Wie deutsch ist das denn?!
Gedanken gekommen ist, dass alles mit einer königlichen Schwärmerei für Olympische Spiele angefangen hat?
Danke jedenfalls, ihr Griechen, für die wunderbare Grundidee!
Preußentum
Disziplin à la française
Der Staat Preußen ist längst Geschichte– aber die » preußischen Tugenden « , heißt es oft, würden in uns Deutschen unverändert fortleben: Fleiß, Disziplin, Zuverlässigkeit, Pflichtbewusstsein, Pünktlichkeit und wie sie alle heißen. Leider auch die preußischen Untugenden, so will es das Klischee: Ordnungswut, Obrigkeitsgläubigkeit, militärisches Zackzack und Kadavergehorsam.
Spätestens hier wird jeder Bayer sofort Einspruch erheben: » Preißn « , das seien ja wohl die Völker nördlich des Mains, mit denen man nichts zu schaffen habe. Auch Schwaben und Badener dürften dem entschieden zustimmen– und erst recht die Österreicher, die doch mit den Preußen immerhin Seite an Seite gegen den gemeinsamen Erzfeind Napoleon kämpften.
Schon daran erkennt man, wie unterschiedlich die Sichtweise der Volksstämme zwischen Ostsee und Alpen auf die gemeinsame deutsche Identität ist. Doch wie immer man dazu steht– das Königreich Preußen macht einen Großteil der deutschen Geschichte aus, und seine Kultur hat uns zweifellos einen von vielen Stempeln aufgeprägt. Immerhin war dieser ursprünglich schmale Landstrich an der Danziger Bucht, der im 18. Jahrhundert unaufhaltsam zur Großmacht aufstieg, rund 250 Jahre lang neben Österreich das zweite politische Schwergewicht innerhalb des deutschen Sprachraums. Das gilt auch flächenmäßig: Zur Zeit seiner größten Ausdehnung, im Deutschen Kaiserreich von 1871 bis 1918, umfasste Preußen ein Gebiet von mehr als 348 000 Quadratkilometern. Zum Vergleich: Die gesamte heutige Bundesrepublik bringt es auf gerade mal achttausend Quadratkilometer mehr.
Aber wie deutsch sind oder waren die Preußen wirklich? Und wie deutsch ist das » Preußentum « ?
Blickt man weit zurück in die Geschichte, so wird man überrascht feststellen, dass die Preußen ursprünglich gar keine Deutschen waren, sondern Balten, genauer gesagt, Prußen (oder Prusai, wie sie sich in ihrer eigenen Sprache nannten). Diese frühen Siedler– zwölf Stämme, die sehr unterschiedliche Mundarten sprachen– sind im Lauf der Geschichte zuerst im bunten Mischvolk Preußens, dann Deutschlands aufgegangen. Bevor im 13. Jahrhundert ihre Bekämpfung und Unterwerfung begann, erstreckte sich ihr Gebiet von der oberen Weichsel bis zur unteren Memel. Die Keimzelle Preußens gehört also tatsächlich zum Baltikum– somit ist sie eng mit den Litauern und Letten verwandt, aber eben nicht mit den Deutschen.
Die erste schriftliche Erwähnung der Prußen findet sich im 10. Jahrhundert im Reisebericht eines jüdischen Kaufmanns aus Spanien, der sie dort Brus nennt. In mittelalterlichen Quellen erscheinen sie auch als Pruzzen. Allgemein wurden sie scheel beäugt, denn als Anhänger einer Naturreligion waren sie den christlich getauften Herrschern zwangsläufig suspekt. Dem polnischen Herzog Konrad von Masowien wiederum missfiel, dass ihm die keineswegs auf Partnerschaft erpichten Prußen den Zugang zum Meer versperrten– so versuchte er unter dem Vorwand der Missionierung mehrmals vergeblich, ihr Gebiet zu erobern. 1226 rief er schließlich die Ritter des Deutschen Ordens zu Hilfe, aber auch diese holten sich zunächst blutige Köpfe. Erst nach wiederholtem Anrennen gelang 1234 der erste siegreiche Feldzug, in dessen Gefolge die zwölf Stämme nach und nach im neu gegründeten Ordensstaat aufgingen. Allerdings sollte es noch ein halbes Jahrhundert dauern, bis sich die Prußen endgültig geschlagen gaben.
Nach der Unterwerfung des widerspenstigen Baltenvolks öffnete der Deutsche Orden die Schleusen für Zuwanderer aus aller Herren Länder– der Beginn einer Durchmischung, wie sie für unsere gesamte Herkunft im Grunde typisch ist ( » Deutsches Volk « ). Zwar konnten sich die Prußen bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts Reste ihrer Identität bewahren, doch schon etwa ab dem 15. Jahrhundert verschmolzen sie zunehmend mit Neusiedlern aus dem deutschen und polnischen Sprachraum. Seit dem 17. Jahrhundert gelten auch ihre Dialekte als ausgestorben.
So viel zur Vorgeschichte der Preußen.
Von Dauer war auch der gewaltsam errichtete Deutschordensstaat nicht– ab 1466 zerfiel er in diverse Herzog- und Fürstentümer, bis schließlich 1701 das Herzogtum Preußen zum Königreich erhoben wurde.
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