Wie du befiehlst
Sie hatte die stolze Serena mehr verletzt als irgendjemand anderer zuvor. Espen wusste das.
Eine tragische Geschichte, die ganz ähnlich begonnen hatte wie die aktuelle. Eine junge Frau, die sich auf Sex mit einem Paar einlassen wollte, sich dann mehr Serena denn Espen zuwandte und von ihr reich beschenkt wurde. Diamanten, eine Eigentumswohnung in New York, teure Restaurantbesuche, Jetsets um die ganze Welt. Serena hatte alles für Laure getan. Aber die war von einem Tag auf den anderen verschwunden. Auf Nimmerwiedersehen. Ohne ein Abschiedswort.
Espen schob seinen Bürostuhl zurück und stellte sich hinter Serena, legte ihr sanft eine Hand auf die Schulter. Er wusste, wie sehr dieses Erlebnis noch immer an ihr nagte.
»Du musst Laure vergessen. Sie ist es nicht wert, dass du dich weiter quälst. Verbanne alles, was dich an sie erinnert.«
Serena drehte sich zu ihm um, und Tränen funkelten in ihren Augen. »Du hast recht. Aber ich weià nicht, ob ich das kann.«
»Sie ist Vergangenheit«, bestärkte er sie.
Serena nickte und zupfte den Kragen seines Hemds zurecht. »Tut mir leid, dass ich dich angegriffen habe.«
Er lächelte versöhnlich. »Schon gut. Wir haben alle mal solche Tage.« Er konnte sehr gut verstehen, wie schmerzlich die Erinnerung für Serena war. Laure war für sie ein besonderer Mensch gewesen. Er wusste, dass Serena aus einer armen Familie stammte, in der sie wenig Zuneigung und Anerkennung bekommen hatte. Sie war früh von zu Hause ausgezogen, hatte ihr Glück als Model in New York versucht, aber der ersehnte Erfolg, nachdem sie sich so sehr verzehrte, war ausgeblieben.
Aufgrund ihres auÃergewöhnlichen ÃuÃeren hatte sie zwar hin und wieder einen Auftrag ergattert, aber irgendwann war sie nur noch auf der Stelle getreten, bis sie schlieÃlich zu alt geworden war, um als unbekanntes Model noch Engagements zu bekommen. Ein Umbruch hatte in ihrem Leben stattgefunden. Sie wollte nicht länger Bittstellerin sein, sondern eine Macherin. Das Know-how und die Beziehungen hatte sie schlieÃlich. Und so war aus dem ungeliebten Kind ein Erfolgsmensch geworden, der seine eigene Agentur leitete, aber immer noch mit den Dämonen aus der Vergangenheit zu kämpfen hatte, der immer von neuem die Bestätigung suchte und nur dann zufrieden war, wenn er sie irgendwo â woher auch immer â fand. Serena hatte ihre Liebschaften so oft wie ihre Unterwäsche gewechselt. Hatte Nähe und zugleich DiÂstanz gesucht, rückte man ihr zu nahe, war sie verschwunden, lieà man sie am ausgestreckten Arm fast verhungern, tat sie alles, um diesen Menschen für sich zu gewinnen.
Espen hatte mehrere Trennungen mit ihr hinter sich. Dann hatte sie von einem Tag auf den anderen plötzlich wieder vor der Tür gestanden und zu ihm zurückgewollt.
Mit Serena war es nicht langweilig. Sie war wie ein brodelnder Vulkan, der beim falschen Wort explodierte. Sie war aber auch ein Vampir, der einem die Energie entzog.
Laure war der einzige Mensch gewesen, der Serenas Temperament hatte bändigen können, der aus dem Raubtier ein Schmusekätzchen gemacht hatte. Selbst er hatte dies nicht vermocht. Und Laure hatte Serena das gegeben, was sie suchte. Liebe.
»Ich bin manchmal wirklich schrecklich.« Serena fuhr sich über die Stirn. »Am Ende vergraule ich die Kleine noch. Dabei ist sie doch wirklich süÃ.«
Ja, das war sie. Und Espen würde es nicht zulassen, dass Serena Melissa mit ihrer Art tatsächlich verjagte. Schon lange band er sich nicht mehr an Menschen. Auch an Serena nicht. Würde sie gehen, er würde es verschmerzen. Aber wenn Melissa plötzlich weg wäre, das wäre schon etwas anderes. Genauso wenig würde er es ertragen, wenn Serena Melissa tatsächlich verführte.
»Ich werde mich zurückhalten«, versprach Serena plötzlich. »Damit sie sich bei uns wohl fühlt.«
»Das ist nett von dir.«
Vorsichtig legte er seine Arme um sie, streichelte ihren ÂRücken. Er hatte sie oft in seinen Armen gehalten, aber nie hatte es sich so merkwürdig fremd angefühlt. Ja, es war fast, als wäre sie eine Unbekannte.
Melissas Bild tauchte vor seinem geistigen Auge auf. Ihr Lächeln, das strahlende Blau ihrer Augen, ihre roten Haare. Sie dominierte sein Denken, sein Fühlen. Selbst in diesem Moment.
Serena ging auf die Knie, drückte ihren Kopf in Espens
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