Wie die Tiere
ein bisschen auf meine minderjährige Tochter auf, da würde der Hojac als Erster infrage gekommen.
Aber leider, gerade der Hojac ein schlechtes Beispiel, wo man die Jugend zu mehr Toleranz abrichten könnte. Eine ausgesprochene Sympathiekanone war der Hojac wirklich nicht. Da geht es in der Gesellschaft oft einmal gegen die feisten Gesichter, und darum sag ich das nicht gern. Weil warum soll nicht ein feistes Gesicht auch einmal sympathisch sein? Mein Gott, der lässt es sich eben gut gehen, und dann legt sich das ein bisschen an im Gesicht. Aber interessant. Besonders fett war das Gesicht vom Hojac gar nicht. Nur besonders feist. Weil fett wird ein Gesicht vom Essen, und das ist vollkommen in Ordnung. Aber feist wird ein Gesicht vom feisten Lächeln. Und da ist es natürlich aus mit der Sympathie. Wenn ein Mensch so feist daherlächelt, das steckt die Umgebung an, da kriegst du das Gefühl, alles um ihn herum auch feist, sein BMW feist, seine Schuhe feist, und alles was er sagt, ebenfalls feist.
Aber nicht dass du glaubst, ich meine das negativ. Im Gegenteil, das Feiste war ja am Hojac noch das Sympathische. Die gesunde Farbe war da schon eher das Problem. Dass man gesagt hat, jetzt ist er schon so feist, muss er unbedingt so eine gesunde Farbe auch noch haben? Weil man hat gleich gesehen, der muss selber der beste Kunde von seinem Nachbarn sein, sprich
Summer-Sun
. Obwohl er höchstens vierzig Jahre alt war, hat er schon diese leuchtend weißen Faltenstriche auf seinem feisten Bronzehals gehabt, und diesen Effekt kriegst du einfach nur zusammen, wenn du dich eisern jeden Tag in die Sonnenbank quetschst. Da hat der feine Anwaltsanzug direkt unpassend an ihm gewirkt, der weiße Hemdkragen zum Solariumshals, furchtbar.
Im Grunde hätte der Hojac sogar besser als Geschäftsführer ins
Summer-Sun
hinunter gepasst. Im Jogginganzug hätte er vielleicht sogar sympathisch gewirkt. Und ob du es glaubst oder nicht, es hat sich dann herausgestellt, das Solarium unten gehört auch dem Hojac, quasi Imperium.
Da haben sich einmal zwei richtige Gegenteile in die Augen geschaut. Das Brenner-Gesicht mit den steilen Wangenfalten, da hätte man glauben können, eine Hojac-Visage ist zum Schönheitschirurgen gegangen, damit sie das Feiste wegkriegt, und nach drei Tagen Operation ist der Brenner herausgekommen, quasi Überkorrektur, und die Narben sind nicht mehr weggegangen.
Aber interessant. Zwei Gegenteile haben oft eine prächtige Unterhaltung. Der Brenner hat den Hojac in ein Gespräch über das Treuhandgeschäft verwickelt, weil da hat er vom Schmalzl den einen oder anderen Begriff über das Geschäftliche aufgeschnappt, Profit, Kredit, Eier ausreißen, jetzt hat er sich leichter getan.
«Tiervermögen», hat der Brenner gesagt, «Das ist schon sehr innovativ, oder?»
«Das Verwalten von Tiervermögen ist der Trend der Zukunft.»
«Ideen muss man haben», hat der Brenner gesagt, weil das war das Credo vom Schmalzl, Ideen muss man haben, und der Brenner intuitiv: Was dem Schmalzl gefällt, müsste dem Hojac auch gefallen.
«Mit Ideen hat das gar nichts zu tun.»
Siehst du, das ist hochinteressant, manchmal liegt in einer negativen Reaktion mehr Bestätigung, als wenn dir wer Recht gibt. Aber der Hojac eben doch eine Spur kultivierter als der Schmalzl, weil er hat dem Brenner jetzt erklärt, warum es nichts mit Ideen zu tun hat.
«Das ist nur aus Not entstanden. Not macht erfinderisch, heißt es. Und bei den regulären Treuhandschaften kommst du ja nicht hinein. Die lassen dich ja gar nicht an den Futtertrog.» Jetzt hat der Hojac, der sonst immer so optimistisch wie der größte Narr am Dorfplatz dreingeschaut hat, direkt für einen Moment ein bisschen bitter gelächelt. «Die haben sich das Revier seit Generationen aufgeteilt, das ist eine einzige Freunderlwirtschaft.» Und dann beim Hojac wieder umso optimistischeres Augenblitzen: «Aber den Trend zum Tiererbe haben sie übersehen.»
«Ideen muss man haben.»
Am liebsten hätte sich der Brenner die Zunge abgebissen. Gerade hat ihn der Hojac zurechtgewiesen, und jetzt sagt er es schon wieder. So was Blödes, kein Mensch lässt sich gern zweimal zurechtweisen, aber es ist ihm herausgerutscht, was willst du da machen.
«Ja. Das war eine gute Idee.»
Das ist das Schöne am Leben, dass es immer anders geht, als man vorher erwartet hat. Gerade noch wollte der Brenner sich die Zunge abbeißen, und jetzt kommt der Hojac ausgerechnet dadurch ins Reden.
«Wenn man nicht
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