Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
Volksverhetzungsparagrafen 130 StGB führte in der Vergangenheit zu vielen Konflikten mit der Justiz. Und wenn Hells Angels aus anderen Teilen der Welt ihre Brüder in Deutschland besuchten und ein Hakenkreuz trugen, heizte das die ohnehin negative Presseberichterstattung noch weiter an. Die Annahme des Antrags beweist einmal mehr den hohen internationalen Organisationsgrad des rot-weißen Netzwerks: Die USA halten ein international bindendes Referendum ab, um vergleichsweise geringe Probleme in Deutschland zu lösen. Wie eng würde die Abstimmung dann erst bei essenziellen Fragen der Bruderschaft sein? Wenn es um Krieg oder Frieden ginge? Um Mord und Drogenhandel? Oder um die Frage, wie tief der Club selbst in kriminelle Machenschaften von Mitgliedern involviert werden darf?
Trotz der Rücksichtnahme auf die deutschen Charter und eines selbst auferlegten Verbots von Hakenkreuz und SS-Runen erfreuen sich beide Symbole als Tätowierungen in der weltweiten Bikerszene ungebrochener Beliebtheit. So ließ sich der kahl rasierte Brandon »Taz« Kent, Mitglied des Hells Angels MC San Diego, mit nacktem Oberkörper in Bodybuilderpose von dem Undercover-Agenten Alex Caine fotografieren. Sein gesamter Brustkorb, Arme und Hals sind von Tätowierungen bedeckt. Auf dem Bauch prangt ein großes Hakenkreuz und darunter der Schriftzug »White pride« (»weißer Stolz«). Das Argument, dass sich erwachsene Männer im 21. Jahrhundert allein deswegen fußballgroße Hakenkreuze in die Haut stechen lassen, um die Gesellschaft zu provozieren, erscheint wenig glaubwürdig. Des Weiteren behauptet der Ex-Hells-Angel Ulrich Detrois, dass es im Club durchaus rassistische und nationalsozialistische Tendenzen gebe. Auch der Verfassungsschutz berichtet über Rechts-Rock-Konzerte, die Aktivisten regelmäßig in den Clubhäusern der großen MCs abhalten. Vonseiten der Rocker wird dies lediglich mit den Mieteinnahmen und Getränkeverkäufen begründet.
Einen weiteren Beleg für die These erbrachte eine Großrazzia der spanischen Guardia Civil beim Hells Angels MC Spain in Barcelona, Valencia, Málaga, Madrid und Las Palmas, bei dem es um Drogen- und Waffenhandel sowie Erpressung ging. Die spanischen Behörden bezeichneten die Organisationsform der Biker als illegale Vereinigung mit paramilitärischen Strukturen und internationalen Verbindungen. Bei den Durchsuchungen fielen den Behörden Kriegswaffen und Munition, kugelsichere Westen, ein Kilo Kokain und 200 000 Euro in bar in die Hände. Zusätzlich stellten die spanischen Behörden umfangreiche Neonaziliteratur und einschlägige Symbole sowie im Clubhaus des später verbotenen Charters Barcelona eine Hakenkreuzfahne sicher.
Personelle Verbindungen und Sympathien der Höllenengel zur rechten Szene bestehen offensichtlich. Umso mehr zeigt sich, wie hoffnungslos sich die Lage für die Angels in Berlin dargestellt haben muss, dass sie Kadir P. und seine Truppen aufgenommen haben.
Berliner LKA-Experten bescheinigen dem ehemaligen Bandido-Präsidenten Kadir P., gut im Geschäft zu sein, unter anderem auf dem Straßenstrich der Hauptstadt sowie mit drei Gastronomieobjekten, die ihm zugerechnet werden. Die Truppe um Kadir P. charakterisieren die Ermittler als hochgradig aggressiv, unberechenbar und schwer zu steuern. Außerdem werfen sie ihr vor, die Strukturen für einen florierenden Drogenhandel zu benutzen.
Am 2. Februar 2010 kam es zu einem Treffen zwischen Kadir P. und führenden Hells Angels in Hannover-Linden. Einmal mehr fielen die wichtigsten Entscheidungen der Bruderschaft in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Vorausgegangen war unter anderem eine Schlägerei zwischen den El-Centro-Rockern und dem Bruder-Chapter Bandidos Southside. Kadir P. scheint damit und mit weiteren gewalttätigen Eskapaden die Berliner Führung der Bandidos nachhaltig gegen sich aufgebracht zu haben. Die angespannte Situation im feindlichen Lager nutzten Frank Hanebuth und seine Mannen. Sie machten Kadir P. offensichtlich ein Angebot, das er nicht ablehnen konnte und wollte.
Die Formalitäten des Übertritts wurden am 4. Februar 2010 im Clubhaus der Potsdamer Hells Angels unter persönlicher Anwesenheit des mächtigsten Rockerpräsidenten Deutschlands vollzogen. Die Polizei stellte bei Vorkontrollen die Personalien von rund 70 Personen fest.
Die Machtverhältnisse in Berlin wurden über Nacht auf den Kopf gestellt. Durch eine massive Rekrutierung gerade unter Türken und Arabern hatte der Bandidos MC den
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