Wie die Welt endet: Roman (German Edition)
machen?«, fragte ich schließlich.
Deirdre überlegte. » Wir besorgen uns ein paar Äpfel und dazu Lucky Charms, diese Cornflakes mit Marshmallows, und dann suchen wir uns einen Weg auf das Dach vom Hilton und gucken uns von da oben die Stadt an.«
Ich hoffte, dass sie mir meine Verblüffung nicht ansah. Äpfel und Marshmallow-Cornflakes? » Du bist eine Frau mit einem sehr ausgeprägten Geschmack«, sagte ich.
» Ja, stimmt.«
Schon jetzt hatte ich das Gefühl, dass ich der Situation nicht gewachsen war. Ich musste mich entspannen, musste ganz locker mitspielen. » Aber ich muss zugeben, das macht natürlich mehr Spaß als das, was ich vorgeschlagen hab.«
Deirdre grinste und sah mich zum ersten Mal an. » Gut.«
Wir gingen zum Wal-Mart im Osten der Stadt, wichen Sippen von Obdachlosen aus, die überall ihre Lager aufschlugen, und stiegen über schlafende Menschen in schmutziger Kleidung hinweg.
» Was da gerade zwischen Russland und China abgeht, ist beängstigend, oder?«
Verständnislos sah Deirde mich an. » Was?«
» Hast du nicht davon gehört? Russland hat eine Atombombe auf chinesische Truppen abgeworfen, die an der Grenze zusammengezogen wurden.«
» Eine Atombombe? Klingt etwas übertrieben.«
» Hey, Süße, lass den Loser sausen und komm rüber zu ’nem echten Kerl, da wirst du was erleben!«, rief ein Typ mit Gang-Narben am Hals. Er saß auf einer Verandaschaukel, die unter einer stählernen Feuertreppe hing. Als Deirdre ihm, ohne auch nur hinzusehen, den Stinkefinger zeigte, erschrak ich. Gnädigerweise blieb er, wo er war, und wir gingen einfach weiter.
Im Wal-Mart war es proppenvoll, wahrscheinlich wegen des nuklearen Schlagabtausches zwischen China und Russland. Immer wenn es irgendwo eine Katastrophe gab, ganz egal, wie weit entfernt, strömten die Leute in den Wal-Mart, um sich mit allem Möglichen einzudecken. Sie kauften nicht nur Wasser und Taschenlampen, sondern auch Barbiepuppen, Badematten, Strümpfe und Zahnseide.
Ich fand meine Beobachtung ziemlich witzig, daher probte ich den Satz ein paar Mal im Stillen, bevor ich ihn zu Deirdre sagte.
» Die Leute sind doch arschblöd. Besonders im Süden«, knurrte sie, während sie eine Plastiktüte von der Rolle abriss und ihre süßen kleinen Finger in die Äpfel grub.
Ein kleiner Hispano musterte Deirdre von oben bis unten, als er vorbeiging. Seit ich mit ihr unterwegs war, glotzten die Kerle sie an, und jedes Mal empfand ich einen kindischen Stolz, weil ich mit ihr zusammen war.
Drüben bei Brokkoli und Paprikaschoten fingen die Kunden an zu murren, und ich ging hin, um zu erfahren, was da los war. Eine Angestellte strich die Preise durch und schrieb mit schwarzem Filzstift neue auf die Schildchen. Höhere Preise– fast doppelt so hoch wie die alten. Ein Wachmann mit Pistole im roten Wal-Mart-Gürtel hielt sich in ihrer Nähe.
Das Murren wurde lauter.
» Was soll der Scheiß?«, fragte ich. Normalerweise hätte ich gefragt: » Was soll der Blödsinn?«, aber ich versuchte, mit Deirdre mitzuhalten.
In der Brotabteilung hatte eine Gruppe aufgebrachter Kunden eine Angestellte umzingelt, die ebenfalls von einem Wachmann geschützt wurde. Ein Mann mittleren Alters, daher nahm ich an, dass er zum Management gehörte. Ich ging hinüber, um zuzuhören.
» Tut mir wirklich sehr leid«, sagte er, » aber durch diese neue Viruskrise bedingt gibt es Transportprobleme, und wir können nicht vorhersagen, wann die Lieferungen wieder normal laufen. Bis dahin sind die Preise erhöht. Wir haben keinen Einfluss darauf.«
Ich lief zu Deirdre zurück, die immer noch Äpfel aussuchte. Kurz entschlossen riss ich das Preisschild aus seinem Halter und gab es ihr. » Pass auf, dass die Zicke mit dem Filzstift es nicht in die Finger kriegt– ich hole jetzt die Lucky Charms.«
Im Gang mit den Frühstücksflocken waren sie noch nicht angekommen. Ich lief hin und her und suchte Deirdres Hausmarke, denn ich war sicher, dass sie weder Cocoa Puffs noch Gummy Grabbers akzeptieren würde. Endlich entdeckte ich die Lucky Charms unten im Regal, schnappte mir zwei Kartons und das Preisschild und lief zu Deirdre, die schon an der Kasse stand.
» Vierundzwanzig sechzig«, sagte die Kassiererin, dabei hätten es nur etwa fünfzehn Dollar sein sollen.
» Nein«, widersprach ich und zeigte ihr die Preisschilder. » Sehen Sie– diese Preise hier sind noch nicht erhöht.«
» Die stehen zwar noch nicht dran, aber sie sind schon im System gespeichert«,
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