Wie ein dunkler Fluch
geschäftsmäßig. »Weil in Ihrer Wohnung eine Straftat begangen wurde, mussten wir nicht Ihre Einwilligung einholen, uns dort umzuschauen.«
Was sollte es. Er hatte nichts zu verbergen. »Kommen Sie zur Sache, Worth.« Er sah ebenfalls keinen Grund, um den heißen Brei herumzureden. Die Entschuldigung sollte die Bühne eröffnen, vielleicht ein paar Punkte machen, ehe man aufs wahre Ziel zusteuerte. »Warum bin ich immer noch hier?«
Worth blickte kurz auf den Tisch, dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf McBride. »Direktor Stone hat darum gebeten, außerdem richtet er Ihnen seine aufrichtigste Entschuldigung aus. Ich bitte Sie ausdrücklich, in seinem Namen, weiter mit uns zusammenzuarbeiten, damit wir diesen Irren stoppen können.«
McBride ließ sich etwas Zeit, um das Eingeständnis wahrhaft würdigen zu können. Vor drei Jahren hatten sie ihm alles genommen, hatten ihn auf übelste Art und Weise im Regen stehen lassen. Wenn die erwarteten, dass er jetzt dankbar war, musste er sie ernstlich enttäuschen.
»Das kann Ihnen doch eigentlich nicht gefallen, oder?« McBride zuckte nachlässig die Schultern. »Wenn ich nicht Recht behalten hätte, müssten Sie nicht so darum betteln. Muss doch demütigend sein.«
»McBride«, sagte Grace warnend.
Worth hielt die Hand hoch, brachte Grace damit zum
Schweigen. »McBride und ich brauchen einen Augenblick unter vier Augen.«
Grace und die anderen standen auf und verließen nacheinander den Raum. Sie warf McBride einen letzten warnenden Blick zu, bevor sie hinausging.
Als die Tür geschlossen war, versuchte Worth tapfer, seinen professionellen Tonfall beizubehalten – aber vergebens. »Das ist eben der Unterschied zwischen uns, McBride.« Sein perfektes Bureau-Gebaren war verschwunden; Empörung war an seine Stelle getreten. »Ich glaube keine Sekunde, dass ich alles weiß oder dass ich immer Recht habe. Ich bin mir völlig im Klaren darüber, dass ich auch nur ein Mensch bin und dass Fehler unvermeidlich sind.
Anders als Sie«, fuhr er verächtlich fort, »bin ich aber nicht so vermessen anzunehmen, dass niemand sonst den Job so gut erledigen kann wie ich. Ist nicht genau das vor drei Jahren geschehen? Sie haben sich damals doch für den einzigen Agenten in dem Team gehalten, der die Sache hinbekommen kann. Sie haben Tag und Nacht gearbeitet, wie ich gehört habe. Haben kaum geschlafen, sind nicht mal nach Hause gegangen. In Ihrem Arbeitszeugnis steht, dass Sie versucht haben, alle Fälle im Alleingang zu lösen. Dass Sie es so all die Jahre hindurch gehalten haben. Ein echter Teamplayer.«
Worth schüttelte den Kopf, offen mitleidig. »Mal sehen, ob ich mich noch richtig erinnere. Die Formulierung war« – er machte eine unbestimmte Geste – »eine perfekte Definition Ihres Charakters. ›Agent McBride hat wiederholt seine Kompetenzen überschritten. Er respektierte weder die Autorität der Vorgesetzten noch die Vorschriften. Der Absturz war unvermeidlich.‹«
Da hatte er’s. Die ganze Ryan-McBride-Geschichte auf den Punkt gebracht. Der Absturz . Zehn Jahre beim FBI, und das war die Zusammenfassung. Ja, er hatte manche Kompetenzen überschritten. Zum Teufel, ja, er hatte wenig Respekt vor den Vorgesetzten gezeigt und Dinge auf seine Art geregelt. Aber, bei Gott!, er hatte seine Fälle abgeschlossen.
Er behielt seinen herablassenden Blick bei. »Und dennoch – hier sind wir. Im selben Raum.«
»Glauben Sie mir«, versicherte Worth ihm, »wenn es eine andere Möglichkeit gäbe, die Sache zu erledigen, wären Sie aus meiner Stadt längst so schnell rausgeflogen, dass Ihr Riesen-Ego per Express nach Florida hätte nachgeschickt werden müssen, um Sie einzuholen.«
Dieser Charme und dieser Humor. »Führt dieses Vorspiel eigentlich zu irgendetwas, Worth? Ehrlich gesagt, ich habe nicht das Gefühl.«
Eine stille Wut, gehemmt durch eine deutliche Resignation, ließ sich in Worths Gesichtszügen erkennen. »Wir wissen nicht, wohin die ganze Sache führt.« Er zuckte mit den Schultern. »Der Treue Fan hat zwei unschuldige Opfer entführt und betäubt. Und wie’s aussieht, ist er noch nicht fertig. Nicht mal eingerechnet, dass das Ganze indirekt zwei Menschenleben gekostet hat. Wir müssen diesen Hundesohn finden, bevor die ganze Geschichte weitere unerwartete Wendungen nimmt.«
Worth atmete tief aus. »Übrigens, wir haben eine weitere E-Mail bekommen.«
Was zum Teufel? Da erzählte der Typ erst diesen Scheiß, bevor er das zur Sprache brachte?
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