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Wie die Tiere

Wie die Tiere

Titel: Wie die Tiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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nichts gegen das ferne Schlagen der Rotorblätter, das du als Mensch schon wahrnimmst, bevor du es richtig hörst.
    Der Hubschrauber ist jetzt über dem Flakturm gestanden, einen Augenblick lang hat der Brenner sogar geglaubt, der überwacht den Augarten, quasi Jagd auf den Keksestreuer.
    Jetzt, warum steht der Hubschrauber wirklich über dem Augarten? Das hat den Brenner so interessiert, dass er sogar von seiner Bank aufgestanden ist. War vielleicht auch besser so, wenn du zu lange auf einer Bank sitzen bleibst und auf einen Gedanken wartest, kann es sein, dass du anwächst. Ein bisschen weiche Knie hat er jetzt sowieso gehabt, nachdem ihn der Augarten so verhext hat, dass er einen Moment lang schon geglaubt hat, die Krähen schreien Hilfe.
    Langsam ist der Hubschrauber immer weiter heruntergesunken, und der Brenner war sicher, dass er im Augarten landen will. Aber wie er näher hingegangen ist, hat er gesehen, er landet gar nicht, er schwebt sogar wieder ganz langsam aus dem Augarten hinaus.
    Jetzt wo hat der Hubschrauber ihn hingeführt? Zuerst einmal aus dem Augarten hinaus. Gaußplatz, Jägerstraße, Luftlinie waren das wahrscheinlich nicht mehr als fünfzig Meter von der Augartenmauer.
     

zehn
    Heute hat er aber nicht klingeln müssen. Er ist nicht einmal bis zu den Klingeln vorgedrungen, da hat er gar nicht lange überlegen müssen, nehme ich TIERE, nehme ich SUMMER. Die herumstehenden Leute sind auf den Brenner losgegangen, weil sie geglaubt haben, er ist der Polizist, auf den sie schon seit einer Stunde warten.
    Ob du es glaubst oder nicht, die entnervten Nachbarn haben die Polizei gerufen, so wild haben die Tiere sich aufgeführt Die Tierpflegerin war auch da, aber die hat keinen eigenen Schlüssel gehabt, und die Hartwig hat ihr schon seit drei Tagen nicht mehr aufgemacht. Drei Tage ohne Futter, da sind die Tiere natürlich verrückt geworden.
    «Ich hab geglaubt, der Hubschrauber macht sie so wahnsinnig», hat der Brenner gesagt.
    Weil das war wirklich ein Gekläff, dazu noch das Hubschrauberknattern, dazu sein Ohr, die Tierpflegerin hat ihm das meiste dreimal sagen müssen, bis er es verstanden hat. Sie hat natürlich auch eine leise Stimme gehabt, und blass war die, der war die reinste Vorahnung ins Gesicht geschrieben.
    «Im Gegenteil, vorher waren sie noch viel wilder», hat sie gesagt «Jetzt geht es ja schon. Aber trotzdem, ich kann Ihnen nicht raten, dass Sie da allein hineingehen.»
    Weil die hat immer noch geglaubt, der Brenner ist der Herr von der Polizei. Aber sie hätte die Warnung gar nicht aussprechen müssen. Da war ihre Blässe schon Warnung genug. Natürlich, sie hat ein schwarzes T-Shirt angehabt, das steht den rothaarigen Tierpflegerinnen nicht, das hat sie noch zusätzlich blass gemacht. Ich sage immer, den rothaarigen Tierpflegerinnen stehen eher die Erdtöne, das Olivgrün, die Gulaschfarbe, das kleidet sie, aber Schwarz macht sie so blass, dass sie zum Fürchten ausschauen.
    «Jetzt fliegt er wieder weg», hat die Tierpflegerin gesagt.
    Ja richtig, das Ohr ist gleich laut geblieben, aber der Hubschrauber immer leiser geworden. Und jetzt pass auf. Ausgerechnet in dem Moment, wo der Hubschrauber verschwunden war, hat der Gedanke sich wieder blicken lassen.
    «Jetzt bellen sie überhaupt nicht mehr», hat die Tierpflegerin sich gewundert.
    Aber was ich noch zu dem Gedanken sagen wollte. Die lassen sich für meinen Geschmack schon auch oft ein bisschen zu sehr bitten. Und wenn sie sich dann doch herablassen, sind sie oft nicht einmal so besonders. Aber dass es so was gibt! Genau in dem Moment, wo der Gedanke schon so real war, dass sich gleichzeitig ein Vorgefühl der Enttäuschung über seine Schmalbrüstigkeit im Brenner breit gemacht hat, ist das Hartwig-Tor von innen aufgegangen, genau so, wie einem oft ein Gedanke wie durch ein aufgedrücktes Tor in den Kopf spaziert. Und aus dem Hof sind zwei maskierte Polizisten herausgekommen. Und ob du es glaubst oder nicht, bei diesem Anblick ist dem Brenner der Scheiß-Gedanke schon wieder hinuntergefallen.
    Ich muss sagen, es war auch wirklich kein schöner Anblick, der sich da hinter den zwei maskierten Polizisten geboten hat. Im Hof sind überall die Hunde herumgelegen. Das war auf einmal eine derartige Stille, da hat der Brenner nicht gewusst, was ist gespenstischer, die totale Stille im rechten Ohr oder das Pulsieren im linken Ohr. Die Hunde haben ausgesehen, als würden sie nur schlafen. Und jetzt gute Nachricht, sie haben wirklich

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