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Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Titel: Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Schubert
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Opfer, das bei diesem Angriff beinahe sein Bein verloren hatte, ein Mitglied der Brigade 81, der Aufforderung des Gerichtes, eine umfassende Aussage zu machen, um diese schweren Taten aufzuklären, nicht nachkam, ja diese nur mit einem Achselzucken kommentierte, kam bei dem Vorsitzenden Richter Matthias F. besonders schlecht an. Er ließ den Mann noch im Gerichtssaal verhaften und in Beugehaft stecken. Zwei weitere Opfer kamen mit ihrer Aussageverweigerung vor Gericht durch, da sie zu Protokoll gaben, sich damit selbst belasten zu müssen.
    Lediglich ein ehemaliges Mitglied der Brigade 81 sagte aus. Der 30-jährige Arbeitslose gab an, dass er nach seinen lebensgefährlichen Verletzungen durch Stiche in den Hals und Brustbereich nichts mehr mit Rockerclubs zu tun haben wolle. Er bestätigte die Verfolgungsjagd, das Rammen der Fahrzeuge und den Angriff durch bewaffnete Täter. Zu diesen konnte er allerdings keine weiteren Angaben machen, da sie vermummt gewesen seien. Er begründete den brutalen Übergriff mit anhaltenden Revierkämpfen der Hells Angels und der Bandidos in der Gegend um Eberswalde.
    Am 23. Januar 2012 sprach der Richter Matthias F. sein Urteil gegen die Beschuldigten Christopher H. und Sepher F. Es glich einem Paukenschlag und führte zu Jubelszenen im Gerichtssaal: Freispruch aus Mangel an Beweisen.
    Das Verfahren litt nicht nur unter dem Schweigegesetz in der Rockerszene, sondern auch darunter, dass beinahe jeder Protagonist jener Nacht in der Zwischenzeit Mitglied des Hells Angels MC geworden war, denn zahlreiche Mitglieder des Chapters El Centro von Kadir P. waren über Nacht zu den Höllenengeln übergetreten. Dass die Angreifer dem mächtigen Präsidenten der Nomads schwere Verletzungen zugefügt hatten, blockierte das Patchover nicht. Die taktischen Erwägungen der Angels-Führung angesichts einer sich abzeichnenden Niederlage im Berliner Rockerkrieg wogen anscheinend schwerer als alle persönlichen Empfindlichkeiten der verletzten Hells Angels. »Taking care of Business« konnte auch auf ein fast abgetrenntes Bein und ein Messer im Rücken eines Präsidenten keine Rücksicht nehmen.
    Das Gericht begründete seine Freisprüche schweren Herzens damit, dass an dem auf Sepher F. zugelassenen Opel zwar Glassplitter und Lackpartikel von den verfolgten Autos sichergestellt wurden, der Opel jedoch einige Kilometer vom eigentlichen Tatort entfernt aufgefunden wurde. Auch die DNA-Spur von Christopher H. an der blutverschmierten Machete reichte dem Richter nicht aus. Schließlich soll die Machete aus dem Clubhaus der damaligen Bandidos gestammt haben. Dort könne sie der 28-Jährige »vielleicht irgendwann in den Händen« gehabt haben. Die Handys von Sepher N. und Christopher N. wurden zwar seit geraumer Zeit wegen des Verdachts des Drogenhandels überwacht, aber die erhobenen Daten brachten keine neuen Erkenntnisse, da die Beschuldigten sie in der Tatnacht ausgeschaltet hatten. Die restlichen Indizien reichten dem Richter für einen Schuldspruch nicht aus, trotz eines eindringlichen Plädoyers des Staatsanwaltes, der vor sizilianischen Verhältnissen warnte und eine langjährige Haftstrafe wegen versuchten Totschlags forderte. Der Richter blieb bei seinen Freisprüchen. Christopher H., mittlerweile ein führendes Mitglied der Berliner Hells Angels, verließ den Gerichtssaal als freier Mann und wurde standesgemäß von einem Mercedes S-Klasse abgeholt.
    Im Sommer 2009, am 14. August, wurde der ehemalige Hells Angel Michael B., 33, vor seiner Haustür im Berliner Stadtteil Hohenschönhausen auf offener Straße erschossen. Die Täter sind bis heute nicht ermittelt worden, ebenso wenig die exakten Motive für diesen Mord. Berliner Polizisten sind sich aber sicher, dass die Täter in den Reihen der einstigen Brüder zu finden sind. Nach Gerüchten aus der Szene und den Erkenntnissen der Polizei stand der Ermordete unmittelbar vor einem Wechsel von den Hells Angels zum Bandidos MC. Wenn das stimmt, hatte er mit seinem persönlichen Patchover das eigene Todesurteil unterschrieben.
    Die Rekonstruktion der Tat liest sich wie die Szenerie eines düsteren Cop-Thrillers aus Hollywood, der vor der Kulisse der am Horizont aufragenden Plattenbauten Ostberlins spielt. Gegen Mitternacht schreckten Anwohner durch Schüsse in der Nachbarschaft aus dem Schlaf. Sie sahen noch, wie ein schwarzer Van mit quietschenden Reifen vom Tatort flüchtete. Auf dem Asphalt blieb Michael B. blutend zurück. Der Kampfsportler schleppte

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