Wie deutsch ist das denn?!
ein uralter Kultbaum– und nicht nur das: Sie steht sogar wortwörtlich für Kultur, denn die Begriffe » Buch « und » Buchstabe « sind direkt von ihr abgeleitet. Beide beziehen sich auf Buchenholztafeln, die ein verbreitetes Schreibmaterial waren, bevor das Papier erfunden wurde.
Einziger Nachteil der Buche gegenüber der Eiche ist die Tatsache, dass sie selten älter wird als drei- bis vierhundert Jahre– als Symbol für Stärke und Dauerhaftigkeit bringt sie also keine Idealvoraussetzungen mit. Immerhin hat die deutsche Buche 2011 endlich die verdiente Würdigung als landschaftsprägender Baum erfahren: Auf deutschen Antrag erklärte die UNESCO -Kommission für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Paris fünf alte deutsche Buchenwälder zum Weltnaturerbe.
Die Linde wiederum ist zwar als Waldbaum weniger verbreitet, aber dafür in fast allen deutschen Städten und Dörfern zu finden und auch als Alleebaum überaus beliebt. Notabene: Über zwei Drittel sämtlicher alten Linden Europas stehen in Deutschland! In zahlreichen Gemeinden war und ist die » Dorflinde « der Ortsmittelpunkt; unter ihr fanden Hochzeit, Kirchweih und Tänze statt, und nach der altgermanischen Tradition des Thing wurde unter der Linde vielfach auch das Dorfgericht abgehalten.
Vor allem aber ist die Linde der Sehnsuchtsbaum der deutschen Romantik, weswegen sie in zahllosen Gedichten, Geschichten und Liedern des 18. und 19. Jahrhunderts ihren seelen- oder schmerzvollen Auftritt hat. Das 1832 von Wilhelm Müller verfasste Gedicht » Der Lindenbaum « ( » Am Brunnen vor dem Tore « ) ist mit Franz Schuberts Melodie zu einem der populärsten deutschen Volkslieder geworden, und auch in dem 1840 entstandenen Lied » Kein schöner Land in dieser Zeit « trifft man sich bekanntlich » unter Linden « . Beste Referenzen also für die Linde, um sich ebenfalls als deutscher Nationalbaum zu empfehlen. Im Deutschen Kaiserreich wurden immerhin Kaiserlinden und Friedenslinden gepflanzt, und ab 1933 kamen Adolf-Hitler-Linden in Mode, die vielfach heute noch stehen (schließlich können sie nichts für ihren Taufnamen).
Dass die Eiche im Rennen um das Dauerprädikat » deutsch « letztlich doch den Sieg davongetragen hat, verdankt sie weniger historisch gewachsenen Traditionen als dem erwachenden deutschen Nationalbewusstsein zur Zeit der Befreiungskriege gegen Napoleon, das einfach nach einem starken Identifikationssymbol verlangte. So stiftete Preußenkönig Friedrich Wilhelm III . 1813 das » Eiserne Kreuz « mit drei Eichenblättern als Kriegsauszeichnung, und so entstanden reihenweise eichenhaltige Kampfgedichte– wie Theodor Körners » Bundeslied vor der Schlacht « , das vor vaterländischem Pathos nur so überschäumt:
Hinter uns, im Grau’n der Nächte,
Liegt die Schande, liegt die Schmach,
Liegt der Frevel fremder Knechte,
Der die deutsche Eiche brach.
Unsre Sprache ward geschändet,
Unsre Tempel stürzten ein;
Unsre Ehre ist verpfändet,
Deutsche Brüder, löst sie ein!
Daß sich der Fluch der Himmlischen wende!
Löst das verlor’ne Palladium ein!
Diese volkstrunkenen Zeiten und Zeilen haben die Eiche zum Sinnbild deutschen Heldentums werden lassen; spätestens mit der Reichsgründung 1871 wurde sie dann endgültig zum nationalen » Schicksalsbaum « verklärt. Und ob wir wollen oder nicht, wir kommen fast täglich mit ihr in Berührung. Seit dem Kaiserreich ziert Eichenlaub auch die Rückseite der deutschen Kupfermünzen– und das ohne Unterbrechung von der Reichsmark bis hin zum Euro. Na, zumindest diesen Platz können wir ihr lassen. Stimmt so.
Deutsche Namen
Mein Gott, Michel!
Preisfrage: Welcher Name kommt in Deutschland am häufigsten vor?
Bingo! Natürlich ist es Müller. Ein Familienname, der so deutsch klingt, als wäre er extra für die Eigenheiten unseres Alphabets erfunden worden, und der sämtliche anderen– einschließlich aller Vornamen– weit auf die hinteren Ränge verweist. Über 700 000 Müllers gibt es im deutschen Sprachraum– damit könnte man nahezu die Plätze aller Stadien der Ersten Bundesliga füllen. Rechnet man die Schreibweisen Möller und Miller hinzu, sind es sogar über 780 000.
Aber nicht nur, dass wir den Namen mit unseren schweizerischen und österreichischen Nachbarn sowie über 200 000 weiteren Miller in der englischsprachigen Welt teilen müssen– ausgerechnet er, der sich so wunderschön mit der deutschen Wanderlust verbindet, ist in Wahrheit gar kein Germane, sondern stammt
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