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Wie die Madonna auf den Mond kam

Wie die Madonna auf den Mond kam

Titel: Wie die Madonna auf den Mond kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Bauerdick
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brauchten? Die sperren mich doch weg zu den Irren. Gheorghe Gherghel haben sie auch gepackt. Sein Neffe Matei war eben hier. Er sagt, sie haben seinen Onkel gestern verhaftet, weil er uns das Labor überlassen hat. Der Besitz ist in diesen Zeiten verboten.«
    »Die elementare Frage ist«, mischte sich Dimitru ein, »hast du dieses Negativ? Ja oder nein?«
    Ich log erneut. »Nein. Trotzdem wird die Sekurität hier alles auf den Kopf stellen. Wir müssen alles verstecken. Das Rotlichtlabor, euer Teleskop, die Fotokamera !«
    »Auch Dimitrus Madonnenfotografien?«, fragte Großvater. »Alles muss weg.« Ich überlegte. »Nur das Radio nicht.« »In Ordnung«, sagte Dimitru. »Hast du schon einen Plan, was zu tun ist?« »So ungefähr.«
    Bei Kathalina brachen die Dämme. Meine Mutter schrie, zitternd vor Angst. »Ich hab es gewusst. Euer ganzer Wahn bringt nichts als Ärger. Und wenn jetzt diese Sekuristen kommen, nehmen sie uns alle mit. Ihr endet alle im Kerker. Und ich auch. Alles wegen so einer schweinischen Fotografie.«
    »Beruhige dich doch, Mutter.« Ich legte den Arm um sie. »Du hast das Bild ja verbrannt.«
    Kathalina weinte hemmungslos, dann wischte sie sich mit der Kittelschürze die Tränen ab. »Ich, ich, ich hab«, druckste sie herum, »ich hab es nicht verbrannt. Ich wollte es, aber dann ... Ich hab es versteckt.« Mutter ließ uns am Tisch sitzen, stieg die Treppe hinauf und kehrte mit hochrotem Kopf zurück. Sie öffnete die Herdklappe.
    »Bist du verrückt? «, rief Dimitru. »Das darfst du nicht verbrennen.« Flink sprang der Zigan auf und entriss ihr die Fotografie. Er stierte das Bild an und zuckte mit dem Kopf. Ich hatte den Eindruck, als sei Dimitru keineswegs überrascht, sondern traue nur seiner Wahrnehmung nicht. Er hielt die Fotografie abwechselnd gegen das Licht und dicht vor die Augen, als suche er nach etwas Verborgenem. Dann tippte er mit dem Finger auf den Mann mit der Sektflasche.
    »Pavel. Der da, ist das dieser Stephanescu?« »Ja.«
    »Ich verstehe«, murmelte der Zigan. »Und er möchte dieses Foto und den Film gern in seinen Besitz bringen. Aus evidentischen Gründen. Sollten wir das verhindern? Ja, das sollten wir. Was die Lage ernst macht, dramatisch ernst.«
    »Gib das Bild her«, keifte Kathalina, »es gehört verbrannt.«
    »Jawohl, meine Liebe! Asche zu Asche. Aber alles zu seiner Zeit. Zum Verbrennen ist es noch zu früh. Du fürchtest, dieses Foto würde uns bedrohen. Nein, nein. Das tut es nicht. Es bedroht diesen Stephanescu. Es bereitet ihm mächtig Kopfschmerzen. Pavel jedoch wird dieses Bild beschützen. Wie eine echte Reliquie, nicht wie dieses billige Zeug, das einem die Zigeuner andrehen. Glaub mir, es ins Feuer zu werfen, ist ein Fehler. Ein Errorfatal. Ein noch größerer Fehler wäre es allerdings, wenn diese Kostbarkeit der Sekurität in die Hände fiele. Pavel, kennst du ein sicheres Versteck, das diesen Strohköpfen von der Sicherheit nie in den Sinn kommt?«
    »Ich denke schon.«
    »Gut.« Dimitru reichte mir das Foto. »Können wir dort auch das Laboratorium unterbringen?«
    »Nein. Da ist zu wenig Platz. Aber eure Madonnenbilder, die passen noch hinein.«
    Dimitru schloss die Augen und blickte zur Decke.
    »Was machst du?«, fragte Großvater, der vor Anspannung wie auf heißen Kohlen saß.
    »Still. Ich ersinne ein Versteck und bitte Papa Baptiste um seinen himmlischen Beistand.«
    »Johannes Baptiste«, rief ich aus. »Das ist es! Ich weiß, wo die Sekurität aIl den Laborkrempel niemals suchen wird.« Dimitru schlug die Augen auf. »Ich auch.« Dann fragte er unvermittelt: »Traut ihr euch zu, ein bisschen Theater zu spielen? Wir könnten ein kleines Stück einstudieren.«
    »Was meinst du? Wieso Theater spielen?«
    »Ganz einfach. Wenn dieser Lupu hier aufkreuzt, stehen wir alle auf einer Bühne und ziehen den Vorhang auf. Dann geben wir eine Vorstellung, entsprungen unserer fantasmagorischen Vernunft. Ein Köter kläfft nur, solange man Angst zeigt. Wir werden die Welt auf den Kopf stellen und diesem Hund Raducanu einen Bissen vorwerfen, an dem er so richtig zu kauen hat.«
    Zwei Stunden später hatten wir eine Strategie entwickelt und die Rollen für unser Theaterstück geprobt. Mutter hatte sich beruhigt, fühlte sich gefestigt und wusste genau, was sie zu tun und zu sagen hatte. Auch ich hatte meine Furcht abgelegt, und Dimitru rieb sich die Hände, gerade so, als sehe er der Begegnung mit Lupu Raducanu mit hämischer Lust entgegen.
    Weil damit zu

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