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Wie die Tiere

Wie die Tiere

Titel: Wie die Tiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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heute gern machen, wenn sie keine echte Bulimie zusammenbringen.
    «Ich bin Privatdetektiv», ist er endlich mit der Sprache herausgerückt. «Mein Auftraggeber will, dass ich den Menschen finde, der die Hundekekse ausstreut.»
    «Auftraggeber.»
    Ihre Stimme hat eine Rolle gespielt. Normalerweise ist die Stimme beim Menschen ja etwas, das sich ein bisschen bewegt. Und im Ungarischen hat sie natürlich eine prächtige Tonmelodie gehabt, aber dann der Ehrgeiz: Es soll echt deutsch klingen. Weil der zu große Ehrgeiz zerstört oft viel im Leben. Das hörst du vielleicht nicht gern. Aber woher sollst du auch wissen, wie dann der Ehrgeiz in den nächsten Wochen gewütet hat, dass der Sensenmann mit seiner Mähmaschine fast nicht hinten nachgekommen ist.
    Im Grunde war das mit der Tonmelodie nicht so ein Problem, höchstens hat man sich vielleicht als Ansprechpartner nicht so geliebt gefühlt. Und dann das mit den Unterzähnen natürlich ganz typisch. Ist dir bestimmt schon aufgefallen, dass es den Menschen nicht sympathischer macht, wenn er beim Reden die Unterzähne zeigt statt die Oberzähne. Und die Frau Hartwig praktisch nur Unterzähne. Dann die Tränensäcke, gut, dafür kann sie nichts, aber eben nicht untypisch, und letzter Friseurbesuch bestimmt nur noch mit dieser Kohlenmethode eruierbar. Sie hat sich die Federn einfach irgendwie zurückgeklemmt. Als hätte sie sich schon seit Jahren darauf gefreut. Eines Tages wird der Brenner vorbeikommen, und den erinnere ich dann an einen bösen alten Raubvogel.
    Aber da hat sie sich natürlich komplett verrechnet. Weil die Frau Hartwig war dem Brenner sympathisch. Wie soll ich dir das am besten erklären? Schau, die Tiere sind ja heute oft menschlicher als die Menschen, das fängt an beim Maßschneider und hört auf bei der Psychotherapie. Die Tiere haben heute Hobbies und seelische Abgründe, das glaubst du gar nicht. Aber die Hartwig war irgendwie derart hölzern und knochentrocken, dass ihr gerade das die menschliche dings gegeben hat.
    «Und wer ist dieser Auftraggeber?» Also, ein bisschen gefährlich hat sie schon gewirkt mit ihren Unterzähnen, das muss ich ehrlich zugeben. Gefürchtet hat er sich schon, da möchte ich das Verhältnis nicht idealisieren.
    «Das darf ich nicht sagen.» Das ist jetzt fast ein bisschen zu kleinlaut herausgekommen.
    «Der Plank? Der Edlinger? Die Schneider? Die Welz? Der Posch? Die Pfeiler?»
    Dem Brenner haben alle diese Namen nichts gesagt, und es hat sich dann herausgestellt, dass es die großen Tierschützer in der Stadt waren, jeder mit jedem zerstritten, frage nicht. Sie hat geschimpft über die Geldgier und die Intrigen ihrer Konkurrenten.
    «Wissen Sie, wie viel in Österreich jährlich für den Tierschutz gespendet wird?» Und gleich selber die Antwort gegeben: «Eine halbe Milliarde Schilling.»
    Der Brenner hat ein bisschen dumm geschaut, weil Milliarde, das ist ein Wort, das man immer zuerst einmal von Million unterscheiden muss.
    «Ein Wahnsinn!»
    Ob du es glaubst oder nicht, das hat nicht der Brenner gesagt, das hat die Frau Hartwig selber gesagt, die war jetzt so richtig im Reden drinnen.
    «Eine halbe Milliarde», das war immer noch die Hartwig, «das muss man sich einmal vorstellen.»
    «Fünfhundert Millionen Schilling», hat der Brenner recht ernst gesagt. Weil Kopfrechnen war er immer gut.
    «Und wie viel geht davon in den Tierschutz?» Ganz ohne Tonmelodie hat sie das gesagt, da hat die Frage gleich geklungen wie die Antwort: «Zehn Prozent, wenn's hoch kommt.»
    «Und den Rest teilen sich die Herrschaften auf», hat der Brenner gesagt, als hätte er es immer schon gewusst.
    Die Hartwig hat genickt, ich kann mir nicht helfen, es hat wirklich ein bisschen wie bei einem Vogel ausgesehen, vielleicht sogar weniger Raubvogel, mehr wie die Hühner, die ja auch gern nicken, oft sogar, wenn sie den Kopf gar nicht mehr aufhaben.
    «Und Sie», hat der Brenner gefragt, «Wie finanzieren Sie Ihren Verein?»
    So schnell hat noch kein Huhn auf der Welt mit dem Nicken aufgehört. Praktisch schlagartig. Weil die Hartwig natürlich kein Verein, sondern Privatperson, und Finanzierung völlig ohne Spendenkeiler. Aber das war wirklich einmal was anderes. Eine alte Zinshauseigentümerin hat drei Zinshäuser und das gesamte Barvermögen ihrem Hund hinterlassen. Und den sechsjährigen Hund samt Vermögen hat sie bei der Hartwig in Pflege gegeben.
    «Die Frau Summer hat über mehr als ein Jahr hinweg meine Tätigkeit beobachten lassen.

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