Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
oder Spiegel TV , um Territorialansprüche wie »Der Kiez gehört uns« zu erheben. Auch aus der medialen Großinszenierung des Hannoveraner Friedensgipfels hatte sich das mächtige Charter am Main herausgehalten, was man durchaus als Kritik am Kurs Hanebuths werten kann.
Man hätte also annehmen können, dass die Zustände im Vergnügungsviertel der Bankenmetropole so geordnet waren, dass Politik und Behörden sich damit hätten arrangieren können, wie sie das im »lauten« Hannover jahrelang getan hatten. Auch das häufig genannte Argument, dass ausländische Banden, die am Main schon immer stark vertreten waren, von einer Zerschlagung der Höllenengel profitieren würden, trifft durchaus auf die Frankfurter Verhältnisse zu. Ein derart pragmatischer Ansatz findet selbst unter Polizisten Zustimmung, wie in meinem Buch Inside Polizei beschrieben wird. So überrascht es doch, dass die Verbote ausgesprochen wurden, vor allem, da sie sich in der Begründung von den bisher erfolgten deutlich unterschieden. Hells Angels und diverse Rockerportale im Internet führten dieses auf Profilierungswünsche des Innenministers zurück, den sie beschuldigten, sich als Hardliner für den Wahlkampf um den Posten des Frankfurter Oberbürgermeisters empfehlen zu wollen. Das ließ Rhein natürlich umgehend dementieren.
Die in den Verbotsverfügungen aufgelisteten Straftaten hatten zu 15 Gerichtsurteilen gegen zehn von 38 Clubmitgliedern geführt. Der gravierendste Vorwurf ist der des Totschlags gegen einen Frankfurter Hells Angel, der im Jahr 2006 bei einer Schlägerei den Türsteher einer Diskothek mit einem Messer erstochen hatte und deswegen zu einer Haftstrafe von 9,5 Jahren verurteilt worden war.
Durch die beiden Frankfurter Charter-Verbote auf der Basis polizeilicher Kleinarbeit eröffnet sich vielen deutschen Polizeidienststellen ein vollkommen neuer Ansatz zur Bekämpfung aller mittlerweile 52 Charter des Hells Angels MC in Deutschland.
So kommt der folgenden juristischen Auseinandersetzung über die Frankfurter Charter-Verbote eine bundesweite Bedeutung zu, die einem Musterprozess gleicht. Die Hells Angels klagen vor dem zuständigen Verwaltungsgericht gegen das Verbot ihrer beiden Dependancen. Der Ausgang dieses sicherlich langjährigen juristischen Verfahrens durch wahrscheinlich alle Rechtsinstanzen wird einen großen Einfluss auf den weiteren Weg des Hells Angels MC Germany haben. Falls das Verbot letztinstanzlich bestätigt werden sollte, ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis Innenminister weiterer Bundesländer Verbote mit derselben Begründung aussprechen, was eine Neuordnung der Rockerszene nach sich zöge.
Die Basis der bisher ausgesprochenen Verbote gegen insgesamt sechs Charter des Hells Angels MC Germany bildet der Paragraf 3 des Vereinsgesetzes. Danach kann ein Verein verboten werden, »wenn seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen« oder wenn »er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet«. Die beiden letzten Punkte kann man vernachlässigen, da sich bisher noch kein Gericht dieser Argumentation eines Innenministers angeschlossen hat.
Die Frankfurter Angels engagierten den renommierten Verwaltungsrechtler Michael K. von der Kanzlei westendLaw und reichten Klage vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof ein. In der 66 Seiten umfassenden Klageschrift verweist der Jurist auf zahlreiche Ungereimtheiten in der Verbotsverfügung des Innenministers: Nicht jedes Charter-Mitglied sei automatisch ein Schwerverbrecher. Dies widerspreche der Aktenlage, denn nur ein Drittel der Mitglieder sei polizeibekannt, davon die meisten nur wegen Bagatelldelikten. Lediglich ein »Totschlag« sei unter den aufgeführten Straftaten von größerer Bedeutung. Zudem weise die Ermittlungsakte größere geschwärzte Passagen auf, die verfahrensrechtlich aber von großer Relevanz sein könnten. Auch der angeführte Überfall auf den Black Souls MC stelle sich wegen der expliziten Einladung der Angels ganz anders da. Zudem seien weder die veröffentlichen Mitgliederzahlen korrekt noch die Behauptung, dass nur 14 Prozent der Mitglieder des verbotenen Charters über einen Motorradführerschein verfügten. Zum Schluss schrieb der erfahrene Verwaltungsjurist noch einen weiteren Vorwurf in seine Klageschrift: Teile der Frankfurter Verbotsverfügung scheinen aus älteren Verfügungen anderer Bundesländer einfach abgeschrieben worden zu sein.
Dass die Frankfurter
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