Wie ein Blütenblatt im Sturm
Dienstboten buchstäblich von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Da Maggie bereits halb durch die Tür hindurch war, prallte sie voll mit Varennes Männern zusammen.
Der Zusammenstoß drückte ihr die Luft aus den Lungen, doch Rex, der sich bisher mit erstaunlicher Passivität hatte herumschleppen lassen, hatte noch mehr darunter zu leiden. Der Kater schoß senkrecht in die Luft und stieß den haarsträubenden Schrei von katzenhafter Wut aus.
Dann landete er auf dem Kopf des Dieners, mit dem Maggie zusammengeprallt war. Seine scharfen Krallen zerfetzten und zerschlitzten die Haut des Mannes. Als der Mann mit blutüberströmtem Gesicht schreiend zusam-menbrach, stieß Rex sich ab und sprang zu Boden. In einem Sekundenbruchteil war die schwarze Katze in dem Gang hinter dem Diener verschwunden.
Rafe zerrte Maggie zurück und knallte die Tür vor den demoralisierten Männern zu. Wahrend sie den Flur wieder zurückliefen, fauchte er ihr zu: »Du wirst nicht hinter der verfluchten Katze herlaufen.«
Maggie war zu sehr außer Atem, um etwas anderes als ein bissiges »Ja, Euer Hoheit« zu erwidern.
»Erstaunlich«, bemerkte Rafe, als sie in eine andere Abzweigung rannten. »Das ist das erste Mal, daß von Ihnen kein Widerspruch kommt, Gräfin.«
»Dann genieß es«, gab sie knapp zurück. »Es war nämlich auch das letzte Mal!«
Mit dem gutmütigen Spott war es vorbei, als sie die Kreuzung zweier Gänge erreichten. Wieder tauchten zwei bewaffnete Männer vor ihnen auf, die offenbar durch den Schuß kurz zuvor alarmiert worden waren. Maggie warf einen Blick über die Schulter und entdeckte, daß die zwei katzengeschädigten Männer sich ebenfalls erholt hatten und hinter ihnen herkamen.
»Nach rechts!« befahl Rafe. »Und nehmt die hier.« Er drückte ihnen eine Flinte und das Pulversäckchen in die Hände. Während sie und Robin den rechten Flur entlang-stoben, hob Rafe die Flinte. Er feuerte einen Lauf nach vorne, wirbelte dann herum und schoß den zweiten Lauf nach hinten leer. Er zielte nicht erst lange, sondern verließ sich darauf, daß die Schüsse seine Angreifer entmutigen würden. Dann ließ er die Waffe sinken und rannte hinter seinen Gefährten her.
Als Maggie sah, daß Robin kurz vor dem Zusammenbruch stand, stoppte sie an einer Tür. Sie war verschlossen. Mit einem stummen Gebet suchte sie nach dem Schlüssel, den sie mitgenommen hatte, als sie Northwood eingeschlossen hatte. Zu ihrer unglaublichen Erleichterung paßte der Schlüssel, und die Tür öffnete sich, um ei-ne Treppe nach oben freizugeben.
Als Rafe wieder zu ihnen stieß, sagte sie: »Gott sei Dank, daß die Schlösser in diesem Gebäude so alt und in so einem schlechten Zustand sind. Wahrscheinlich paßt ein Schlüssel für alle. Kommt weiter!«
Doch statt ihr zu folgen, ließ sich Robin gegen die Wand sinken. Sein Gesicht war weiß wie ein Laken. »Ich kann nicht… mithalten. Ihr schafft es nie, wenn ihr auf mich Rücksicht nehmt«, keuchte er. »Laßt mich mit einer gela-denen Flinte zurück, vielleicht kann ich euch ein bißchen mehr Zeit verschaffen.«
Bevor Maggie etwas sagen konnte, mischte sich Rafe ein. »Seien Sie kein Idiot«, fauchte er. Er schlang seinen Arm um Robins Taille und zog ihn zur Treppe.
Maggie schloß die Tür wieder ab und folgte dann den Männern hinauf. Mit etwas Glück ahnten ihre Verfolger nicht, daß ihre Beute diese Treppe gefunden hatte.
Sie schienen mindestens zwei Stockwerke hinaufgestie-gen zu sein, bevor sie wieder an eine Tür kamen. Dahinter befand sich ein Flur, der breiter und besser erhalten war, als die anderen. Das bedeutete, sie hatten den Teil des Schlosses erreicht, in dem der Hausherr lebte. Nach dem Tumult unten war es hier oben unheimlich still.
Rafe setzte Robin an einer Wand ab, wo er sich anleh-nen konnte, und lud dann die Flinten nach. »Nach dem Einfallswinkel des Lichts zu schließen, liegt der Fluß links, also müssen wir nach rechts, um aus diesem verdammten Schloß zu kommen.«
Maggie sah Robin sorgenvoll an. »Kannst du noch ein bißchen länger durchhalten?«
Robin war kalkweiß, und Schweißperlen bedeckten seine Stirn, aber er mühte sich wieder auf die Füße. »Jetzt, wo ich wieder ein bißchen zu Atem gekommen bin, geht es ganz gut. Mach dir keine Sorgen. Ich bin schon in schlech-terem Zustand hundert Meilen geritten.«
»Lügner.« Zärtlich strich sie ihm eine schweißverklebte Strähne aus der Stirn. »Zum Glück haben wir keine hundert Meilen vor uns.«
Beim
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