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Wie die Madonna auf den Mond kam

Wie die Madonna auf den Mond kam

Titel: Wie die Madonna auf den Mond kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Bauerdick
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wiedersehen sollte, war ungewiss.
    Der Versuchung, mich in der Schankstube mit Zuika zu betäuben, widerstand ich. Hatte sich Baia Luna wirklich verändert? Waren die Menschen tatsächlich andere geworden? Oder hatte vielmehr die To te am Mondberg das Dorf gezwun gen, sein zweites Gesicht zu zeigen? Ich wollte nicht mehr zu diesen Leuten gehören. Ich wollte weg. Nur wohin?
    Von draußen hörte ich aufgebrachte Stimmen. Großvater trat in die Butike. Ihm folgten Trojan und Petre Petrov, die Sachsen Karl Koch, Hans Schneider, Hermann Schuster und dessen Sohn Andreas sowie Karol Kallay, der Schäfer Avram Scherban und zu aller Verwunderung sogar der alte Bogdan, der Vater der drei Brancusi-Brüder. Die Männer schoben zwei Tische zusammen und setzten sich. Ilja fragte, ob man etwas trinken wolle. Alle lehnten ab.
    »Dass sich die Barbulescu den Strick genommen hat«, setzte Avram das hitzige Gespräch fort, »wundert mich nicht. Das musste so kommen. Hätte Fernanda nicht an der Tür unseres Pfarrers gelauscht, Barbus verpfuschtes Leben wäre für immer im Zwielicht geblieben. Aber bei dem Mord an dem Pfarrer? Da hab ich meine Zweifel.« Niemand widersprach.

»Wenn ihr gesehen hättet, wie Baptiste nackt und gefesselt auf seinem Stuhl saß, in diesem fürchterlichen Durcheinander«, ergänzte Karl Koch, »da steckt keine Frau dahinter. Und ich wette, dahinter steckt auch kein einzelner Täter.«
    »Aber hast du die Leute in der Kirche erlebt? Da kannst du mal sehen, was dabei rauskommt, wenn man dem Aberglauben anhängt und sich dem Fortschritt verweigert. Die meisten im Dorf glauben dieser bekloppten Betschwester Konstantin«, schimpfte Bogdan Brancusi. »Aber wenn die Barbu nicht die Mörderin des Priesters ist, wer dann? Karl, willst du etwa sagen, hinter dieser schmutzigen Geschichte steckt was Politisches? Auch wenn meine Söhne für den Kolchos eintreten, mit dieser Angelegenheit haben sie nichts zu tun. Da lege ich meine Hand für ins Feuer.«
    »Ich auch. So was machen deine Jungs nicht.« Großvater ergriff das Wort. »Aber wir müssen uns doch fragen: Wer hat ein Interesse daran, dass Baptiste tot ist?«
    »Dass er nicht mehr reden kann«, ergänzte Karl Koch und erntete Zustimmung von allen Seiten.
    »Wir müssen den zeitlichen Ablauf klären«, mischte ich mich ein. »Um wirklich auszuschließen, dass die Lehrerin für den Mord verantwortlich ist.« Als niemand protestierte, fuhr ich fort. »Die Konstantin geht davon aus, dass Pater Johannes in der Nacht ermordet wurde, in der auch Angela Barbulescu verschwunden ist. Das war der Abend und die Nacht des Geburtstags von Großvater Ilja. Aber ich bin sicher, dass Johannes und Fernanda da noch lebten. Wir haben den Priester doch erst drei Tage später gefunden, erst nachdem der Polizist Patrascu und der Sekurist Lupu Raducanu hier waren.«
    »Aber nachdem Pater Johannes abends meinen Geburtstag verließ, hat ihn niemand mehr lebend gesehen«, meinte Großvater, als Hermann Schuster ihn unterbrach. »Pavel hat recht. Es stimmt zwar, dass niemand von uns Johannes Baptiste gesehen hat. Aber Fernanda lebte noch. Ganz sicher. Sie hat doch jeden Besucher an der Pfarrtür abgewimmelt, weil Pater Johannes ungestört an seiner Predigt arbeiten wollte. Ich weiß das von Erika. Meine Frau wollte Baptiste aufsuchen, einen Tag nach Iljas Geburtstag. Fernanda hat Erika partout nicht ins Haus gelassen, weil Johannes unter keinen Umständen gestört werden wollte. Zu der Zeit hing die Barbulescu wahrscheinlich schon am Strick.«
    »Ich glaube, wir kommen nur weiter, wenn wir wissen, wem zum Teufel daran gelegen ist, dass diese Predigt nie gehalten wurde. Jeder wusste, dass Pater Johannes vorhatte, gegen diese verdammte Kollektivierung zu wettern.« Karl Koch geriet in Rage. »Die verfluchte Sekurität lässt die Leute doch schon im Kerker verrecken, wenn sie blöde Witze über die Partei machen. Denen da oben ist eine Predigt gegen den Kolchos doch mächtig ein Dorn im Auge.«
    »Kennst du etwa jemanden, der schon mal ins Gefängnis musste? «, warf der alte Brancusi dazwischen.
    »Man hört so einiges«, entgegnete Koch.
    »Na also. Du kennst niemanden persönlich«, höhnte Brancusi, »aber so tun, als ob alle Kommunisten nichts Besseres zu tun hätten, als Priester zu ermorden.«
    »Das habe ich nicht gesagt«, sprang Koch auf. »Aber diesem widerlichen Milchgesicht von Raducanu, dem traue ich alles zu. Der soll sich noch mal hier blicken lassen.« Die Männer klopften auf

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