Erfinder gilt Mövenpick-Gründer Ueli Prager (1916–2011). Aus heutiger Sicht erscheint das Gericht nicht besonders spektakulär, aber in den 1950er Jahren bedeutete es den Gipfel an Exotik. Riz Casimir wurde schnell eines der erfolgreichsten Gerichte bei Mövenpick; noch im Jahr 2002 wurde es von 80.000 Gästen geordert. Womit auch klar ist, dass Toast Hawaii kein peinlicher Ausrutscher deutscher Kulinarik und Beweis für unseren schlechten Geschmack ist – das Bedürfnis nach neuen Geschmacksnoten und exotischen Zutaten erfasste in der Nachkriegszeit gleich mehrere Länder.
Prager, Sohn eines Hoteliers, eröffnete 1948 sein erstes Restaurant in Zürich und innerhalb weniger Jahre mehrere Filialen in der Schweiz, aus denen schließlich eine internationale Kette wurde. Der Name »Mövenpick« stand für sein Konzept: eine moderne Gastronomie mit frischen Zutaten für Leute mit wenig Zeit, die ihr Essen wie eine Möwe im Flug schnell und unkompliziert »aufpicken« wollen. Riz Casimir erschien zum ersten Mal 1952 auf den Mövenpick-Speisekarten und erwies sich als außerordentlich populär. Schon 1960 erschien ein Rezept dafür im bekannten Kochbuch von Elisabeth Fülscher.
Selbst in Pragers Familie wusste lange Zeit niemand, wieso der Restaurantgründer sein Currygericht ausgerechnet Riz Casimir genannt hatte – niemand aus seinem Bekanntenkreis hieß so. Seine Familie kam schließlich auf die Idee, dass er an die Region Kaschmir in Nordindien gedacht hat. Der entscheidende Hinweis dürfte aber sein, dass Prager vor 1948 einige Zeit in London gearbeitet hat. (Quelle: www.saison.ch , aufgerufen am 2. Februar 2012) Dort gab es damals schon etliche indische Restaurants und – was bislang noch niemandem in der Schweiz aufgefallen ist: Auf deren Speisekarte stehen unter anderem Kashmir dishes . Hier die Beschreibung eines britischen Restaurantführers: » Kaschmir , das indische Pendant zu chinesischen Süß-Sauer-Gerichten mit Zwiebeln, Gewürzen und süßen Früchten. Kaschmir-Curry ist mild und wird zubereitet mit Huhn, Lamm oder Garnelen, gekocht in Koskosmilch
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