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Wie Du Mir

Wie Du Mir

Titel: Wie Du Mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Dunne
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zu lassen, und kehrte an die Tür zurück, gerade als der zittrig nach der Polizei verlangte. Den Hörer hatte er zwischen Kinn und linke Schulter geklemmt, lehnte sich zusätzlich gegen die Wand.
    „Nummer?“ fragte er perplex. „Weiß ich nicht, können Sie die nicht sehen?“
    Draußen quietschte die Tür des Nebenhauses. Schritte knirschten auf dem Parkplatz. War das Rooney? Unmöglich, er hatte ihn eben erst weggeschickt.
    „Mir egal, wenn das länger dauert“, flehte Seán, den Tränen nahe. „Verbinden Sie mich zuerst, mein Bruder und ich, wir sind – danke.“
    Das reichte nicht. Sie brauchten mehr Zeit. Liam wechselte ins Wohnzimmer, kniete sich auf die Couch und schob den Schlitz im Vorhang auseinander.
    Flynn stand an das Heck von JRs Volvo gelehnt, bohrte in seiner Zigarettenpackung, steckte sich eine an und machte dann kreisende Bewegungen mit dem Kopf. Was, wenn er reinkam? Liam konnte nicht alles auf einmal im Auge behalten.
    Draußen murmelte Seán seinen Namen, dann den von Dally.
    Liams Knie zitterten, als er seinen Platz an der Tür wieder einnahm. Immer noch ruhiger als die von Seán.
    „Ich weiß keine Adresse“, beteuerte der. „Ich konnte nichts sehen. Wir sind ’ne halbe Stunde gefahren, irgendwo beim Flughafen. Man hört Flugzeuge.“
    „Seven Mile Straight“, zischte Liam ihm zu. „Gleich hinter der Kreuzung nach Ballyrobin.“
    Entfernt rauschte die Spülung, dann drehte sich ein Schlüssel im Schloss. Seán stockte und beobachtete Liams Hand, die an seinem Hals sägte, rührte sich aber nicht.
    Leg-ver-dammt-noch-mal-auf.
    Umständlich griff Seán nach dem Hörer. Der widersetzte sich, rutschte, fiel. Seán vergaß sein aufgeschürftes Knie und rammte es in die grobkörnige Wand. Daran blieb zumindest das Kabel hängen, und der Hörer baumelte hin und her, kratzte am Verputz, bis Liam bei ihm war und auflegte, die Leitung unterbrach. Mit schmerzverzerrtem Gesicht senkte Seán sein Knie. Es hatte wieder zu bluten begonnen, doch die Erste Hilfe musste warten. Liam packte ihn am Arm und stieß ihn vor sich her zum Wohnzimmer.
    „Was iss’n mit ihm los?“ McCarthy stand im Eingang zwischen Küche und Wohnzimmer, schloss seinen Gürtel und zeigte mit dem Kinn auf Seán. „Macht er Theater? Hör schon die ganze Zeit was poltern.“
    Seáns Arm verspannte sich in seinem Griff.
    Sag was.
    „Er muss mal dringend“, erklärte Liam.
    „Da draußen im Flur?“ McCarthy runzelte die Stirn. Sein Blick streifte Seáns Knie, angezogen vom in frischem Glanz erstrahlenden Rot.
    Was Intelligentes, verdammt noch mal.
    „Wir wussten nicht, wie lange du brauchst, da wollten wir nach oben.“
    „Aha.“ Überzeugt klang anders.
    „Na was – können wir?“ Wo der Verstand versagte, mussten eben Drohgebärden her. „Ich hab noch anderes zu tun, als hier Kindermädchen zu spielen. Brian braucht mich drüben. Ich schick dir Rooney. Aber halt ihn im Zaum, sonst kriegste es mit mir zu tun, klar?“
    „Sicher, sicher“, hob McCarthy beschwichtigend die Hände, packte dann Seán beim Arm wie ein ungezogenes Kind.
    „Bis später.“
    Seán erwiderte nichts. Sah Liam an, als hätte er ihn gerade seinem Henker übergeben. Dabei hatte er zum ersten Mal eine reelle Chance, zu überleben.
    McCarthy erwiderte den Gruß mit der Hand, zog ihn dann mit sich ins Wohnzimmer. Liam hörte ihn den Fernseher lauter stellen, während er auf Seáns Rückkehr von der Toilette wartete. Alle warteten sie. Seán auf Hilfe. Dally auf den Tod. Hanlon auf seinen Stellvertreter.
    Und worauf wartete er? Er ging zur Vordertür, einem massiven, schwarz lackierten Klotz, glücklicherweise unversperrt. Trat nach draußen, wo schon der Nachtfrost in der Luft lag. Ließ die Tür hinter sich zufallen und rannte.
     
    ***
     
    Sandra Baldauf war eine angenehme Abwechslung im Vernehmungsalltag. Schon in der Registrierung hatten sich die Kollegen künstlich Zeit gelassen, Sandra durchzuschleusen, bis endlich alle einen mehr oder weniger diskreten Blick auf die Ami-Schnitte hatten werfen können.
    „Zug krieg ich heut keinen mehr, das steht fest“, sagte sie jetzt, den Kopf in beide Hände gestützt und ihr Gesicht über dem Becher mit Kaffee wie über einem Inhalationsbad. Ein paar ihrer mahagoniroten Haare tanzten im Dampf. Ungeschminkt, im grob gestrickten Pullover und mit luftgetrockneter Mähne hatte sie den zwiespältigen Reiz eines aufmüpfigen Teenagers.
    „Machen Sie sich darüber mal keine Sorgen.“ Will rückte

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