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Wie ein einziger Tag

Wie ein einziger Tag

Titel: Wie ein einziger Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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kann ich hören, wie sie von ihren Familien, von ihren Berufen, von Spaziergängen im Park reden. Gewöhnliche Gespräche, nichts weiter. Aber ich beneide sie um ihre Unbeschwertheit. Noch eine Todsünde, ich weiß, aber manchmal bin ich machtlos dagegen.
    Auch Dr. Bamwell ist da, er spricht mit einer der Schwestern, und ich frage mich, wer wohl so krank ist, daß er zu dieser späten Stunde noch einen Arzt braucht. Er arbeite zuviel, sage ich ihm immer wieder. Er solle sich mehr Zeit für seine Familie nehmen, sage ich, solange die Kinder noch im Haus sind. Aber er will nicht auf mich hören. Er sorge sich um seine Patienten, sagt er, und wenn sie ihn riefen, müsse er kommen. Er habe keine Wahl, sagt er, aber das ist ein Widerspruch in sich. Er will ein guter Arzt sein, der sich völlig seinen Patienten widmet, und gleichzeitig ein guter Vater, der sich um seine Familie kümmert. Beides ist nicht möglich, dazu reicht ein Tag nicht aus, das muß er erst noch begreifen. Als seine Stimme verhallt, stelle ich mir die Frage, wofür er sich entscheiden wird, oder ob die Entscheidung, was ich ihm nicht wünsche, für ihn getroffen wird Ich sitze am Fenster und überdenke den heutigen Tag. Es war ein glücklicher und ein trauriger, ein wundervoller und ein qualvoller Tag. Meine widersprüchlichen Gefühle lassen mich für Stunden schweigen. Ich habe heute abend niemandem vorgelesen, ich konnte es nicht, denn poetische Selbstbeobachtungen würden mich zu sehr aufwühlen. Inzwischen ist es auf den Korridoren still geworden, bis auf die Schritte der Nachtschwestern. Gegen elf höre ich vertraute Geräusche, die ich irgendwie erwartet habe. Schritte, die ich gut kenne.
    Dr. Bamwell schaut herein.
    »Ich hab' Licht brennen sehen. Darf ich kurz hereinkommen?«
    »Gern«, sage ich.
    Er schaut sich um, bevor er mir gegenüber Platz nimmt.
    »Ich habe gehört«, sagt er, »daß Sie einen schönen Tag mit Allie verbracht haben.« Er lächelt. Er ist irgendwie fasziniert von uns und unserer Beziehung. Ich weiß nicht, ob sein Interesse nur beruflicher Art ist.
    »So ist es.«
    Er legt den Kopf auf die Seite und schaut mich an.
    »Alles in Ordnung, Noah? Sie sehen ein wenig niedergeschlagen aus.«
    »Geht schon. Nur ein bißchen müde.«
    »Wie war Allie heute?«
    »Es ging ihr gut. Wir haben fast vier Stunden geplaudert.«
    »Vier Stunden? Das ist unglaublich, Noah.«
    Ich kann nur nicken. Er fährt kopfschüttelnd fort:
    »So etwas habe ich noch nie erlebt - oder auch nur gehört. Ich glaube, das vermag nur die Liebe. Sie beide waren füreinander bestimmt. Sie muß Sie sehr lieben. Das wissen Sie doch, oder?«
    »Ja«, sage ich leise.
    »Was bedrückt Sie denn, Noah? Hat Allie etwas gesagt oder getan, das Ihre Gefühle verletzt hat?«
    »Nein, sie war wunderbar, wirklich. Nur fühle ich mich jetzt so… allein.«
    »Allein?«
    »Ja«
    »Selbst nach allem, was heute geschehen ist?«
    »Ich bin allein«, sage ich und schaue auf die Uhr und denke an seine Familie, die jetzt in einem stillen Haus schläft, wo auch er eigentlich sein sollte. »Und Sie sind es ebenfalls.«
    Die nächsten Tage vergingen ohne besondere Vorkommnisse. Allie erkannte mich nicht ein einziges Mal, und ich muß zugeben, daß meine Aufmerksamkeit gelegentlich nachließ, während meine Gedanken meist um diesen einen Tag voller Glück kreisten. Obwohl das Ende immer zu früh kommt, war nichts an diesem Tag verloren, nur etwas gewonnen, und ich war glücklich, daß mir diese Gnade wieder einmal zuteil geworden war.
    In der ganzen folgenden Woche verlief mein Leben beinahe wieder normal. Oder wenigstens so normal, wie es für mich möglich ist. Ich las Allie vor, las den anderen vor, lief durch die Korridore. Nachts lag ich wach, morgens saß ich am Heizofen. Ich finde einen seltsamen Trost im Gleichmaß meines Lebens.
    An einem kühlen, nebligen Morgen, eine gute Woche nach unserem gemeinsam verbrachten Tag, wachte ich, wie üblich, früh auf, kramte auf meinem Schreibtisch herum, betrachtete Fotos und las in Briefen, die ich vor langer Zeit geschrieben hatte. Wenigstens versuchte ich es. Ich konnte mich nicht konzentrieren, weil ich Kopfschmerzen hatte. Also legte ich die Briefe beiseite und setzte mich ans Fenster, um den Sonnenaufgang zu beobachten. Allie würde in zwei Stunden aufwachen, und ich wollte ausgeruht sein, denn das stundenlange Lesen würde meine Kopfschmerzen verstärken.
    Ich schloß die Augen für eine Weile, während das Pochen in meinem Kopf mal

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