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Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Titel: Wie die Welt endet: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will McIntosh
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wir denn sonst hinkommen?«, überlegte ich.
    Deirdre gab keine Antwort. Auf dem Gehsteig gegenüber mühte sich eine Frau vorwärts. Sie ging am Stock, obwohl sie eigentlich viel zu jung dafür war. Ihre Beine waren verdreht, es sah aus, als könnten sie jederzeit unter ihr nachgeben. Sie blieb stehen, um ein paar Hunde zu bewundern, die an eine Parkuhr angebunden waren. Die Meute jaulte und kläffte schwanzwedelnd, bettelte um Zuwendung. Es war das Hundetaxi– der Besitzer saß auf der Bordsteinkante und fächelte sich mit einem Stück Pappe Kühlung zu. Er sagte etwas zu der Frau, was ich nicht verstehen konnte.
    » Aah!« Deirdre zeigte auf das Taxi. » Damit.« Bevor ich protestieren konnte, hatte sie schon die Straße überquert.
    Sie setzte ihre Reize ein, stand bei ihren ganzen » Oh, bitte, bitte!« dichter neben dem Hundeführer, als für die Verhandlung eigentlich notwendig gewesen wäre, und schaffte es so, den Fahrpreis auf zwanzig Dollar herunterzuhandeln. Das war nicht schlecht. Natürlich immer noch teurer als mit den Fahrrädern, aber trotzdem ganz in Ordnung.
    Per SMS benachrichtigte ich Ange, dass wir sie und die anderen am Strand treffen würden, dann stieg ich in das ausgehöhlte Mustang-Kabrio, während der Fahrer die Hunde anschirrte.
    Die Hunde waren zum Brüllen komisch. Sie benahmen sich nicht wie Schlittenhunde, die in einer Reihe laufen und diszipliniert ziehen, sondern rempelten sich an, bissen sich gegenseitig in die Ohren und zogen im falschen Winkel. Dabei schien ihnen die Arbeit nicht unangenehm zu sein, vermutlich, weil sie dafür Futter kriegten und gelobt wurden.
    Auf der zweispurigen Fahrstraße nach Tybee Island hinaus wurden wir ab und zu von Autos überholt. Am Straßenrand, neben den goldenen Feuchtwiesen, die sich meilenweit hinzogen, hatten Flüchtlinge ihre Zelte aufgeschlagen.
    » Das war eine gute Idee«, sagte ich. » So hat man einen tollen Blick auf die Sumpfwiesen.«
    Deirdre nickte. » Hab ich dir ja gesagt.« Hinter uns hupte ein Auto, dann brauste es vorbei. Deirdre hob den Stinkefinger, lächelte dabei aber ganz lieb.
    Wir trafen die anderen vor Chu’s Beach Supplies. Ange ging Deirdre entgegen, als wären sie alte Freundinnen. Cortez klopfte mir auf die Schulter und nannte mich » Bruderherz«. Als ich Ange erzählt hatte, dass ich Cortez zu unserem Ausflug eingeladen hatte, hätte sie fast abgesagt, aber er war mein Freund, und ich fand, er gehörte dazu.
    Am Strand hatten sich dicht an dicht Obdachlose niedergelassen, sodass wir nicht mal genug Platz hatten, um unsere Handtücher auszubreiten. Im Gänsemarsch gingen wir von einem freien Fleckchen Sand zum nächsten, bis wir ans Meer kamen. Ange hatte eine Flasche Selbstgebrannten dabei, die wir von Hand zu Hand gehen ließen, während wir lachend und spritzend in die Brandung rannten.
    Deirdre und ich schwammen ein paar Hundert Meter hinaus und alberten herum. Fern am Strand rauschte die Brandung. Über uns schrien Möwen.
    » Ich denke immer, gleich müsste ein Badewärter pfeifen und uns zurückwinken, weil wir zu weit draußen sind.«
    Doch Deirdre lachte bloß. Sie zog ihr T-Shirt aus und drückte sich an mich. Eine große Welle hob uns hoch und ließ uns wieder sinken.
    » Total geil«, sagte sie. Sie schaute zum Strand zurück. » Komm, wir holen uns noch was von Anges Wässerchen, bevor die Flasche leer ist.«
    Ange saß am Strand. Sie unterhielt sich gerade mit Jeannie und achtete gar nicht auf mich, aber ich hatte trotzdem ein schlechtes Gewissen, weil ich vor ihrer Nase mit Deirdre herumschäkerte. Immerhin hatten wir in den vergangenen Jahren ab und zu miteinander geschlafen. Es war ein komisches Gefühl.
    Wir ließen uns von den Wellen an den Strand tragen. Im letzten Moment zog Deirdre ihr T-Shirt wieder an, was aber nicht viel half, denn es war klatschnass. Sie machte auch keine Anstalten, es von ihrem Körper loszuzupfen, damit man nicht alles sehen konnte.
    Ich holte mir Anges Flasche von Cortez und trank einen großen Schluck, dann machte ich mit Colin einen Strandspaziergang.
    » Du hast sie also wirklich gern, was?«, fragte er.
    » Ich weiß nicht«, erwiderte ich. » Sie ist nicht gerade pflegeleicht, aber es wird nie langweilig.« Ich dachte an Deirdres Sammlung von Notruf-Aufnahmen und spürte wieder etwas wie Gewissensbisse. Seit jenem Abend machten sie sich immer wieder bemerkbar. » Warum?«
    » Ich frage bloß«, sagte Colin.
    » Das klingt aber nicht, als wär’s bloß eine

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