Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
Mandanten an deren angeblicher Einschüchterung entschieden zurück. Pünktlich zum besinnlichen Weihnachtsfest erfolgte im Dezember 2011 das Urteil des Berliner Landgerichtes gegen Kadir P.: Freispruch in allen Anklagepunkten.
Berlin kam nicht mehr zur Ruhe. In der Nacht des 4. November 2011 folgte der nächste Angriff auf die Bandidos. Ziel eines Schusswaffenanschlags war das Clubhaus in der Quickborner Straße, mitten in dem vom Bandidos MC beanspruchten Stadtteil Reinickendorf. Zeugen beobachteten zwei dunkel gekleidete Männer, die in der Freitagnacht mehrere Schüsse auf das Clubhaus abgaben. Obwohl sich zur Tatzeit zwei Personen in dem Gebäude aufhielten, wurde niemand verletzt. Die Täter konnten nicht ermittelt werden.
In der gleichen Nacht durchsuchten 100 Polizisten das Clubhaus des Bandidos MC in Berlin-Weißensee, nachdem sie Hinweise auf eine geplante Racheaktion der Bandidos erlangt hatten. Einer der 21 überprüften Männer erlitt bei der Razzia eine Platzwunde. Die Beamten stellten ein umfangreiches Waffenarsenal sicher: 17 Macheten, elf Messer, diverse Baseballschläger und Axtstiele, drei Handbeile und Morgensterne und eine Schleuder mit 100 Stahlkugeln.
Auch im neuen Jahr setzte sich der kriegerische Konflikt fort. 2012 begann, wie das letzte Jahr geendet hatte. Bei einem Schusswaffenanschlag am 4. Januar auf das Clubhaus des Bandidos MC Berlin East Gate durchschlugen mehrere Projektile das Eingangstor.
In der Nacht zum 9. Januar 2012 schleuderten Unbekannte gegen 22.30 Uhr zwei Brandsätze gegen das Clubhaus des Harami MC in der Koloniestraße im Stadtteil Wedding. Der Harami MC Berlin ist ein Unterstützerclub des Bandidos MC. Einem Clubmitglied gelang es, das Feuer zu löschen, bevor ein größerer Schaden entstand. Noch in der gleichen Nacht überprüften Polizisten zwölf Hells Angels in einem nahegelegenen Lokal in der Residenzstraße, jedoch ohne Erfolg. Die weiteren Ermittlungen führte das Fachkommissariat beim Landeskriminalamt Berlin. Bereits am 10. Oktober 2011 war das gleiche Vereinsheim Ziel einer identischen Attacke geworden. Am 12. Januar 2012 sprangen dann drei Hells Angels aus ihrem Wagen an der Residenzstraße und stachen einen Bandido nieder, der die Straße entlangging.
Der Polizeipräsident Dieter Glietsch und das LKA Berlin bilanzierten auf einer Pressekonferenz durchaus beeindruckende Zahlen der Behörde. In den Jahren 2004 bis 2011 wurden in Berlin 1532 Ermittlungsverfahren gegen Angehörige der Rockerszene eingeleitet. Daraus resultierten 524 Festnahmen, die häufig von einem Spezialeinsatzkommando durchgesetzt werden mussten. Die Berliner Gerichte sprachen Gefängnisstrafen mit einer Gesamtdauer von 387 Jahren gegen Angehörige des städtischen Rockermilieus aus. Die Behörden zogen Rauschgift, Bargeld und Vermögenswerte im Wert von deutlich über einer Million Euro ein.
Trotz dieser nachweisbaren Erfolge gegen die ausufernde Rockerkriminalität und die damit im Zusammenhang stehenden Gewalttaten scheinen die Bemühungen der Polizeibehörden gegen diese Akteure der organisierten Kriminalität weitgehend wirkungslos zu bleiben. Den 17 aktiven Rockerclubs in Berlin rechnen Polizeiexperten bis zu 1000 Personen zu. Die Bandbreite ihrer kriminellen Taten umfasst Raub, Erpressung, Rauschgifthandel, Brandstiftung, bandenmäßige Hehlerei, Verstöße gegen das Waffengesetz und allgemein Straftaten im Bereich der organisierten Kriminalität im Rotlichtmilieu.
Wie massiv der Rockerkonflikt in Berlin im Jahr 2012 weiterhin ausgetragen wird, belegt eine Verkehrskontrolle im Stadtteil Wedding. Dort stoppte eine Polizeistreife einen Wagen wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit und überprüfte den 33-jährigen Fahrer. Zuerst fielen den Beamten im Inneren des Fahrzeuges mehrere Utensilien auf, die sie den Hells Angels zurechneten. Daraufhin durchsuchten sie den Fahrer und wurden in seinem Hosenbund und seinen Hosentaschen fündig. Sie fanden drei scharfe Schusswaffen und drei aufmunitionierte Magazine. Im Wagen selbst stießen die Polizisten außerdem auf eine Maschinenpistole und einen Schalldämpfer. Der Höllenengel wurde auf der Stelle festgenommen und einem Richter vorgeführt, der einen Haftbefehl wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Waffengesetz erließ. Der 33-Jährige verweigerte jegliche Aussage zur Sache.
Höllische Berliner auf Europatour
Die Berliner Hells Angels schienen nicht zuletzt durch den höchst umstrittenen Übertritt von Kadir P. und seinen
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