Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition)

Titel: Wie die Hells Angels Deutschlands Unterwelt eroberten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Schubert
Vom Netzwerk:
Verbindung.«
    Auch die polizeilichen Ermittlungen führten in eine andere Richtung und zu Wayne Kellestine, einem wegen Waffenbesitzes und Drogenhandels vorbestraften Mitglied der Bandidos. Kellestine, 56, war ein bekennender Rechtsextremist und Rassist; in den Rasen vor seiner Farm mähte er stets das Symbol der Naziherrschaft, ein Hakenkreuz.
    Auf der Farm wurden drei weitere Männer und eine Frau festgenommen. Alle Verhafteten stammten aus dem Dunstkreis der Bandidos. Die Spuren der Tat wiesen eindringlich auf die Verhafteten als Täter hin, aber das Motiv blieb im Dunkeln. So entstand ein Dickicht von Gerüchten auf beiden Seiten, bei der Polizei und in der Bikerszene.
    Das erste Gerücht war der tiefen Zerstrittenheit des kanadischen Ablegers mit den US-amerikanischen Bandidos geschuldet. Das Chapter Toronto wurde explizit von den skandinavischen und deutschen Bikern unterstützt, während der amerikanische El Presidente den kanadischen Bandidos erst kürzlich die Zugehörigkeit zur Bandido Nation entzogen hatte. Eine Entscheidung, mit der die europäischen, insbesondere die mächtig und einflussreich gewordenen deutschen Chapter und auch die australischen Bandidos nicht einverstanden waren, aber sie blieb bestehen.
    So machten Spekulationen von einer amerikanischen Spur die Runde, die auch die Existenz eines vierköpfigen Exekutionskommandos der Bandidos aus Chicago vermuten ließen. Die US-Bandidos wollten sich angeblich endgültig des kanadischen Problems entledigen, das sie schon zu lange in Spannungen und einen verlustreichen Krieg mit den Hells Angels hineingezogen hatte, verfolgte der Konflikt sie doch bis in ihr Stammland USA.
    In dieses Bild passt auch, dass die Beerdigung der getöteten Bandidos, ganz im Gegensatz zu den sonstigen Gepflogenheiten in der Bikerszene, in kleinem Rahmen abgehalten wurde. Es gab keinen Hunderte Maschinen langen Motorradkorso, keinen Massenauflauf und auch kein Meer aus Kränzen und Kondolenzbekundungen. US-amerikanische Bandidos entdeckte keiner der polizeilichen Beobachter bei den Trauerfeierlichkeiten, dafür aber vier australische und zwei deutsche Member. Sie halfen bei der Organisation der Beerdigungen und der Trauerarbeit, waren aber noch aus einem anderen Grund von weither eingeflogen. Sie suchten nach Antworten. Sie suchten die Täter.
    In weiteren Versionen wurde das Massaker mit der Zerstrittenheit des Chapters begründet. Angeblich wurden die acht Opfer unter dem Vorwand eines Kirchgangs zu Kellestines Farm gelockt, um ihre Patches einzuziehen und sie aus dem Bandidos MC zu schmeißen. Hatten die Opfer etwa mit einem Übertritt zu den verhassten Hells Angels geliebäugelt? Oder war es umgekehrt so gewesen, dass die acht getöteten Biker Kellestine und die ihm verbundenen Männer aus dem Bandidos MC schmeißen wollten – ein Vorhaben, das dann eine Gewalteskalation auslöste, an dessen Ende Kellestine und seine Männer die acht Bandidos ermordeten? Für diese These spricht, dass Kellestines Männern intern unter anderem ein zu hoher Drogenkonsum vorgeworfen wurde, der sie zu unverlässlichen Bandidos und damit obendrein zu einem leichten Ziel für polizeiliche Ermittlungen hatte werden lassen. Zu allem Überfluss zahlten die Männer ihre monatlichen Mitgliedsbeiträge zur Bandido Nation nicht regelmäßig.
    Dann stießen die Ermittler auf eine weitere Fährte, die Drogenspur. Wie erst später bekannt wurde, observierten Beamte des Drogendezernates drei der Getöteten schon seit Wochen. Auch in der Tatnacht verfolgten sie die Männer bis zu der verhängnisvollen Farm. Als diese dort eingetroffen waren, zogen die Ermittler sich ins Wochenende zurück, da sie dem Irrglauben aufsaßen, dass hier nur eine Party gefeiert werden würde. Eine tödliche Fehleinschätzung. Vielleicht wäre der Massenmord durch eine gewissenhaftere polizeiliche Arbeit zu verhindern gewesen.
    Zu diesem Zeitpunkt wussten die Drogenfahnder noch nicht, dass der Bandidos-Prospect Jamie »Goldberg« Flanz bei seinem Job als Abschleppfahrer in einem abgestellten Wagen auf einen Zufallsfund gestoßen war. Sechs Kilogramm Kokain. Straßenverkaufswert circa 300 000 Dollar.
    In der eng vernetzten Bikerwelt blieb dieser Fund nicht lange geheim und der wahre Besitzer meldete seine Ansprüche vehement an: die Hells Angels. Sie forderten vom El Presidente der US-Bandidos laut einem Polizeiinformanten ultimativ die Rückgabe der Drogen, Schadensersatz und die Bestrafung der Täter. Der mächtigste

Weitere Kostenlose Bücher