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Wie deutsch ist das denn?!

Wie deutsch ist das denn?!

Titel: Wie deutsch ist das denn?! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Ahrens
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den bedeutungsschweren Begriff. Zwar gibt es auch jede Menge Gasthäuser » Zur Linde « , aber den Namenszusatz » deutsch « trägt kein einziges von ihnen.
    Was also ist an der Eiche so deutsch, dass sie es in Verbindung mit diesem Attribut zu einer solchen Popularität bringt? Hat sie vielleicht ihren Ursprung in Deutschland? Oder sind wir Weltmeister, was die Eichenvorkommen in unseren Wäldern betrifft?
    Weder noch. Eigentlich müsste daher auch die Rangfolge der Google-Treffer ganz anders ausfallen– denn aus botanischer Sicht wäre es weit übertrieben, die Eiche in den Rang des deutschen Nationalbaumes zu erheben. Die größte Verbreitung haben bei uns in Wirklichkeit Buchen (übrigens enge Verwandte der Eichen). Sie machen rund 15 Prozent des deutschen Baumbestandes aus, während Eichen nur auf knapp zehn Prozent kommen. Sehr landes- und kulturtypisch sind außerdem Linden, und das alles lässt sich sehr schön an unseren Dorf- und Städtenamen ablesen. Ein Blick in den Atlas rückt die Verhältnisse zurecht: Sowohl Eichen als auch Buchen und Linden sind als Taufpaten absolute Hits– die beiden Erstgenannten kommen auf jeweils rund tausend Ableitungen, die Linde auf etwa 850. Auch bei Familiennamen herrscht in etwa Gleichstand, was die Herkunft von den Wortstämmen Eiche, Buche und Linde betrifft.
    Davon ganz abgesehen, ist die Eiche alles andere als ein » typisch deutsches « Gewächs. Im Gegenteil: Eichenbäume bevölkern praktisch die gesamte nördliche Erdhalbkugel. Es gibt sie in Europa, Nordafrika, Asien, Nord- und Mittelamerika und sogar im äußersten Nordwesten des südamerikanischen Kontinents (die australische Silbereiche gehört dagegen trotz ihres Namens zu einer anderen Pflanzenfamilie). Nach einer aktuellen Zählung wachsen allein in Kalifornien fast eine halbe Milliarde Eichen, die zusammen über 46 000 Quadratkilometer Eichenwald bilden– das entspricht nahezu der Gesamtfläche Niedersachsens.
    Und auf dieser Seite des Atlantiks? Da liegt nicht etwa Deutschland an der Spitze, sondern Frankreich, dessen Eichenwälder eine Gesamtfläche von fast 60 000 Quadratkilometern bedecken. Mit nicht mal einem Fünftel dieser Fläche nimmt sich Deutschland dagegen eher wie ein Eichen-Zwergstaat aus.
    Auch die Verehrung der Eiche als Heiligtum und mythisches Kraftsymbol ist keine altgermanische Spezialität, sondern findet sich in vielen antiken Kulturen. In Griechenland etwa wähnte man im Eichenbaum den Ursprung der Menschheit, und schon im Römischen Imperium wurden die Sieger bei den Kapitolinischen Spielen– einem frühen Ableger der Olympischen Spiele– mit einem Kranz aus Eichenlaub geehrt. Interessanterweise verbindet sich mit der Eiche auch in fast allen Kulturen der Gedanke an Unwetter. Bei den Griechen und Römern war sie dem Blitze schleudernden Hauptgott Zeus bzw. Jupiter geweiht, bei den Kelten dem Donnergott Taranis, bei den Germanen dem Gewittergott Donar, in der baltischen Mythologie dem Donnergott P ē rkons. Tatsächlich scheint es so, als wäre die Eiche ein bevorzugtes Ziel von Blitzen– was aber lediglich daran liegt, dass Eichen häufiger als andere Bäume einzeln in der Landschaft stehen und damit entsprechend einschlagsgefährdeter sind. Die alte Volksweisheit » Vor den Eichen sollst du weichen « wendet man also besser auf alle Bäume an.
    Davon abgesehen haben Eichen tatsächlich etwas Ehrfurchtgebietendes an sich: Als lebende Bäume werden sie ohne Weiteres über tausend Jahre alt, und auch ihr Holz ist besonders hart und dauerhaft. Von daher wundert es nicht, dass man beim Militär noch heute gern Eichenlaub (stellvertretend für den ganzen Baum) als Schmuck für Orden und Rangabzeichen verwendet. Ein Eichenblatt bildet auch das Symbol der Konservativen Partei Großbritanniens.
    Das Etikett » typisch deutsch « hingegen steht, wie gesagt, nach der Faktenlage eher den Buchen und Linden zu.
    Die Buche, noch heute der meistverbreitete Laubbaum in Deutschland, war bis zum Spätmittelalter die absolute Königin unserer Wälder. Parallel zur rasant zunehmenden Eisenherstellung begannen sich die Buchenwälder dann allerdings massiv zu lichten. Ihr Holz war für den Betrieb der Schmelzöfen unerlässlich, denn nur mit Buchenholzkohle ließen sich die nötigen Temperaturen erreichen, um Roheisen aus Erzen zu lösen. So sind von der einstigen deutschen Buchenpracht im Vergleich zum ersten Jahrtausend nur noch Restbestände geblieben.
    Wie die Eiche ist übrigens auch die Buche

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