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Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Titel: Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Schubert
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die unter dem Color »Bloody Devils« die Region unsicher machten und schon bald im gesamten norddeutschen Raum dafür berüchtigt waren, Wirtschaften zu demolieren und Passanten zu überfallen. Wie ihre amerikanischen Vorbilder traten die Rocker aus der Hansestadt in einem Film auf: Klaus Lemke gelang mit Die Rocker ein Kultfilm im Deutschland der 70er-Jahre.
    Die Hamburger Bloody Devils strebten jedoch nach Höherem und wollten unbedingt den Deathhead auf ihrer Kutte tragen. Drei Hamburger reisten 1972 nach Kalifornien, um bei der Keimzelle der Bruderschaft, dem Oaklander Charter unter Sonny Barger, vorstellig zu werden. Erst am 16. März 1973 erhielten sie die Erlaubnis, das vollständige Color mit Deathhead, Top Rocker und Bottom Rocker zu tragen.
    Die ersten Toten auf deutschem Boden
    Das Hamburger Charter der Hells Angels benötigte dann nicht einmal mehr einen Monat, um bundesweit traurige Berühmtheit zu erlangen. Am 14. April 1973 gerieten einige von ihnen in Streit mit einem 20-jährigen Gemeindehelfer. Dessen Vergehen bestand darin, dass er dabei geholfen hatte, drei Rocker aus dem Jugendkeller der Apostelkirche zu verweisen. Diese kehrten mit Verstärkung zurück und ließen ihre Wut an dem Gemeindehelfer aus. Er brach unter Schlägen und Messerstichen zusammen und verstarb. Neun Höllenengel wurden später wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu Strafen zwischen 3,5 und 4,5 Jahren Gefängnis verurteilt.
    Die Hamburger Hells Angels nahmen sich unterdessen in ihrer Heimatstadt, was ihnen ihrer Ansicht nach zustand – die Polizeibehörden sprachen von Schutzgelderpressungen. Ihr Gebietsanspruch reichte von der Sternschanze bis zur Reeperbahn und waren einzelne Betreiber von dem gewalttätigen Ruf, der den Hells Angels vorauseilte, noch nicht genügend eingeschüchtert, halfen diese erfindungsreich nach.
    Der Inhaber des damaligen In-Lokals »Pickenpack« schilderte ihr Auftreten folgendermaßen: »Sie erbrachen sich am Tresen, warfen mit Lebensmitteln und zwangen eine Frau, ihnen die schmutzigen Stiefel zu lecken. Als ein hoher Verwaltungsrichter versuchte, die Rocker zu stoppen, wurde er verprügelt.« Der Wirt und andere Gastronomen der Schanzenstraße, in der die Rocker auch ihr Clubheim »Angels Place« eingerichtet hatten, zahlten bis zu 10 000 DM monatlich, um von den Aufmerksamkeiten der Höllenengel verschont zu werden.
    Die Hamburger Hells Angels trieben auch die Expansion und Internationalisierung der Vereinigung voran. Nach einer Schlägerei gegen die Kopenhagener Rockergruppe Galloping Gooses waren sie von deren Schlagkraft so beeindruckt, dass sie die Männer den amerikanischen Höllenengeln als erstes skandinavisches Charter empfahlen. So entstand aus ehemals feindlichen Kämpfern am 31. Dezember 1980 die erste dänische Dependance der Angels, die später in den 90er-Jahren in dem blutigen skandinavischen Rockerkrieg eine entscheidende Rolle spielen sollte.
    Auch ein Amsterdamer Motorcycle Club verdankt seinen Aufstieg in das Netzwerk der Protektion des Hamburger Charters. Die Niederländer empfingen bereits im Oktober 1978 das offizielle Patch.
    Dann ereignete sich ein weiterer folgenreicher Gewaltexzess. Auf der Insel Sylt feierte zu Ostern 1980 der dortige MC Storm Rider sein zweijähriges Bestehen. Unter den Gästen befand sich auch eine Abordnung des Hamburger Hells-Angels-Charters. Der Ärger begann am Ostersamstag in der »Rainbow-Bar« mit Pöbeleien und demoliertem Mobiliar. Solches Verhalten wollte sich der Geschäftsführer der nächsten Saufstation auf der Insel nicht bieten lassen. Der 37-jährige Mann schmiss kurzerhand zwei angetrunkene Angels aus der Diskothek »Riverboat«. Gegen 5.20 Uhr kehrte das Rollkommando zurück und nahm Rache für das Hausverbot. Ein zu Hilfe kommender 27-jähriger Kellner überlebte den folgenden Gewaltausbruch schwer verletzt, der Geschäftsführer dagegen verblutete infolge von Messerstichen in Leber und Nieren.
    Dieser Tote würde nun zumindest das Ende des offiziellen Hamburger MC bedeuten, dessen war man sich in der Stadt sicher.
    Natürlich rückte die Bluttat das Hamburger Charter nicht nur in den Fokus der Öffentlichkeit, sondern auch der Strafverfolgungsbehörden, und die ermittelten sorgfältig und umfangreich. Die hanseatischen Beamten brauchten bis zum 11. August 1983, um genügend Beweise gegen die Hells Angels zu sammeln.
    Für den größten Polizeieinsatz seit dem Zweiten Weltkrieg bot die Hamburger Polizei über 500 Beamte auf.

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