Wie die Welt endet: Roman (German Edition)
entgegnete sie.
» Ist doch Verarschung! Sie dürfen an der Kasse nicht einfach höhere Preise nehmen, ohne die Ware vorher entsprechend auszuzeichnen!«
» Ich bin hier nur angestellt«, antwortete die Kassiererin in der gleichen Lautstärke. » Glauben Sie denn, ich finde das gut? Wie soll ich jetzt meinen kleinen Jungen ernähren?«
Einen Moment lang starrten wir uns an. Sie kaute Kaugummi– wahrscheinlich das letzte für eine ganze Weile, denn ab sofort kostete ein Päckchen etwa drei Dollar, und sie musste an ihren kleinen Jungen denken.
» Reine Verarschung!«, wiederholte ich.
Deirdre nahm einen Apfel aus der Tüte, holte aus und feuerte ihn mitten in die Verkaufsfläche hinein. » Verarschung«, grölte sie.
Sie war eine tüchtige Werferin. Der Apfel flog über den Typen vom Management und traf das Brotregal, sodass die Laibe auf den Boden purzelten. Deirdre schnappte sich zwei weitere Äpfel. Ein Wachmann kam auf uns zugerannt und fummelte dabei am Verschluss seines Holsters.
Deirdre bewarf ihn mit einem Apfel. Er duckte sich.
» Verarschung!«, krähte ein junger Kerl in OP -Klamotten zwei Kassen weiter. Mit seinem schulterlangen weißen Haar war er eindeutig kein Chirurg– nein, er war ein Jumpy-Jump. Er schleuderte dem Wachmann eine Suppendose entgegen. Die Dose traf den Mann über dem Auge, er krümmte sich und hielt sich das Gesicht, während der Jumpy-Jump nach einer zweiten Dose griff.
Deirdre warf weiter mit Äpfeln, Schnellfeuer, hinten in den Laden hinein, und lachte dabei vor Vergnügen.
Der Hispano zielte mit einer Birne auf den Wachmann, der sich immer noch krümmte. Zwischen seinen Fingern hindurch tropfte Blut auf den Linoleumboden. Der Hispano schnappte sich die nächste Frucht von der großen Birnenpyramide, schleuderte sie auf die Kassen, nahm sich eine dritte Birne und biss hinein.
Der Jumpy-Jump schmiss Waren aus seinem Einkaufswagen auf eine Kassiererin. Sie hatte sich geduckt, hielt sich die Hände vors Gesicht und kreischte.
Überall flogen Gegenstände herum.
Ein Schuss krachte, Schreie, dann wütende Rufe und weitere Schüsse. Der Jumpy-Jump duckte sich hinter das Süßigkeitenregal neben der Kasse, zog eine Pistole mit Schalldämpfer aus der Tasche und drückte ab.
Ein Wachmann kam aus dem hinteren Teil des Ladens gerannt, seine Pistole zeigte in die Luft. Ein dicker Mann warf ein noch verpacktes Fernsehgerät nach ihm. Der große Karton verfehlte sein Ziel und krachte in einen Ständer mit hässlichen T-Shirts, die in den Gang flogen. Der Jumpy-Jump schoss dem Wachmann in die Brust.
» Komm, wir hauen ab«, sagte ich zu Deirdre.
» Spinnst du?« Sie lachte sich schief, als wären wir in einer Slapstick-Komödie mit Laurel und Hardy.
Der Mann vom Management lag am Boden. Vier oder fünf Leute beugten sich über ihn, bearbeiteten ihn mit den Fäusten. Die Verkäuferin, die die Preise geändert hatte, lag vor dem Obststand. Erst hielt ich die rötlichen Spritzer auf ihrem Kopf für Gehirnmasse, dann wurde mir klar, dass es Fruchtfleisch von einer Wassermelone war.
Mir kam der Gedanke, dass der Mob vielleicht alle Angestellten umbringen würde.
» Warte hier«, sagte ich zu Deirdre.
» Von mir aus«, sagte sie achselzuckend und leckte die weiße Creme aus einem Oreo. Sie hatte sich am Süßigkeitenregal bedient.
Ich kroch vor den Kassen entlang. » Schnell«, sagte ich zu der Kassiererin, die unter ihrer Kasse auf dem Boden hockte, » ziehen Sie den Kittel aus!« Pantomimisch bedeutete ich ihr, sie solle ihn über den Kopf ziehen. Sie nickte, zog die blaue Angestellten-Uniform aus und schleuderte sie fort. Geduckt lief ich von einer Kassiererin zur anderen und forderte sie auf, das Gleiche zu tun.
Als ich zu Deirdre zurückkam, war die Schießerei vorbei. Die Kunden plünderten oder zerschlugen die Auslagen, und niemand war mehr da, um sie daran zu hindern. Ein bierbäuchiger Mann im Jagdanzug rannte zur Sportabteilung, rutschte aber auf einem Blutfleck aus und fiel auf den Hintern.
Das große Angelspiel am Eingang stürzte um, und Plüschtiere und billige Uhren ergossen sich über den Boden. Die zehn- oder zwölfjährigen Mädchen, die es umgekippt hatten, bückten sich nach ihren Preisen. Ob alte Menschen oder Mütter mit Kindern– alle packten ihre Einkaufswagen voll.
» Komm.« Deirdre zog mich zu den kostenlosen Waren hin. Rasch besorgte ich mir auch einen Wagen.
Anschließend brachten wir unser Diebesgut in Deirdres Wohnung– eine Dachwohnung in einem
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