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Wie die Madonna auf den Mond kam

Wie die Madonna auf den Mond kam

Titel: Wie die Madonna auf den Mond kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Bauerdick
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Mit dem Abgesang des Conducators beginnt eine neue Zeitrechnung. Pünktlich zur Neujahrsausgabe werden Sie auf dem Cover des Time-Magazins zu sehen sein. Nicht schlecht, oder? Die Titelstory ist schon in der Pipeline. Thema: Licht im Reich der Schatten. Oder so ähnlich. Meine Kollegen haben die ersten Texte bereits nach Washington gefaxt. Ich sollte Ihnen vielleicht meine italienische Partnerin vorstellen. Angelique Gabo aus Mailand. Neben ihr, das ist der unverzichtbare und unermüdliche Herr Paul, unser Dolmetscher.«
    Ich tippte mir gegen die Stirn und gähnte kurz. »Unermüdlich. Immer da. Und das für eine Handvoll Dollars. Aber in Anbetracht der späten Stunde möchten wir Ihre Zeit nicht allzu sehr in Anspruch nehmen. Kurz gesagt, wir haben ein Interview mit Ihnen vor, Herr Doktor Stefan ... Ab wann darf man Sie eigentlich Herr Premierminister nennen?«
    »Ich bitte um etwas Geduld.« Stephanescu beherrschte seinen Stolz und seine Eitelkeit. »Die offizielle Ernennung findet erst morgen Nachmittag statt. Aber wann wollen Sie dieses Interview führen? Doch nicht etwa jetzt?«
    »Jetzt nicht. Aber bald sollte es schon sein, spätestens morgen Mittag«, antwortete Fritz. »Mit sieben Stunden Zeitverschiebung hat es die Redaktion dann zum Frühstück auf dem Tisch. Drei Tage später hängt Ihr Konterfei an jedem Kiosk. Dann ziehen die anderen Magazine und Zeitungen nach. Weltweit. Aber wir brauchen das Gespräch für den amerikanischen Markt exklusiv. Die Jungs von N ewsweek schwirren hier auch irgendwo herum. Sie sollten sie erst übermorgen empfangen. Ich rechne da mit Ihrem Verständnis. Dürften zweitausend Dollars für Ihre Mühen als Honorar reichen?«
    »Ihr Amis seid wirklich fixe Burschen. Klasse, wirklich klasse.« Stephanescu löste den Knopf seines Jacketts. Er hatte zu seiner Jovialität zurückgefunden. Mit einem Zug trank er seinen Cognac aus und rief nach einer vollen Flasche Rémy. »Sie müssen verstehen, die Anspannung der vergangenen Tage. So eine Revolution ist auch ein Nervenkrieg. Knallhart, das versichere ich Ihnen. Stress. Irgendwann muss man den herunterspülen. Aber das mit dem Exklusivinterview, klar, das lässt sich machen. Für Sie immer. Morgen um zwölf tagt die neue Ministerrunde. Sagen wir, um halb elf hier im Hotel? In meiner Suite. Da stört uns niemand.«
    »Okay. Also zehn Uhr dreißig. Und nur so ein kleiner Tipp am Rande. Sie müssen den Reportern von Newsweek nicht unbedingt von unserem Frage-Antwort-Stündchen erzählen. Dann lassen die nämlich ihre Dollars stecken. Ich schlage vor, fünfhundert vorab. Als Anzahlung.« Hofmann wandte sich an Buba. »Angelique, greif mal in die Kasse für Sonderausgaben.«
    Buba schaute nach links und rechts und nestelte unsicher an dem goldenen Kreuz zwischen ihren Brüsten. »Zu viele Männer hier«, raunte sie Stephanescu mit gespielter Verschämtheit zu. Dann schob sie diskret ihren Rock hoch, griff langsam unter ihr Strumpfband und fingerte umständlich ein paar Banknoten hervor. Stephanescu stierte auf ihre Schenkel. Als er nicht gleich die Geldscheine ergriff und stattdessen den verdutzten Kellner anherrschte, er habe zum Rémy auch Champagner für die Dame geordert, wusste Buba Gabor, der Köder hatte den Fisch gelockt. Dass er den Haken auch geschluckt hatte, wurde offensichtlich, als Fritz und ich uns von unserem Platz erhoben und auch Buba den Eindruck erweckte, aufbrechen zu wollen.
    »So bleiben Sie doch noch. Seien Sie mein Gast, ich meine, seien Sie meine Gäste. Heute, an diesem historischen Tag. Außerdem, wer ist Weihnachten nicht gern unter Freunden?«
    »Wenn ich ehrlich bin, werte Kollegen«, Buba spielte ihre Rolle mit verblüffender Glaubwürdigkeit, »so richtig bettreif fühle ich mich noch nicht. Ein Gläschen Champagner nach aIl der Aufregung des Tages, warum eigentlich nicht? Außerdem ist es hier schön warm. Sie müssen wissen, Herr Stephanescu, in meinem Hotelzimmer im Interconti funktioniert die Heizung nicht. Kalt ist es dort. Grässlich kalt, während die bei den Kollegen in ihren Zimmern vor Hitze nicht einschlafen können.« Buba sprach so überzeugend, dass sie tatsächlich vor Gänsehaut bibberte. Als der verschüchterte Kellner den Dom Pérignon entkorkte, nutzten Fritz und ich die Gelegenheit, uns zu verabschieden. Wir wünschten eine Gute Nacht, und Buba versprach, in ein, zwei Stunden ein Taxi zu nehmen.
    »Meine Liebe, gestatten Sie, wenn ich Sie so nenne, aber Sie frieren ja noch immer?«

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