Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Titel: Wie die Welt endet: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will McIntosh
Vom Netzwerk:
konnte leicht vergessen, dass es hier noch Menschen gab. Nicht viele, aber ein paar.
    » Ich mache mir Sorgen, dass wir, wenn wir in Athens ankommen, zu geschwächt sind, um den ganzen Weg nach Savannah zurückzugehen«, gestand ich Phoebe. » Es ist wirklich weit.«
    » Daran habe ich auch schon gedacht. Aber wir werden kaum Alternativen haben. Entweder versuchen wir, es mit Cortez bis nach Savannah zu schaffen, oder wir schließen uns Colin und Jeannie an.«
    » Wäre Doctor Happy denn eine Möglichkeit für dich?« Ich hatte fast Angst, diese Frage zu stellen. Eigentlich wollte ich gar nicht darüber nachdenken, es sei denn, uns blieb keine andere Wahl.
    » Ja. Aber ich fürchte mich. Allein das Nachdenken darüber macht mir schon Angst«, sagte Phoebe.
    » Mir auch. Ich weiß nicht, was ich von Doctor Happy halten soll. Denk doch bloß an Deirdres Tod.« Ich wischte mit dem Handrücken ein Spinnennetz aus dem Weg.
    » Was glaubst du, warum Deirdre das getan hat?«
    » Darüber habe ich viel nachgedacht.« Ich deutete auf ein Haus mit einer Hollywoodschaukel auf der Veranda. » Wollen wir uns ein Weilchen hinsetzen?«
    Wir setzten uns auf die Schaukel, rückten dichter zusammen als Freunde, aber nicht so nah wie Liebende. Phoebe schubste uns mit einem Fuß an. Die Schaukel quietschte, bewegte sich aber gut. Wartend sah Phoebe mich an.
    » Mittlerweile glaube ich, Deirdre wollte lieber tot sein als glücklich.«
    Über diesen Gedanken schien Phoebe ganz bestürzt zu sein.
    » Dazu musste man Deirdre kennen«, sagte ich. » Eine glückliche Deirdre ist genauso unvorstellbar wie sauberer Dreck.«
    Phoebe lachte.
    » Doch, bestimmt.«
    » Und mit der Frau bist du zusammen gewesen?«, fragte sie.
    Ich gab der Schaukel einen Schubs. » Ich weiß, dass ich das nicht erklären kann.«
    » Mit ihren Brüsten hatte es wohl nichts zu tun«, neckte Phoebe mich. Mir war entfallen, dass sie Deirdre ja einmal kurz am Strand gesehen hatte. » Du glaubst also, sie konnte es nicht ertragen, sich in ihrer Haut wohlzufühlen?«
    » Ja.« Ich überlegte einen Moment. » Ich habe etwas in ihren Augen gesehen, als die Infektion anfing zu wirken, etwas, das ich nicht richtig einordnen konnte. Aber je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr scheint mir, dass es entsetzliche Angst war.«
    Phoebe umfasste ihre Oberarme mit den Händen. » Oh Gott, da überläuft mich ein kalter Schauer. Glaubst du, Deirdre hat so reagiert, weil sie eben Deirdre war, oder hast du den Eindruck, dass sich alle so fühlen, wenn sie infiziert werden? Ich überlege einfach immer wieder, ob Doctor Happy nicht auch eine Kehrseite hat– ob die Infektion mit dem Virus vielleicht nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen bringt.«
    » Ich habe Sebastian mal gefragt, wie das ist, wenn man das Virus hat, und er meinte, dann kann man einen Blick ins Unendliche werfen, und ein Blick würde ausreichen, denn wenn man mehr von der Unendlichkeit sehen könnte, würde man wahrscheinlich verrückt werden.«
    Phoebe dachte nach. » Das klingt wirklich beängstigend. Aber andererseits doch nicht so schlimm, dass man von einem Gebäude springen möchte… nein, eher wie beim Seiltanzen ohne Netz. Wie eine Angst, die mit Aufregung vermischt ist.«
    » Dann ist es vielleicht wirklich nur Deirdre so ergangen«, sagte ich.
    Ein Vogel landete auf dem Verandageländer. » Oh, eine Spottdrossel«, sagte Phoebe. Wir saßen ganz still und bremsten die Schaukel ab. Die Spottdrossel öffnete ihren kleinen Schnabel und tschilpte, zwitscherte und trillerte ein ganzes Potpourri. Dann drehte sie sich um und flog über den Bambus davon.
    » Das Merkwürdige ist, dass ich eigentlich nichts gegen Doctor-Happy-Leute habe. Ich mag sie sogar ganz gern«, stellte ich fest.
    » Geht mir genauso«, erwiderte Phoebe. » Ich bin bloß nicht sicher, ob ich selbst so werden will.« Mit einer Handbewegung deutete sie an, dass wir aufbrechen sollten. Wir gingen zu unserer Unterkunft zurück.
    » Wie wäre es denn, wenn wir einfach in der Nähe von Athens leben würden?«, schlug ich vor, während wir uns durch den Bambus drängten. » Wenn das die neue Wiege der Zivilisation ist, tatsächlich ein neues Athen, dann könnten wir vielleicht die halbzivilisierten Nachbarn sein. Die Spartaner sozusagen.«
    » Uuh, verwende ruhig öfter solche historischen Metaphern. Damit kannst du bei mir echt Punkte sammeln.«
    » Aber wie fändest du das?« Ich war mir ziemlich sicher, dass ich bei Phoebes Kompliment rot geworden

Weitere Kostenlose Bücher