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Wie die Madonna auf den Mond kam

Wie die Madonna auf den Mond kam

Titel: Wie die Madonna auf den Mond kam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Bauerdick
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ihrer Brüste einen Hauch mädchenhafter Anmut und unschuldiger Keuschheit. Sie hatte lediglich etwas Lippenstift aufgetragen, ansonsten auf Schminke und auffälligen Schmuck verzichtet und ihre Locken unter ein schwarzes Kopf tuch gesteckt. Eine Witwe, durchzuckte es mich. Sie war verheiratet und ist Witwe. Doch als Buba ihre Pumps abstreifte, ihre schmerzenden Füße entspannte und mir aus den Augenwinkeln schelmisch zuzwinkerte, wusste ich, dass sie ein raffiniertes Spiel spielte. Sie entblößte sich nicht, sie verhüllte sich. Sie offenbarte ihren weiblichen Reiz, indem sie ihn verbarg. Erstmals seit dem Wiedersehen mit Buba fühlte ich, dass ich diese Frau nicht nur liebte, sondern auch begehrte, mit einer Sehnsucht, die mich fast verbrannte. Sie strich mir über die Wange. »Vertrau mir, Liebster. Ich weiß, was ich tue.«
    »Dann wollen wir den Fisch mal anfüttern.« Fritz Hofmann schulterte seine Fototasche. Buba und ich schauten ihm nach, wie er in aller Seelenruhe zum Empfang schlenderte und ein paar Worte mit einer Angestellten an der Rezeption wechselte. Sie lächelte, verschwand für einen Moment und kam mit dem Empfangschef zurück. Hofmann reichte ihm die Hand, schrieb eine Notiz auf einen Zettel, unter den er beiläufig eine grüne Banknote schob. Fritz erntete ein devotes Kopfnicken, dann steckte der Mann die Nachricht in das Postfach der Präsidentensuite.
    Der Liftbursche führte uns zur Hotelbar im ersten Stock.
    An der halbrunden Theke hockten lediglich drei Frauen in schlüpfrigen Röcken aus Lederimitat. Sie saugten an dünnen Filterzigaretten, musterten Buba abschätzig, kicherten und nippten dann wieder an ihren Cocktailgläsern. Fritz kniff Buba leicht in die Seite. »Scharfe Konkurrenz für dich«, griente er und hörte als Erwiderung: »Red nicht so von diesen Mädchen. Noch bevor die Nacht zu Ende ist, werden sie von den Leibwächtern aus den Betten geworfen.«
    Buba bestellte einen Orangensaft. Fritz und ich orderten Mineralwasser. Gegen dreiundzwanzig Uhr dreißig erschienen die ersten Lederjacken und sicherten mit düsteren Gesichtern und piependen Sprechfunkgeräten die Bar. Es wurde laut. Nach nur wenigen Minuten bekam man rund um den Tresen kaum noch ein Bein auf den Boden. Dann kam er. Die Bargäste machten ihm eine Gasse frei und applaudierten, erst nur vereinzelt, dann ging der Beifall in rhythmisches Klatschen und frenetische Hochrufe über.
    Stefan Stephanescu hatte mit einigen Rettungsfrontlern an einem reservierten Tisch mit blauen Plüschbänken Platz genommen. Ein Ober brachte Rémy Martin und Dom Pérignon. Nach einer Stunde zeitigten die schlaflosen Nächte der Revolutionstage bei den meisten Gästen ihre Wirkung. Die Ersten schleppten sich bereits übermüdet zu Bett, als der Empfangschef die Bar betrat. Obwohl er sie nicht gehört hatte, gratulierte er Stephanescu zu seiner grandiosen Rede und reichte ihm einen Zettel, wobei er in Richtung Fritz Hofmann wies.
    Stephanescu erhob sich und knöpfte sein Sakko zu. Dann zündete er sich eine Carpati an, steckte seinen Cognacschwenker zwischen Zeige- und Mittelfinger und trat an unseren Tisch.
    »Darf ich mich Ihnen vorstellen? Stefan Stephanescu.« Er streckte Fritz die Hand entgegen, als Buba ihr Kopf tuch abnahm und mit einer sanften Handbewegung ihre Locken zurückwarf. »Oh, ich bitte um Verzeihung. Zuerst begrüßt der Kavalier die Dame.« Der angehende Staatschef reichte ihr die Hand. »Ich darf mich zu Ihrem Kreis gesellen?« Buba schob ihr Gesäß zur Seite. »Es wäre mir eine Freude.«
    »Und Sie sind der Herr Journalist vom amerikanischen Time-Magazin«, wandte sich Stephanescu an Fritz. »Renommiertes Blatt, muss ich sagen. Wird künftig hier im Land auch wieder zu lesen sein. Wenn erst die unseligen Elaborate des Conducators aus den Buchhandlungen verschwunden sind. Aber ich denke, wir kennen uns bereits. Wenn auch nicht persönlich. Vorgestern, während der Pressekonferenz der Front zur Nationalen Rettung, haben Sie mich fotografiert, Mister ... «
    »Mister Friets Hofmähn«, stellte sich Fritz mit breitestem amerikanischem Akzent vor.
    »Hofmähn? So wie dieser berühmte Schauspieler? Dieser Dustin? Der legendäre Marathonmann ?«
    »Genau. Und wie die Dinge stehen, werden auch Sie nun eine nicht unerhebliche Bekanntheit erlangen. Ich hatte wohl den richtigen Riecher. Meine Fotos von Ihnen haben heute historische Bedeutung. Schon zwei Dutzend Mal verkauft. Dabei knattert die Kiste jetzt erst richtig los.

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