Wie ein dunkler Fluch
dem Flur warteten. Grace wollte ihm etwas sagen, aber er ging einfach weiter. Als er auf das Treppenhaus zusteuerte, versuchte sie gar nicht erst, ihm zu folgen. Er musste ein paar Minuten allein sein, außerhalb der »Gefängnismauern« dieses Gebäudes.
Unten im Foyer angekommen, hatte er die Zigarette im Mundwinkel und war im Begriff, das Gebäude zu verlassen und sie sich anzustecken.
»Ich glaube nicht, dass Sie da rausgehen sollten, Sir«, rief ihm der Security-Mitarbeiter zu.
Und damit hatte er Recht.
Draußen standen nämlich immer noch die Medienheinis herum. McBride hatte die Haufen von Reportern vergessen, die Übertragungswagen mit ihren Satellitenschüsseln, die Kameras. Alle bereit, ein Foto zu schießen oder ein paar Sätze für ihre Sender einzufangen.
Nein, da konnte er definitiv nicht rausgehen.
Er drehte sich zu dem Sicherheitsbeamten um. »Gibt es auf diesem Stockwerk eine Herrentoilette?«
Der Mann nickte, zeigte zu einem Seitenflur in der Nähe der Treppe. »Aber dort dürfen Sie auch nicht rauchen.« Er verzog das Gesicht, als gefiele ihm diese Vorschrift selbst nicht. »Die Rauchmelder sind zu empfindlich.«
McBride murmelte ein Danke und ging los, die Herrentoilette zu suchen. Er drückte die Tür auf, ließ sie hinter sich zufallen und sank dagegen. Strich über das Feuerzeug in der Hosentasche; jede Zelle seines Körpers gierte nach Nikotin.
Was sollte er nur tun?
Schweiß trat ihm auf die Stirn, und augenblicklich, innerhalb einer Zehntelsekunde, reagierte sein Körper auf die chemischen Auslöserstoffe. Das Herz pochte. Die Brust fühlte sich enger an. Er schob sich von der Tür weg, warf die nutzlose Zigarette in den Abfalleimer und begann auf und ab zu gehen.
Wieso hatte er auch nur eine verdammte Minute lang geglaubt, dieses Spielchen spielen zu können? Seine Hände zitterten, was die Frage beantwortete.
Er hatte seit drei Jahren keine Waffe mehr abgefeuert. In diesem Zeitraum war kein Menschenleben von seiner Arbeit abhängig gewesen. Alyssa Byrne und Katherine Jones zählten dabei nicht. Jones zu finden war etwas schwieriger gewesen, aber in Wirklichkeit hatten Grace und die anderen ihn für die Sache gar nicht gebraucht. Er hatte zwar E-Mails mit diesem Psycho von Fan ausgetauscht, aber ihm war schon klar, dass er bei der ganzen Geschichte nur das fünfte Rad am Wagen war.
Verflucht, die meiste Zeit hatte er im Kopf Doktorspiele mit Grace gespielt.
Das nächste Opfer stellte ihn eventuell vor eine echte Herausforderung. Vergleichbar jenen, denen er sich früher täglich gestellt hatte.
Er blieb stehen und betrachtete sich im Spiegel.
Wem wollte er eigentlich etwas vormachen?
Er war ein Trinker. Ein Nichts. Eine ehemalige Größe.
Seine erste Reaktion, als Grace vor seiner Tür gestanden hatte, war richtig gewesen. Schon da hatte er gewusst, dass es kein Zurück mehr gab. Zwei kinderleichte Befreiungen machten noch keinen Helden aus ihm.
Den Helden gab es nicht mehr. Wie oft hatte er sich das in den letzten drei Jahren eigentlich gesagt?
Er legte die Hände flach auf die Waschkonsole, beugte sich näher zum Spiegel und betrachtete das Gesicht eingehender, das ihm entgegenstarrte.
»Du kannst das nicht.«
Aber er wollte es.
Verdammt nochmal.
Er wollte es.
Das war das wirklich Blöde daran. Er wollte wieder dieser Held sein – nur eine Zeit lang. Nur für Grace.
Er wollte sie nicht enttäuschen.
»Du bist ein Idiot, McBride. Ein absoluter Idiot.«
Nachdem er sich etwas kaltes Wasser ins Gesicht gespritzt hatte, schnappte er sich ein Papierhandtuch und trocknete sich ab. Es dauerte eine Weile, bis er sich auf seinen Atem konzentrieren konnte. Langsame, tiefe Atemzüge, die er aus der Mitte der Brust herausdrückte und dann mit angespanntem Bauch ausatmete – eine Entspannungstechnik, die mitunter funktionierte.
Es stimmte. Inzwischen war er ein Trinker. Rauchte eine Packung am Tag. Benutzte Sex als Ablenkung und nicht, um echte körperliche Nähe herzustellen. Sein Leben war eine Katastrophe, und die Leichen lagen überall herum.
Aber er dachte trotzdem nicht daran, davonzulaufen und zuzulassen, dass irgend ein Drecksack in seinem Namen Zerstörungen anrichtete. Zum Teufel, nein. Er würde dieses Schwein fassen. Und dann konnte er ja wieder der Feigling sein, dem es egal war, ob er lebte oder starb.
Klang ganz vernünftig.
Wenn er die Sache vermasselte und jemand starb,
würde Worth ihn vielleicht erschießen und ihn von seinem Leid
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