Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)
mit einem Namen zusteckte. Das war es schon. Kein Gespräch? Kein Wieso? Kein Warum? Kein »Wer ist das«? Ein zerknüllter Zettel mit einem hingekritzelten Namen besiegelte das Schicksal und den Tod des Auserwählten. Gallant fragte nicht einmal nach einer etwaig vorhandenen Familie, sondern ging unverzüglich dem Job nach, den er bevorzugt in Bars und Restaurants ausführte.
Doch ausgerechnet in der gemächlichen Schweiz wurde seinem Treiben ein Ende bereitet. Gallant reiste mit dem polizeibekannten Kreditkartenbetrüger Daniel Forte bei den Eidgenossen ein, doch dessen gefälschte Karten lösten dieses Mal einen Alarm im Sicherheitssystem von American Express aus. Forte und Gallant wurden 2006 im Genfer »Excelsior Hotel« verhaftet und trotz ihrer falschen Pässe anhand eines DNA-Abgleichs identifiziert. Gegen Gallant war schon eine lebenslange Haftstrafe wegen des Mordes an einem Barbesitzer in Montreal ausgesprochen worden, sodass die Schweizer Behörden ihre kanadischen Kollegen informierten. Der Auftragskiller saß in der Falle und wurde nach Kanada überstellt.
Kurz nach den ersten Verhören durch die kanadischen Experten passierte etwas Unvorhergesehenes. Der 58-jährige Gallant gestand alle Morde, entschuldigte sich via Presseerklärung bei seinen Opfern und deren Hinterbliebenen, handelte mit seinem Geständnis aber gleichzeitig einen Deal aus. All sein Wissen über den Bikerkrieg und seine Hintermänner wollte er den Behörden im Gegenzug für ein milderes Urteil offenbaren. Und Gallant hatte wahrlich einiges anzubieten.
Die Justiz stellte ihm im Gegenzug ein Gnadengesuch nach 25 Jahren Haft in Aussicht. Gallant wäre dann, im Jahr 2031, 83 Jahre alt. Des Weiteren beinhaltet die Vereinbarung ein Verbot, sein Leben im Buch- oder Filmformat zu publizieren. Der Killer aus der Kleinstadt akzeptierte die Bedingungen und packte aus.
Es stellte sich unter anderem heraus, dass er in jener Nacht, als das Attentat auf den Gerichtsreporter des Journal de Montreal einen großen Polizeieinsatz ausgelöst hatte, vorgehabt hatte, Mom Boucher zu töten. Weil die Stadt von aufgeregten Polizisten gewimmelt hatte, hatte er den Attentatsversuch abgebrochen.
Die umfangreiche Aussage Gallants über die Schwerkriminalität in Kanada führte zu zehn Verhaftungen. Gallant selbst gestand 28 eigenhändig vollstreckte Morde und zwölf Mordversuche. Doch auch wenn der Killer des Quebecer Bikerkriegs nun nicht mehr mordete, kam Kanada trotzdem nicht zur Ruhe.
Kriegsende?
Am 14. März 2002 entbrannte in der Öffentlichkeit ein weiteres Mal unbändige Wut, und ein Aufschrei der Empörung hallte durch Kanada. Ein unbescholtener Bürger, Ehemann und zweifacher Familienvater, der 34-jährige Yves Albert, wurde beim Tanken von neun Kugeln durchsiebt. Er hatte das Pech, dem damaligen Präsidenten des Bandidos-Chapters Montreal wie ein Zwilling zu gleichen und fuhr auch noch das gleiche Auto. Die Öffentlichkeit war wie zuvor beim tragischen Tod des el fj ährigen Daniel Desrochers zutiefst empört und geschockt. Es folgten Trauermärsche und die Aufforderung an die Politik und die kanadische Polizei, dem Gemetzel endlich ein Ende zu bereiten.
Und es gab auch wieder einen Erfolg der Behörden ähnlich dem der Operation »Springtime«, aber diesmal gegen die Bandidos.
Den Hells Angels war es noch nicht gelungen, ihre Reihen nach den Aktionen der Strafverfolgungsbehörden wieder aufzufüllen, und die Behörden wollten nun ganz besonders in Quebec verhindern, dass die Bandidos das von den Angels hinterlassene Machtvakuum für sich nutzten und handelten.
Ein Informant ermöglichte den Erfolg von Operation »Amigo«. Man verhaftete 65 Mitglieder der Bandidos, beschlagnahmte acht Kilogramm Kokain und 200 Kilogramm Haschisch und erhob Anklagen unter anderem wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Drogenhandels und Mordvorbereitungen gegen Mitglieder der Hells Angels. Gegen fast alle verhafteten Bandidos sprachen die Gerichte hohe Haftstrafen bis zu 16 Jahren aus, erstmals auch wegen der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung.
Bei der juristischen Aufarbeitung erwartete den Bandidos MC der nächste Schock. Der El Secretario Kanadas, Eric »Ratkiller« Nadeau, stellte sich als langjähriger Polizeiinformant heraus – ein falscher Amigo.
Der Mann war als junger Bursche erst im Umfeld der Hells Angels aktiv gewesen, bevor er von der Rock Machine und dann den Bandidos angeworben worden war. Seit frühesten Tagen in
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