Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
nieder und verletzten ihn lebensgefährlich. Dem 50-Jährigen gelang es trotz mehrerer Stiche in Beine und Rücken, einen Bekannten per Handy zu alarmieren, der ihn neben seinem Auto liegend vorfand. Das LKA Brandenburg übernahm die Ermittlungen wegen versuchten Mordes, doch Hocko schwieg zu den Umständen der Tat.
Am 22. Februar 2012 durchsuchten Spezialeinheiten die Wohnungen der Hells Angels Danilo B. und Christian M. Die beiden Höllenengel, der aktuelle Präsident des Berliner Nomads-Charters, André S., und zwei weitere Rocker standen im Verdacht der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder), an der Attacke auf Hocko beteiligt gewesen zu sein. Der Tatvorwurf lautete auf Mordversuch. Alle Beteiligten schwiegen. Wie immer.
Bandidos gewinnen immer mehr Schlachten in Berlin
Die Ermittler im Bereich Rockerkriminalität der LKAs Berlin und Brandenburg sahen den Bandidos MC zu diesem Zeitpunkt als eindeutigen Gewinner des Berliner Rockerkrieges an. In puncto Gewaltbereitschaft, Brutalität und Mitgliedergewinnung hatten die Hells Angels in der Hauptstadt ihrem Feind nichts mehr entgegenzusetzen. Berliner Ermittler beobachteten schon seit geraumer Zeit, dass die sechs Berliner Bandidos-Chapter einschließlich ihrer Supporter-Clubs ihre Aufnahmekriterien immer weiter abschwächten. Das trug Früchte und befeuerte die Expansionsbestrebungen nachhaltig.
Dabei war es besonders die Rekrutierung immer größerer Zahlen krimineller Ausländer, die meist weder ein Motorrad noch eine entsprechende Fahrerlaubnis besaßen, die zur Verschärfung der Situation in Berlin beitrug. Die Angels gerieten immer weiter in die Defensive und waren nicht mehr in der Lage, brutalste Angriffe auf ihre Führungskräfte mit der sonstigen Schlagkraft zu vergelten. Nur dadurch, dass sie einige brutale Exempel statuierten, konnten sie verhindern, in Berlin gänzlich den Boden unter den Füßen zu verlieren.
In dieser Kategorie verorteten die Ermittler auch den Mord an Michael B. vor dessen Wechsel zu den Bandidos. Da die Angels mit ihrer Rekrutierung weit hinterherhinkten, beabsichtigten sie, die eigenen Reihen mit aller Gewalt fest geschlossen zu halten. Die Stoßrichtung des Mordes galt weniger dem Bandidos MC als vielmehr den eigenen Mitgliedern: Wer übertritt, ist tot!
Die Berliner Polizei war kaum noch in der Lage, die ausufernden Rockeraktivitäten in der Hauptstadt adäquat zu verfolgen oder gar strafrechtlich zu ahnden. Der Berliner Chef der Gewerkschaft der Polizei, Eberhard Sch., äußerte sich frustriert: »Die Rocker verpflichten ständig Nachwuchs, bei uns gibt es einen Personalstopp. Wer da am Ende den längeren Atem hat, ist doch klar.«
In den Polizeibehörden der Hauptstadt stellten sich die Beamten darauf ein, dass die unterlegenen Berliner Hells Angels tatkräftige Unterstützung von Höllenengeln aus anderen Teilen der Republik erhalten würden. Die Hauptstadt war zu prestigeträchtig, als dass sich die Rot-Weißen hier eine Niederlage gegen die Bandidos erlauben konnten. Die Experten der LKAs rechneten mit Aktionen von kampferprobten Bremer und Hannoveraner Höllenengeln in Berlin, um in dem Konflikt eine Wendung zu erzwingen.
Doch die kamen nicht.
Die mächtigen und zum Teil wohlhabend gewordenen deutschen Angels der ersten Stunde scheuten anscheinend den blutigen Krieg im aktuellen Epizentrum der Rockergewalt.
Erschwerend kam hinzu, dass immer mehr Hells Angels entweder eine Haftstrafe absitzen mussten oder sich auf Bewährung befanden. Im Bremer Charter West Side fiel allein die Hälfte der Mitglieder aus diesen Gründen als Verstärkung im Berliner Rockerkrieg aus. Wegen des brutalen Überfalles auf den Bandidos MC Bremen saßen drei Angels immer noch eine Haftstrafe ab und elf weitere waren mit scharfen Bewährungsauflagen belegt worden.
Kadir P. – Übertritt oder Verrat?
Der gewiefte Taktiker und Deutschlands mächtigster Hells-Angels-Präsident Frank Hanebuth aus Hannover – Insider bezeichnen ihn mittlerweile sogar als inoffiziellen Europa-Chef der Bruderschaft – fand eine pragmatische Lösung für das Berliner Problem. Diese stand in fundamentalem Widerspruch zum Ehrenkodex der Bruderschaft, der es untersagte, Mitglieder von verfeindeten Clubs aufzunehmen. Hanebuths Schachzug war daher selbst in den Reihen der Angels sehr umstritten, aber das Murren der Basis störte die Führung anscheinend nicht. Das verdeutlicht, wie brisant die Situation für die Hells Angels in Berlin geworden ist.
Anfang Februar
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