Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Titel: Wie die Welt endet: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will McIntosh
Vom Netzwerk:
sagte Ange. Sie las wieder in ihrem Buch. Warum war sie bloß so unbeteiligt? Ich hatte mich darauf gefreut, ihr von Deirdre zu erzählen, weil ich gehofft hatte, sie würde wenigstens ein bisschen eifersüchtig werden.
    » Mist«, sagte ich. Ich stieg die knarrenden Verandastufen hinunter und schlenderte in die schmale Gasse neben unserem Haus, um ein bisschen für mich zu sein. Eine ganze Weile wanderte ich auf und ab und lernte die ersten Sätze auswendig, mit denen ich das Gespräch beginnen wollte.
    Schließlich wählte ich Deirdres Nummer. Das Herz klopfte mir bis zum Hals– ich würde mich total verhaspeln.
    Ihr Telefon klingelte einmal und noch einmal. Der Adrenalinstoß machte meine Nebenhöhlen frei, doch dann wurde mir klar, dass ihr Anrufbeantworter drangegangen war.
    » Hier ist Deirdre.« Und der Piepton. Ich begriff nicht gleich, dass das ihre ganze Ansage war.
    » Hi, Deirdre«, stammelte ich. » Hier ist Jasper, wir haben uns gestern Abend in der Bar kennengelernt. Ich dachte, vielleicht hast du Lust, mal was mit mir zu unternehmen…«
    » Nein!«, rief Ange von der Veranda. » Nicht › mal‹! Sag einen bestimmten Tag.« Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie mich hören konnte.
    » Also, ruf mich einfach an, wenn du das hier abgehört hast, und vielleicht können wir dann am Freitag was zusammen unternehmen?«
    » Nicht › vielleicht‹!«, rief Ange dazwischen.
    » Bis dann«, sagte ich ins Telefon und legte auf. » Danke!«, rief ich zu Ange hinüber. » Jetzt klingt das, als wär ich so eine Knalltüte, dass mir eine Frau im Hintergrund vorsagen muss. Das kommt bestimmt gut!«
    Ange konnte sich das Lachen nicht verkneifen. » Ach, Schätzchen, ich konnte es doch gar nicht mehr schlimmer machen, als es sowieso schon war.«
    Deirdre rief nicht zurück. Ich wartete drei Tage, und mein Magen schlug jedes Mal einen Purzelbaum, wenn das Telefon klingelte. Dann beschloss ich, eine SMS zu schreiben. Ange und Jeannie konnten sich ihre guten Ratschläge sonst wohin stecken. Es sprach nichts dagegen, ihr eine SMS zu schicken.
    Bedeutet dein Schweigen » Verpiss dich!«, oder kann ich dich vielleicht doch überreden, was mit mir zu machen?
    Dass sie nicht antwortete, war schon Antwort genug, so viel war mir klar, aber ich hatte mich derartig in Fantasien von mir und Deirdre hineingesteigert, dass ich einfach nicht aufgeben konnte, ohne es noch einmal zu versuchen. Unruhig ging ich auf der Veranda hin und her. In zwei Stunden hatte ich einen Termin mit einer Frau, die ihr eingemachtes Obst in Ruplus Laden verkaufen wollte. Wahrscheinlich würde ich die Zeit bis dahin nur damit zubringen, die Bodenbretter abzunutzen. Ich konnte mich einfach auf nichts anderes konzentrieren. So setzte ich mich auf die schimmelige Hantelbank und starrte in die kleine Gasse, auf den verrosteten Grill, der von brusthohem Unkraut überwuchert neben einem kleinen Schuppen stand. An der vermoderten Bretterwand lehnten ein paar Kanthölzer, Zeugnis vom längst vergessenen Ehrgeiz eines Heimwerkers.
    Mein Handy bimmelte. Mit schwitzenden Handflächen las ich die Antwort:
    Ok. Freitag um 6. Wehe, du ödest mich an.
    Ich sprang auf die Füße, reckte die Fäuste in die Luft. Ich hatte ein Date mit Deirdre– ich! Sie wollte was mit mir unternehmen! Nicht mit blitzblank-polierte-Schuhe-und-Freund-vom-Bürgermeister, sondern mit mir. Und sie hatte auf meine SMS geantwortet, nicht auf meinen Spruch auf dem AB . Ange und Jeannie waren eben doch nicht die Dating-Expertinnen, für die sie sich hielten.
    Ich machte mich unverzüglich ans Werk– setzte mich auf die Veranda und probte im Stillen interessante Gesprächsbeiträge, stellte mir vor, was Deirdre antworten würde, und beobachtete dabei, wie die Sonne hinter dem DeSoto Hilton versank. Oder besser hinter dem Schriftzug oben auf dem Hotelkomplex, den ich über die Häuser der anderen Straßenseite hinweg gerade noch sehen konnte.
    Deirdres erster Satz, nachdem sie mir die Tür aufgemacht hatte: » Wie heißt du noch mal?«
    Ich nannte ihr meinen Namen, und sie nickte. Wir gingen los. Ich hatte keine Ahnung, was ich mit meinen Händen anstellen sollte, sie fühlten sich plötzlich ganz verkehrt an, wie sie einfach so herunterhingen.
    Ich schob sie in meine Gesäßtaschen. » Ich dachte, wir könnten ins Firefly Café gehen«, schlug ich vor.
    » In ein Restaurant will ich nicht«, sagte Deirdre.
    Einen Moment lang war ich sprachlos. » Also, was würdest du denn dann gern

Weitere Kostenlose Bücher