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Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Titel: Wie die Welt endet: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will McIntosh
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gab keine Antwort.
    » Bitte!«, fügte Deirdre hinzu.
    » Wer ist dran?«, fragte Jeannie.
    Ich legte die Hand auf den Hörer. » Deirdre. Sie will mit.«
    » Oh Gott! Auf keinen Fall«, sagte Jeannie.
    » Was kann sie mitbringen?« Es war ein Schock, dass Colin diese Frage so unverblümt stellte. Wenn du ein Fässchen mitbringst, laden wir dich zu unserer Party ein. Aber in dieser Situation sah er anscheinend keine andere Möglichkeit, als ganz pragmatisch zu sein. Ich habe schon von vielen Leuten gehört, dass Kinder einen verändern.
    Wir überquerten gerade die Thirtieth Street. Auf der anderen Straßenseite lag ein Toter auf dem Gehweg. Er blutete aus zahlreichen Schusswunden.
    » Was kannst du mitbringen, wenn wir dich mitnehmen? Hast du Geld?«
    » Dreitausend«, sagte Deirdre. » Ne Knarre. Und jede Menge Energie.«
    Ich wandte mich Colin zu. » Geld, Pistole, Energie.« Er nickte, und Ange nickte ebenfalls. Jeannie schimpfte.
    » Sag ihr, sie soll Wasserfilter mitbringen, wenn sie welche hat«, sagte Colin.
    » Geh bis zur Thirty-Eighth Street«, sagte ich ins Handy. » Dann folge den Bahngleisen nach Osten aus der Stadt raus, bis du uns eingeholt hast. Bring Wasserfilter mit, wenn du welche hast. Wir gehen langsam, aber sieh zu, dass du den Arsch hochkriegst, denn wir müssen ganz bald wieder Tempo machen.«
    » Ich komme«, sagte Deirdre. » Arschloch«, fügte sie noch hinzu, bevor sie auflegte.
    So schnell, wie Jeannie konnte, joggten wir weiter, durch Ströme von Menschen, die in alle Richtungen flohen, vorbei an Plünderern, die durch zerschlagene Schaufensterscheiben kletterten, vorbei an Panzern, die die Habersham Street entlangrollten. Irgendwann hörten wir auf zu rennen und drückten uns an den Hauswänden entlang von einem Eingang zum nächsten, immer bemüht, nur nicht aufzufallen. Als wir durch ein Gässchen abkürzten, mussten wir über drei Leichen steigen. Vermutlich waren sie aus dem Wrack des Autos herausgezogen worden, das gegen einen Telefonmast gekracht war. Einer davon, einer alten Schwarzen, hatte man ins Auge geschossen.
    Ganz in der Nähe war eine lange Salve Gewehrfeuer zu hören.
    » Bitte nicht«, sagte Colin. Einen Block weiter, auf der Lincoln Street, exekutierten Männer mit automatischen Waffen Dutzende von Menschen, die mit den Händen hinter dem Kopf vor einem Wohnhaus knieten.
    Als wir wieder in ein Gässchen abbogen, rannten wir direkt auf vier Soldaten in Schutzanzügen und Gasmasken zu. Regierungssoldaten. Die Verstärkung war eingetroffen. Aber der Präsident war doch tot– von wem mochten sie jetzt ihre Befehle erhalten? Vom Vizepräsidenten? Oder vom Verteidigungsminister?
    » Na los.« Einer von ihnen winkte uns mit der Pistole. » Ihr werdet evakuiert.«
    » Wohin denn?«, fragte Ange.
    » Los, Tempo«, antwortete der Soldat.
    Wir wurden einen Block weiter geführt und dann auf die Bull Street gebracht, in einen Abschnitt, der mit Maschendrahtzäunen, gekrönt von silbernen Stacheldrahtspiralen, abgesperrt war. Tausende von Menschen wuselten innerhalb der Umzäunung durcheinander.
    Wir setzten uns im Schatten auf eine Bordsteinkante.
    » Ich gehe mal nach vorne und gucke, was da los ist«, erklärte Colin. » Wartet hier.«
    Ganz nah bei uns stand eine Gruppe von Menschen. » Bald sind wir in Sicherheit«, sagte jemand. Eine Mutter strich ihrem weinenden Kind über die Haare. Plötzlich reckte sie sich nach vorn und übergab sich auf den Kanaldeckel vor ihren Füßen. Die Menschen, die ihr am nächsten standen, wichen rasch zurück, sodass ein großer freier Raum um sie herum entstand. Doch die Frau bemerkte das kaum. Sie starrte zwischen den rostigen Eisenstangen des Deckels in die feuchte Dunkelheit darunter.
    Colin kam im Laufschritt zurück. » Das gefällt mir gar nicht. Sie teilen die Leute in Gruppen ein– alte Leute, jüngere Männer, jüngere Frauen und Menschen, die kein Englisch können.«
    » Wozu denn das?«, fragte ich. Doch mein Herzklopfen sagte mir, dass es etwas Schreckliches sein musste, und im tiefsten Innern wusste ich die Antwort vielleicht schon.
    » Sie können nichts Gutes mit uns vorhaben«, sagte Ange. Wir mussten hier raus.
    Möglichst lässig, um keinen Verdacht zu erregen, spazierten wir an der Umzäunung entlang und suchten nach einem Ausgang. Ein Stück weiter, im Forsyth Park, verließen drei große Sattelschlepper im Konvoi das abgesperrte Gebiet.
    » Ich glaube, da sind Menschen drin«, sagte ich. » Wahrscheinlich werden die

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