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Wie du Ihr

Wie du Ihr

Titel: Wie du Ihr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Beckett
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leid.« Ich hatte ganz vergessen, die anderen nach seinem Namen zu fragen. »Ich wollte dich eigentlich gestern Abend noch anrufen, aber ich wusste deine Nummer nicht.«
    »Macht nichts. Danke.«
    Und dann Stille. Abwartende Stille. Als könnte jeder Schritt, den wir jetzt taten, in die falsche Richtung führen. Lisa würde bestimmen, wie es weiterging.
    »Wo ist denn die Pizza?«, fragte sie mit einem schiefen Lächeln. »Sag mal, fängt der Film hier gerade an? Den wollte ich mir schon immer mal ansehen.«
    Das war ihre Art zu sagen »Ich will nicht reden«. Und wenn Lisa nicht reden wollte, tat sie es auch nicht. Ein klares Zeichen. Also saß ich da, endlich in der Nähe der anderen und doch meilenweit von ihnen entfernt. All die Erlebnisse aus dem Krankenhaus lasteten auf meiner Seele, während der Fernseher eine belanglose Geschichte erzählte.
    Ich sah ein paarmal zu Lisa hinüber, die zusammengerollt in der Sofaecke lag. Ich versuchte, ihren Blick zu erhaschen, aber er war starr auf den Bildschirm gerichtet, wo ihr niemand etwas anhaben konnte. Als der Film schon fast zu Ende war, fragte mich Rebecca in der letzten Werbepause: »Wie bist du denn eigentlich wieder rausgekommen?«
    »Aber das hab ich dir doch schon erzählt«, sagte Jonathan.
    »Aber ich will es richtig hören.«
    Richtig, aber in weniger als vier Minuten. Mir blieb nichts anderes übrig, als die Lügen zu wiederholen, die ich mir ausgedacht hatte: Flucht, Aal, Hütte, Essen, Bauernhof, Bus. Dann war die Werbepause zu Ende. Keine Zeit mehr für Fragen. Als der Film zu Ende war, stand Lisa auf.
    »Ich muss wieder nach Hause«, sagte sie. »Es war schön, euch zu sehen.« Sie sah mich an. »Marko, komm mal her. Ich bin ja so froh ...« Sie umarmte mich noch einmal.
    »Ich ruf dich an, ja?«, sagte ich.
    »Ja, gern. Komm mich doch mal besuchen. Im Moment gehe ich noch nicht zur Schule.«
    Sie lächelte, winkte den anderen kurz zu. Dann war sie weg.
    »Oh Mann, das muss echt schrecklich sein«, sagte Rebecca. »Ich wünschte, wir könnten was tun.«
    Das wünschte ich mir auch.
    Es waren also zwei lange, anstrengende Tage. Und dann war da noch vergangene Nacht und alles wurde nur noch schlimmer.
    Ich hatte schon Albträume oder besser gesagt schlechte Träume, die ich für Albträume hielt. Als ich klein war, bin ich dann manchmal zu meinen Eltern ins Bett gekrochen. Aber das in der letzten Nacht war anders. Das war kein schlechter Traum, den man vertreiben kann, indem man sich aufsetzt und das Licht anmacht. Es hört sich vielleicht dumm an, aber ich habe sogar Angst, den Traum jetzt aufzuschreiben. Als wäre er dann immer noch da, in diesem Zimmer. Wenn man bedenkt, wie viele schreckliche Dinge ich in letzter Zeit erlebt und aufgeschrieben habe, dann klingt das vielleicht erst recht seltsam. Aber Albträume sind schlimmer. Sie dringen in dich ein, ohne dass du dich dagegen wehren kannst.
    Ich träumte, ich wäre aufgewacht, hier in meinem Zimmer. Die Wände waren dunkler als meine, mit fleckigem Holz anstelle von Tapeten. Und sie waren so hoch, dass ich die Decke nicht sehen konnte. Aber es war trotzdem mein Zimmer. Wenn ich nach oben sah, hatte ich das Gefühl, als wäre ich irgendwo in die Tiefe gefallen. Es gab keine Tür, aber das fiel mir gar nicht auf, als wäre das ganz normal. Ich lag in meinem Bett und irgendetwas hatte mich geweckt.
    Ein Geräusch. Ich setzte mich auf und lauschte. Das Geräusch kam vom Fenster. Kein Klopfen, sondern ein dumpfes, unregelmäßiges Pochen. Als ich aufstand, war der Fußboden unter meinen nackten Füßen so kalt, dass ich es durch den Traum spürte und zum zweiten Mal erwachte. Trotzdem wollte ich sicherheitshalber zum Fenster gehen und nachsehen, ehe ich mich wieder hinlegte.
    Ich zog den Vorhang zurück. Draußen war es ungewohnt finster. Viel zu dunkel für eine Stadt bei Nacht. Hinter der Scheibe bildete sich eine Luftblase und stieg langsam nach oben. Wasser. Es war Wasser. Ich blickte der Blase nach und sah den Arzt im Wasser treiben. Er trieb reglos im Wasser, aber er lebte. Er sah mit starrem Blick sehnsuchtsvoll in mein Zimmer. Er schien mich weder wahrzunehmen noch zu erkennen. Er hing einfach nur da, und als ihn die Strömung erfasste, wurde sein aufgeschwemmtes Gesicht gegen die Glasscheibe gedrückt. Als wäre es aus Gummi.
    Ich wollte weglaufen, aber es gab keinen Ausweg. Ich versuchte, die Vorhänge wieder zuzuziehen, aber die Vorhänge waren nicht mehr da. Ich stand wie gelähmt da und

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