Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie Du Mir

Wie Du Mir

Titel: Wie Du Mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Dunne
Vom Netzwerk:
Haarsträhnen glatt und beobachtete, wie sie sich wieder wellte. Im gedämpften Licht des Lampenschirms glänzte sie in dunklem Bronze. „Es gibt nichts Schöneres, als an nichts zu denken.“
    Sie stieß den Rauch amüsiert schnaubend aus.
    „Nicht mal eine Sauftour mit deinen Kumpels?“
    „Die Jungs müssen es alleine durchziehen.“ Er reckte den Kopf nach dem Radiowecker am Nachttisch. Bald sechs. In einer Stunde trafen sie sich. Liam hatte kaum etwas zu seiner Ausrede gesagt, aber trotzdem sauer gewirkt. Dabei hatte Dally sich an die Regeln gehalten und Bescheid gegeben, genau wie gewünscht. Liam sollte sich lieber für Rory freuen. Der war schließlich der Mann mit den Ambitionen, und jetzt stand Dally ihm nicht mehr im Weg.
    Die Erleichterung nach seinem Anruf aus einer Telefonzelle in der Stadt war inzwischen zu etwas Stärkerem, Euphorischerem geworden. Dallas Ferguson hatte eine richtige Entscheidung getroffen. Hatte sein Schicksal zur Abwechslung mal in der Hand, und im Augenblick sah es so aus, als wollte es für immer da bleiben. Genau wie Sandra. Fast hätte er laut gelacht, einfach so.
    Stattdessen rauchten sie abwechselnd und verfolgten die hektischen Schnitte der Musikvideos.
    „Ich war kindisch letzte Woche“, sagte Sandra, den Blick auf MTV fixiert. „Aber ich war so wütend, weil ich das Gefühl hatte, dass ich ständig mein Leben vor dir ausbreite und du gar nichts sagst …“ Sie verlor den Faden, zog an ihrer Zigarette. „Aber ich hab meine Lektion gelernt. Der Typ von der Tankstelle hat mir die Kleider vom Leib gestarrt. Ich dachte schon, er hätte gar kein Taxi gerufen, sondern seine Freunde.“
    „Tut mir leid, das zu hören.“
    Sandra hustete empört Rauch.
    „Du grinst auch noch? Du hast vielleicht Nerven. Das Kraut da ist das Mindeste, was du zur Wiedergutmachung tun kannst.“ Sie machte eine wegwerfende Handbewegung in Richtung des Ohrensessels in der Ecke. Begraben von Dallys Jeans, lugten zwei von der eigenen Schwerkraft gezeichnete Rosenköpfe hervor.
    Das Kraut da hatte ihn den Wochenlohn für seine Dienste im Namen der republikanischen Bewegung gekostet. Aber wozu mit diesem nutzlosen Hinweis den Augenblick zerstören?
    „Weißt du, was ich dich fragen wollte?“ Sie rollte sich auf den Bauch und sah ihn an, ihre Pfirsichbrust an seine haarige gepresst.
    „Warum ’n Weichei wie der mit ’nem Model am Strand rummachen darf?“
    Sie sah über ihre Schulter und kicherte.
    „Halt die Klappe, ich find Chris Isaak klasse! Genialer Song.“
    „Geniales Video, wenn er nicht mit dabei wär. Sieh mal“, er zog die Stirn in Falten, „wie er leidet unter seinem Leben.“
    „Lenk nicht ab. Ich hab noch ein paar Fragen gut bei dir.“
    Im Augenblick fühlte er sich fähig, ihr alles zu erzählen, sogar das, was sie garantiert nicht wissen wollte.
    „Ich höre.“
    „Warum heißt du Dallas, Dally?“
    Er musste lachen. Wirklich alles an diesem Tag verlief anders als erwartet.
    „Meine Mutter war ’n riesiger Fan von John F. Kennedy, hat alles von ihm gesammelt. In der Nacht, in der sie mich gekriegt hat, haben sie ihn erschossen. Die Leute im Krankenhaus haben’s ihr zwischen den Wehen gesagt. Ich war ’n langsames Baby, vielleicht wollten sie, dass sie fester presst. Hat gewirkt – ’ne halbe Stunde später war ich da. Eigentlich waren ‚Seán Patrick‘ oder ‚Bridget‘ für mich vorgesehen, aber sie wollte JFK mit mir ein Denkmal setzen. Mein Dad hat’s erst vom Band an meinem Arm erfahren und tagelang nicht mit Ma geredet.“
    Sie kicherten wieder gemeinsam. Sandras lange Haare strichen über seine Schulter und verursachten ihm Schauer. Schwer zu sagen, ob er das angenehm fand oder nicht. Durch das geschlossene Fenster drang sporadisch das Knallen von Halloween-Feuerwerk.
    Er betrachtete ihr Gesicht. Ihre Augen waren groß und blau und erwartungsvoll.
    „Ich liebe dich.“
    Sandra sah ihn mit einer Mischung aus Zufriedenheit und Langeweile an, als lese sie in einem Buch, das sie in- und auswendig kannte, streichelte ihn an der Grenze zwischen Kinn und Wange. Plötzlich glänzten ihre Augen übermütig, und sie kletterte weiter auf ihn.
    „Na dann lieb mich, wenn du noch kannst“, sagte sie. Ihre seltsam raue Katzenzunge berührte flüchtig seine Operationsnarbe und arbeitete sich langsam nach unten, zu seinem Nabel und noch weiter.
     
    ***
     
    Superintendent Freemans Büro glich einem Hindernisparcours. Jeder Stuhl, jeder Aktenschrank, jede Lampe schien

Weitere Kostenlose Bücher