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Wie die Madonna auf den Mond kam

Wie die Madonna auf den Mond kam

Titel: Wie die Madonna auf den Mond kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Bauerdick
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äußersten Rand der Bedrohung getrieben wird, dann müsse er sein Gesicht zeigen. Und derjenige, der den Dämon in sich trägt, ist dann entweder erlöst oder er verbrennt.«
    »Gut«, sagte ich, »wir werden die Welt ein wenig auf den Kopf stellen müssen.«
    »Ja, das müssen wir. Mit einem kleinen Theaterstück.«
    Der Tag datierte auf den 25. Dezember 1989. Als ich mit Buba Gabor in den frühen Morgenstunden zurück zum Hotel Intercontinental ging, reifte in uns ein wagemutiger Plan, von dem wir nicht wu ssten, dass wir ihn noch am sel ben Abend in die Tat umsetzen würden.
    Am Nachmittag des Weihnachtstages, um zwei Minuten nach drei, klingelte am Empfang des Hotels Athenee Palace, der ersten Adresse der Hauptstadt, das Telefon. Der Anrufer, ein Arzt aus der Militärkaserne von Targoviste, der gerade zwei Totenscheine ausgestellt hatte, ließ sich zu dem Gast in der Präsidentensuite weiterschalten, in der einst Richard Nixon logiert hatte. Stefan Stephanescu nahm den Hörer ab und hörte aus dem Mund von Doktor Florin Pauker den Satz: »Es ist vorbei.«
    Eine Stunde später fanden sich die zentralen Drahtzieher des Umsturzes, Dichter und Dissidenten ausgenommen, im Konferenzsaal des Hotels zu einem geheimen Treffen ein, über dessen Gesprächsinhalt man vorerst strengstes Stillschweigen vereinbarte. Zur selben Zeit kursierte unter den Journalisten im Intercontinental die bis dato noch unbestätigte Meldung, der Staatspräsident sei von einem improvisierten Anklagegericht zum Tode verurteilt worden und habe die Internationale angestimmt, kurz bevor er erschossen worden sei.
    Die Nachricht über die Exekution des Conducators und seiner Gattin verbreitete sich in Windeseile. Da in diesen Tagen jedoch stündlich immer absurdere Gerüchte aufkochten, deren Wahrheitsgehalt nur selten zu trauen war, fiel der Jubel über die Botschaft zunächst noch verhalten aus. Als aus Kreisen der Nationalgarde verlautbar wurde, Studio vier des nunmehr unter revolutionäre Kontrolle gebrachten Staatsfernsehens beabsichtige, einen Originalmitschnitt von der Hinrichtung des Diktatorenehepaares zu senden, waren Straßen und Plätze der Hauptstadt im Nu wie leer gefegt. Während die Menschen wie gebannt vor den Bildschirmen ausharrten und die Verantwortlichen der Fernsehanstalt die Ausstrahlung des Videobandes auf immer spätere Sendezeiten verschoben, weil sie ausschließen wollten, eventuell einer raffinierten Fälschung durch Konterrevolutionäre aufgesessen zu sein, hatten sich handverlesene Mitglieder der Front zur Nationalen Rettung um einen runden Tisch niedergelassen.
    Nach knapp zwei Stunden waren unter der Regie von Stephanescu die Ministerposten einer Übergangs regierung ausgekungelt, wobei die Fraktion des Kronauburger Bezirkssekretärs nie einen Zweifel aufkeimen ließ, wem als künftigem Premierminister der Führungsanspruch im Land gebühre. Stephanescu verlängerte die Schweigepflicht bis zum Abend und löste die Versammlung auf. Für zwanzig Uhr wurde im ehemaligen Königspalast der Republik eine öffentliche Proklamation angesetzt. Stephanescu kam als designiertem Staatschef die Aufgabe zu, vor laufenden Kameras den Tod des Conducators und den Sieg der Freiheit über den Sozialismus zu verkünden.
    Als Fritz Hofmann, Buba Gabor und ich erfuhren, wer das Land aus der Finsternis in das Licht einer demokratischen Zukunft führen sollte, sagte ich zu Fritz: »Es ist so weit. Sägen wir an seinem Thron.«
    Eine Viertelstunde später saßen wir drei in Fritz' Hotelzimmer. Mit dem Satz, »Das beste Mittel gegen Wanzen«, drehte er den Wasserhahn im Bad bis zum Anschlag auf. »Glaubt mir, so ein Wasserfall treibt jeden Geheimdienst beim Abhören in den Wahnsinn. Obwohl ich bezweifle, dass im Moment überhaupt noch ein Sekurist die Lust zum Schnüffeln verspürt. Aber sicher ist sicher.«
    Ich skizzierte den gemeinsam mit Buba ausgeheckten Plan.
    Fritz hörte aufmerksam zu. Er rieb sich die Hände. »Okay«, sagte er. »Sehr gut. Ich bin dabei. Aber als mein Kollege gehst du in deinen Klamotten nicht durch. Jedenfalls nicht bei einem Interview mit einem ausgefuchsten Staatsmann.« Fritz deutete auf den Kleiderschrank. »Meine Sachen werden dir passen. Such dir was aus.«
    »Und wenn du schon dabei bist, deine Erscheinung zu ändern«, warf Buba ein, »ein Bad und eine Rasur würden dir sicher gut anstehen. Aber ich muss auch los. So wie ich aussehe, nimmt mir niemand die leidenschaftliche Italienerin ab. Aber ich sag euch,

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