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Wie der Earl das Sandwich entdeckte (German Edition)

Wie der Earl das Sandwich entdeckte (German Edition)

Titel: Wie der Earl das Sandwich entdeckte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Foede
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Gegenspieler angeblich zurief: »Bei meiner Seele Wilkes, ich weiß nicht, ob Ihr eher am Galgen oder an einer Geschlechtskrankheit sterben werdet«, worauf dieser erwiderte: »Das kommt darauf an, mein Lord, ob ich mir zuerst Ihre Prinzipien oder Ihre Geliebte aneigne.« Einige Jahre zuvor gehörten beide noch gemeinsam sowohl dem Beefsteak-Club als auch einer ominösen atheistischen Vereinigung an, später »Hellfire-Club« genannt, deren erklärte Ziele Gotteslästerung und sexuelle Ausschweifungen waren. Die Mitglieder trugen bei ihren Treffen angeblich Mönchskutten und vergnügten sich mit Prostituierten im Nonnengewand.
    Damit nicht genug, hatte Montagu den Ruf, ein notorischer Frauenheld mit zahlreichen Liebschaften zu sein, woran auch seine Heirat 1741 nichts änderte. Für reichlich Gesprächsstoff sorgte schließlich seine »Doppelehe«: Nach dem Motto »Ist der Ruf erst ruiniert …« lebte der Earl seit 1762 mit seiner jungen Geliebten, der bürgerlichen Martha Ray, auf seinem Landsitz in eheähnlicher Gemeinschaft zusammen und zeugte mit ihr im Laufe von siebzehn Jahren mehrere Kinder. Angeblich wohnte auch seine legitime Ehefrau, die 1767 offiziell für geisteskrank erklärt wurde, noch eine Zeitlang dort. Es heißt, Montagu habe die hohen Kosten einer Scheidung gescheut.
    Angesichts dieses doch recht exzentrischen Lebenswandels stellt sich die Frage, ob die englische High Society damals beim Stichwort »Sandwich« vor allem an die belegten Brote des Earls gedacht hat. Erstaunlicherweise wird das Sandwich genau zu der Zeit populär, als Montagus Skandale für Aufsehen sorgen. Seine politischen Gegner verzehren im »Cocoa-Tree Club« widerspruchslos die Klappstullen, die seinen Namen tragen. Umgekehrt hat scheinbar nie jemand mit eigenen Augen gesehen, wie der Earl den angeblich von ihm erfundenen Imbiss zu sich nahm, obwohl seit der ersten Erwähnung bis zu seinem Tod 1792 ganze dreißig Jahre vergehen. Irgendetwas kann da nicht stimmen. Es mag gewagt erscheinen, aber ich habe den Verdacht, dass das Brot ohne jedes Zutun des Earls zu seinem Namen gekommen ist, und »ein Sandwich« zunächst etwas ganz anderes war, nämlich ein Mann zwischen zwei Frauen, so wie es eine Karikatur aus dem Jahr 1788 zeigt. Wenn Christoph Wagner in seinem Buch über Fast Food schreibt: »So pflegte Seine Lordschaft mit seiner Ehefrau und einer Geliebten namens Margaret Ray (mit der er übrigens vier uneheliche Kinder hatte) im selben Bett zu schlafen«, dann gibt er damit Klatsch wieder, der vermutlich schon zu Lebzeiten Montagus kolportiert wurde und der sich mit einer Scheibe Fleisch zwischen zwei Brotscheiben ganz wunderbar darstellen ließe … Die frühen Sandwiches wurden jedenfalls ausschließlich mit Fleisch belegt und nur von Männern gegessen! Gerade diejenigen, die den Politiker nicht ausstehen konnten, werden gerne hineingebissen haben.
    Das erste gedruckte Rezept für Sandwiches erschien 1773 im Kochbuch von Charlotte Mason und lautete: »Lege sehr dünne Scheiben Rindfleisch zwischen dünne Scheiben Brot mit Butter, schneide die überstehenden Enden sauber ab, lege sie in eine Schüssel. Kalbfleisch und Schinken können auf dieselbe Weise serviert werden.« (Quelle: www.enotes.com , aufgerufen am 28. Mai 2012) Als Miss Mason diese Anleitung niederschrieb, hat sie garantiert keine zweideutigen Gedanken gehabt – aber sie war Jungfer, Haushälterin im Kurort Bath und nie in einem Londoner Herrenclub gewesen. Die fragilen Weißbrotschnittchen mit Kresse oder Gurkenscheiben, die englische Ladys schon bald zum Tee anboten, hätte der Earl aber vermutlich als Beleidigung aufgefasst.

John Montague (1783, Gemälde von Thomas Gainsborough, Ausschnitt)

Karikatur John Montagus, Earl of Sandwich (1788)

Seezunge Marguery
    Die französische Küche war lange Zeit die einflussreichste in Europa und dominierte den Geschmack der Zeit so wie heute die italienische. Zu den Klassikern gehört die Seezunge Marguery, benannt nach einem Pariser Restaurant, das es heute nicht mehr gibt. Die dazugehörige Buttersauce mit Shrimps und Muscheln ließ die internationale Feinschmeckerwelt einst in regelrechte Jubelarien ausbrechen. Es ist nicht ganz sicher, ob der Inhaber Jean-Nicolas Marguery (1834–1910) dieses Fischgericht selbst erfunden hat. Sein Café eröffnete er um 1860 am Boulevard Bonne-Nouvelle, einige Zeit später wurde daraus ein Restaurant. Das Seezungenfilet stand anfangs wohl noch nicht auf der Karte, jedenfalls wird

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