Wie die Welt endet: Roman (German Edition)
» Hast du dir den Stand richtig angeguckt, als wir vorhin vorbeigegangen sind? Da kann man sich gar nicht hinsetzen– man steht an den Tischen und futtert Fritten aus der Mikrowelle.«
» Trotzdem, theoretisch ist es ein Restaurant. Wir sind auf dem aufsteigenden Ast.«
Ange legte mir einen Arm um den Hals und hob die Flasche. » Auf die aufsteigenden Äste.« Sie trank einen Schluck und reichte mir dann den Schnaps. Sie war schon total blau. Wie schön für sie.
Plötzlich stand Cortez dicht hinter uns. » Haltet die Augen auf«, sagte er leise. » Ich glaube, ein paar Typen sind uns vom Strand hierher gefolgt.«
Ich schaute über Cortez’ Schulter. Zwei verwahrloste Kerle hingen vor den Toiletten herum, schienen uns aber nicht zu beachten.
Hinter uns fingen Hunde an zu raufen. Wir hörten wütendes Bellen und Knurren und dazwischen angstvolles Jaulen. Sofort liefen wir hin.
Drei Tiere aus dem Taxirudel bissen einen viel kleineren Hund, einen Welpen. Der Taxibesitzer bemühte sich, sie am Geschirr zurückzuzerren, doch nun fielen seine beiden anderen Hunde über den Kleinen her. Ange stürzte sich mitten ins Getümmel und schrie die Hunde an, sie sollten aufhören. Sie packte einen großen Pitbull Terrier an beiden Ohren, aber als er herumfuhr und nach ihr schnappte, ließ sie ihn blitzschnell wieder los. Ich packte eine der Leinen und zerrte eine zottelige schwarze Promenadenmischung aus dem rangelnden Haufen. Cortez und Jeannie kamen dazu, und gleich darauf hatten wir den kleinen Hund befreit.
Ange hob ihn sanft hoch und wiegte ihn in den Armen. » Du armes kleines Kerlchen. Alles in Ordnung?« Der Welpe winselte herzerweichend, sah aber, abgesehen von ein paar Bissspuren an den Ohren, ziemlich unverletzt aus.
» Ich hab versucht, sie zu beruhigen«, verteidigte der Taxifahrer sich. » Aber ich hatte sie gerade gefüttert, und da kam der Kleine und wollte an ihr Fressen.«
» Der ist ja halb verhungert.« Ange betrachtete das schwarze Hündchen genauer. Dann nahm sie eine Vorderpfote in die Hand und schüttelte sie. » Willst du ein paar Fritten? Ja?« Der Welpe leckte ihr die Hand.
Es dämmerte schon. Wir fragten den Taxibesitzer, ob er noch ein bisschen länger bleiben könnte, und für weitere fünf Dollar willigte er ein. Das war fair.
Wir gingen zur nächsten Straße, wo sich der Burger-Imbiss befand.
Immer wieder musste ich an meine zufällige Begegnung mit Phoebe denken. Wäre meine Beziehung zu Deirdre nicht gewesen, dann hätte ich sie um ihre Telefonnummer gebeten. Ich hatte den Abend mit ihr damals sehr genossen. Plötzlich bedauerte ich, dass ich mit Deirdre zusammen war, doch gleich darauf überfielen mich Selbstzweifel. Noch vor sechs Wochen war eine Beziehung zu Deirdre doch mein größter Wunsch gewesen. Ich kam mir kindisch vor, weil ich so wankelmütig war. Hatte ich nicht verdammtes Glück, dass ich mit Deirdre zusammen war? Wie viele Männer hätten ihre Seele verkauft, um an meiner Stelle zu sein!
Trotzdem wurde ich dieses nagende Gefühl nicht los.
» Passt auf. Bleibt dicht zusammen.« Cortez war hinter uns getreten.
Als ich mich umschaute, entdeckte ich die beiden Männer, die vorhin vor der Toilette gestanden hatten. Sie kamen auf uns zu, lachten dabei und blödelten herum. Einer hatte Bekanntschaft mit dem fleischfressenden Virus gemacht– eine Seite seines Gesichts fehlte fast ganz.
» Habt ihr mal Feuer?«, fragte er, als sie vor uns standen. Er hatte sich ein rotes Rebellentuch um den Kopf geschlungen und war bestimmt nicht größer als eins fünfundsechzig.
» Sorry, aber wir rauchen alle nicht«, antwortete Cortez.
» Und wie wär’s mit ’nem Dollar, damit ich mir ein Feuerzeug kaufen kann?«
Cortez kramte in seiner Tasche und holte einen Dollar heraus. Er streckte ihn dem kleinen Mann hin.
» Und wie wär’s mit ’nem Zwanziger, damit ich auch gleich ein paar Schachteln Fluppen dazu kaufen kann?«, fragte sein Kumpel und lachte in sich hinein.
» Sorry, mehr haben wir nicht. Wir sind keine reichen Leute«, erklärte Cortez.
» Ihr habt doch mehr als einen Dollar«, knurrte der Typ mit dem roten Tuch um den Kopf. Er griff in seine Gesäßtasche und zog ein Messer heraus. » Los, leert eure Taschen aus.«
» So ein Schwachsinn«, sagte Deirdre. Ich warf ihr einen Blick zu, um sie zum Schweigen zu bringen, aber sie fluchte erst recht los, während wir anderen in unseren Taschen kramten. Jeannie hielt den Räubern ihr Bargeld hin.
Doch Cortez schob ihre
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