Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
ewigen rot-weißen Rivalen lange übertrumpft. Dieser schlug nun mit der An- und Abwerbung des berüchtigtsten und gefährlichsten Chapters des Fat Mexican in Berlin zurück.
Doch zu welchem Preis?
Eine Zahl geht gerüchteweise seitdem durch die Szene: Es ist von 250 000 Euro Handgeld die Rede, das Kadir P. den Übertritt in die Big Red Machine schmackhaft gemacht haben soll.
Die Aufnahme der ehemaligen Feinde, die in vorherigen Konflikten mehrere Brüder aus Berlin schwer verletzt hatten, sorgte bei den zuständigen Polizeidienststellen und den Presseberichterstattern für ungläubige Reaktionen. Hanebuth selbst sah sich gezwungen, öffentlich Stellung zu nehmen. Anlässlich eines Interviews von Spiegel TV sah er sich genötigt, das Rekrutierungsprozedere auf entsprechende Fragen hin zu rechtfertigen: »Ich finde, dass sie gut passen. Ich find’ die Jungs in Ordnung.« Des Weiteren wird er mit den Worten zitiert: »Wir wollen keinen weiteren Konflikt. Die Auseinandersetzungen nützten keiner der beiden Seiten.« Das Handgeld für Kadir P. dementierte er aber bei diesem Anlass.
Der Präsident der Hells-Angels-Nomads, André S., den eben diese ehemaligen Bandidos angegriffen und schwer verletzt hatten, wirkte nicht begeistert, als der Reporter ihm folgendes Statement abrang: »Ich befürworte den Übertritt.« Dem Ex-Hooligan schreiben LKA-Experten eine Nähe zu deutsch-nationalem Gedankengut zu. In seiner Kneipe »Germanenhof« in Hohenschönhausen verkehrten Hells Angels einträchtig mit Hooligans und Männern aus dem rechtsextremen Spektrum, so die Erkenntnisse der Polizei. Doch André S. ordnete sich offensichtlich den Vorgaben Hanebuths unter, als dessen enger Vertrauter der Berliner Nomads-Präsident gilt.
Doch die neuen Brüder sollen nicht bei allen Hells Angels widerspruchslos willkommen gewesen sein. Die Aufnahme über Nacht, ohne eine Prospect-Phase, soll erhebliche Unruhe und Misstöne verursacht haben.
Der Hells Angels MC Germany scheint mit diesem taktischen Winkelzug seine Grenzen überschritten zu haben. Am ehesten beschreibt der Begriff »Überdehnung« die Lage der Organisation. Ein Wachsen auf Teufel komm raus stellt selbst für den strategischen Machtgewinn in der Hauptstadt der Rocker einen hohen Preis dar. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der eigenen Vergangenheit und in Hinsicht auf das kriminelle Vorleben der Neumitglieder und deren kulturellen Hintergrund. Die zahlreichen Hooligans und weiteren Mitglieder der Angels mit einer Vergangenheit in der militanten Neonaziszene auf der einen und die türkisch-arabischen Neubrüder auf der anderen Seite kann man sich auf dem nächsten Deutschlandtreffen der Rot-Weißen nur schwerlich beim vertrauten Smalltalk vorstellen.
Aber es blieb so, wie die Führungsriege entschieden hatte. Kadir P. und seine Männer wechselten zum Hells Angels MC. Die Mitglieder des ehemaligen Bandidos-Chapters El Centro wurden über Nacht vollwertige Höllenengel und gründeten das Charter Berlin City, das seitdem regelmäßig für schlechte Presseschlagzeilen sorgt.
Wie umstritten und offensichtlich negativ angesehen das neue Charter in der deutschen Welt der Hells Angels ist, beweist ein weiterer Punkt. Die Berliner Rocker wurden nicht sofort Mitglied im Hells Angels MC Germany, sondern zuerst in den Hells Angels MC Turkey ausgegliedert. Anscheinend war eine enge Zusammenarbeit mit der Basis der deutschen Biker nicht gewollt, und unerwünschte Kontakte bei Pflichtterminen wie Präsidententreffen, Runs und offiziellen Feiern wurden auf diese Weise erschwert. So viel Nähe und reales Miteinander wollte und konnte die Führung der Angels den normalen Mitgliedern dann wohl doch nicht zumuten. Erst nach einiger Zeit wurde das Charter Berlin City doch noch im deutschen Organigramm der Hells Angels angesiedelt.
Dieser Bund scheint alles Mögliche, aber wahrlich keine Liebesheirat gewesen zu sein. Er diente lediglich der Erhöhung der eigenen Schlagkraft angesichts einer drohenden Niederlage im Berliner Rockerkrieg mit den Bandidos.
»Taking care of business« – der Sicherung eigener Geschäftsinteressen und dem Wiedererlangen der Vormachtstellung bei der Förderung der Prostitution, bei Drogen-, Waffen- und Menschenhandel und in der Türsteher- und Securityszene wurden wieder einmal alle persönlichen Empfindlichkeiten untergeordnet.
Die Polizei stellte sich nach diesem einmaligen Seitenwechsel auf brutalste Racheakte des Bandidos MC ein und erwartete
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